nach ca. vier Wochen andauernder Angst, habe ich mir jetzt mal Zeit genommen - als ob ich davon nicht genug hätte ^^ - euch mein Herz auszuschütten. Wahrscheinlich ähnelt meine Geschichte vielen anderen, bereits geposteten, allerdings ist es ja auch immer ein Stück weit Selbsttherapie, seine Sorgen niederzuschreiben.
Ich werde versuchen meine Vorgeschichte möglichst kompakt zu fassen, um das Wesentliche nicht unnötig mit Ausschmückungen zu verschleiern. Meine erste Panikattacke hatte ich vor einigen Monaten, am späten Abend während des Autofahrens. Nach einer langen, stressigen und depressiven Phase fiel damals ein großer Haufen Druck von mir ab und ich fühlte mich eigentlich rundum wohl und erleichtert. Ich weiß noch ganz genau, wie ich während der Fahrt entspannt Musik hörte und eine Zig. rauchte. Dann hatte ich irgendwann das Gefühl, dass mein Herz ein wenig unregelmäßig schlug, was allerdings nichts neues für mich war, da bei mir bereits vor einigen Jahren ungefährliche Extraschläge diagnostiziert wurden, deswegen wurde ich auch nicht panisch. Allerdings spürte ich zusätzlich ein Kribbeln an der linken Wange und dachte zunächst an einen Luftzug, bis es sich über das gesamte Gesicht ausbreitete und schließlich in die Arme wanderte. Schlagartig ging mein Puls in die Höhe, mir wurde schwindelig und ich konnte nicht mehr klar denken - das ganze bei ca. 140km/h auf der Autobahn... Ich riss mich zusammen, fuhr an der nächsten Ausfahrt raus und stellte den Wagen ab, stieg aus und musste erstmal überlegen, wie ich weiter vorgehen sollte. Naja, das Ende der Geschichte: Notarzt - Krankenhaus - Diagnose: Hyperventilation. Danach war dann erstmal für ein paar Wochen Ruhe, bis ich irgendwann wieder eine Art Anfall während des Autofahrens hatte, allerdings ohne das Kribbeln, weil ich mittlerweile sehr auf meine Atmung achtete. Nach weiteren Attacken ging ich zum Kardiologen und ließ mich durchchecken, alles in Ordnung, natürlich. Danach redete ich mir dann ein, dass ich irgendwas an der Niere hätte, dann war es mal der Darm und später das Gehirn... zwischendurch dachte ich auch mal, dass es DOCH das Herz wäre und ließ mich erneut diesbezüglich untersuchen - ich denke, dieses Misstrauen, was eine Diagnose angeht, kennen hier auch einige.
Jedenfalls fraß ich all diese Ängste vor Krankheiten und letztendlich vor dem Sterben in mich hinein, mir war es irgendwie zu peinlich mit Freunden oder Eltern darüber zu reden. Als ich dann irgendwo las, dass eine Herzmuskelentzündung schwer erkannt werden kann und u.U. zum plötzlichen Herztod führend kann, dachte ich ca. eine Woche lang, ich würde jede Sekunde sterben. In dieser Zeit traten dann auch erstmals Panikattacken ohne diese typischen körperlichen Symptome, wie Herzrasen etc. auf, sondern fast ausschließlich mit psychischen Ängsten wie emotionale Taubheit, Depersonalisation und allgemeine Angst vorm Verrücktwerden. Am Ende der besagten Woche war ich schließlich psychisch im A****. Ich wachte eines Tages auf, hatte dieses andauernde Gefühl, neben mir zu stehen, meine Gedanken kreisten um teilweise absurde Dinge und steigerten sich immer mehr, bis ich dachte, ich verliere jeden Moment den Verstand. Schließlich offenbarte ich mich abends meiner Mutter und beruhigte mich zum ersten Mal nach langer Zeit wieder, sah einen lustigen Film und konnte dieses Gefühl genießen, vollkommen erledigt einzuschlafen. Ich dachte schon, ich hätte alles überstanden, allerdings hatte ich ein paar Nächte später einen ordentlichen Rückfall und fühlte mich danach wie in einer Parallelwelt. Zum Glück bekam ich direkt am nächsten Tag einen Termin bei einem Arzt für Neurologie und Psychatrie, der mich beruhigte und versprach, dieses Gefühl würde wieder verschwinden. Unterstützend sollte ich jeden Morgen 100mg Sulpirid einnehmen.
Heute, vier Wochen später, nehme ich immernoch täglich 100mg Sulprid, dazu seit zwei Wochen 10mg Escitalopram ein, habe mehrere Arztbesuche und zwei Sitzungen bei einer Psychotherapeutin hinter mir. Dieses Depersonalisationsgefühl ist noch immer da, allerdings habe ich mich daran gewöhnt, es selbst versetzt mich also nicht mehr in Panik. Allerdings schlafe ich ganz schlecht, habe teilweise das Gefühl, gar nicht mehr zu wissen, wer ich bin, wache manchmal auf und denke ich löse mich auf. Ähnlich geht es mir beim Autofahren. Ich bin keineswegs benommen, sondern habe noch vollkommen die Kontrolle über meine Bewegungen etc., aber denke manchmal, mein Körper führt alles wie von selbst aus und ich gleite richtig weg, habe dann Angst sozusagen von einem noch halbwegs bewussten Zustand in einen gänzlich unbewussten zu rutschen, so wie ein Zombie... ist schwer zu erklären. Meine Psychotherapeutin habe ich bereits abgehakt, nicht, weil ich generell nichts davon halte, sondern weil ich mit ihrer Art der Behandlung nicht einverstanden bin. Der Arzt für Psychatrie beruhigt mich jedesmal, wenn ich ihm von meinen Ängsten erzähle und meint, ich könne froh sein, dass zumindest die Panikattacken verschwunden sind. Irgendwie versteht er nicht, dass ich diesen anhaltenden, unwirklichen und gleichzeitig beängstigenden Zustand viel schlimmer empfinde, als die anfänglichen Attacken.
Manchmal denke ich, ich habe einen guten Tag erwischt, aber irgendwann überkommen mich dann wieder die negativen Gedanken - manchmal, wenn es mir einigermaßen gut geht, denke ich auch, du machst dir was vor, eigentlich geht es dir schlecht usw. Und dann liege ich wie gelähmt auf dem Bett und will eigentlich aufstehen, irgendetwas sinnvolles machen, aber ich schaffe es nicht.
Bis vor ein paar Wochen hatte ich auch noch diese Gedankenstürme (ich weiß jetzt nicht, wie ich es anders nennen soll), bei denen ein schlimmer Gedanke den anderen ablöst und irgendwann - unterstützt durch dieses Derealisationsgefühl - solche Gedanken kommen wie wie absurd ist es eigentlich zu denken, was genau macht eigentlich meine Seele aus usw. Der Kommentar des erwähnten Arztes Toll, sie philosophieren also richtig... na danke!
Also gut, irgendwann muss ich auch mal abschließen - ich habe ja noch die Möglichkeit, später Dinge zu ergänzen, die mir noch einfallen. Jedenfalls dominiert momentan die Angst, den Verstand zu verlieren, an irgendeiner Geisteskrankheit zu leiden und letztendlich sozial zu verarmen und dauerhaft depersonalisiert zu bleiben. Also bisher keine Besserung... dabei dachte ich vor einigen Wochen noch, alles wäre in Ordnung (bis auf meine Depression, aufgrund meines Haarausfalls). Außerdem dachte ich mir, als diese heftige Phase anfing, es wäre in ein paar Tagen wieder alles so wie vorher.... wie ich mich getäuscht habe....
02.10.2009 20:24 • • 02.06.2017 x 1 #1