Pilongo
Stimmt aber doch gar nicht, du hast doch noch nie eine ausprobiert
Du weißt doch gar nicht, ob das was für dich ist oder eben nicht, ob es dir helfen kann oder nicht.
Denn ob etwas von Erfolg gekrönt ist, findet man nicht durch Nachdenken heraus, sondern nur dadurch, dass man es ausprobiert.
Ich kann deinen Frust üpber die Ablehnung verstehen, die dir widerfahren ist, aber es ist kein Grund zum Aufgeben.
Es ist leider so, dass Therapeuten und Psychiater voll sind bis obenhin mit den Terminen, da muss man am Telefon zuweilen schon übertreiben, um einen Rückruf zu bekommen.
In deiner situation würde ich klipp und klar am Telefon sagen: Guten Tag, ich bin der XY, ich bin suizidgefährdet und das einzige, was mich derzeit am Leben hält, ist meine Freundin. Wenn sie innerhalb der nächsten 4 wochen einen Termin haben, und mir auch fortlaufend bei der Behandlung helfen können, dann melden Sie sich bitte bei mir.
Ich hab damals auch 30 Therapeuten durchgerufen, und davon haben auch nur 7 zurück gerufen, und nur 2 hatten sofort einen Termin frei.
Hab an einem Tag 10 und am zweiten 20 ausprobiert.
Und hab auch etwa so geklungen am Telefon: Guten Tag, mein Name ist XY, seit mein Vater letzte Weihnachten plötzlich verstorben ist leide ich an Angstzuständen und Panikattacken, und ich benötige dringend Hilfe, weil ich in nur 2 Monaten mein Abitur schreiben soll, muss und will -und nicht denke, dass ich es in meinem derzeitigen Zustand schaffe. Wenn Sie innerhalb der nächsten 2 wochen einen Termin frei haben und kontinuierlich mit mir arbeiten können, melden Sie sich bitte. Alles Andere kann ich nicht gebrauchen.
Hart, ja, aber man muss es hart sagen und übertreiben, denn da rufen täglich dutzende von Leuten an, die verzweifelt sind, und man muss einfach mit dringlichkeit heraus stechen.
So makaber es auch sein mag: Deine Todessehnsucht katapultiert dich aber auch direkt auf Platz 1 einer jeden Anruferliste -wenn du sie denn aussprichst und beim Namen nennst.
Hast du mal die Liste der Therapeuten versucht, die hier auf der Website aufgelistet ist? Da hab ich mich nämlich durchgearbeitet.
Wieso hast du denn so große Amngst vor der Zukunft, ist das Studium das Einzige, was dich so quält? Ist es vielleicht einfach nicht das richtige für dich? Dass du intelligent bist, hast du ja mit dem Abi schon bewiesen -aber ein Studium kann man bloß durchziehen, wenn man auch Spaß und Interesse am Thema hat!
Hast du mal in Betracht gezogen, dich von diesem Monster, das dir scheinbar so viel Pein bereitet, zu befreien, und statt dessen einen anderen Weg einzuschlagen?
Hattest du diese Angst schon immer, oder kam das plötzlich?
Gab es ein auslösendes Ereignis?
Ich hab meine Angst nämlich auch zum größten Teil im Alleingang besiegt, aber ich muss dazu sagen, dass mir der Therapeut trotzdem eine große Stütze war. Vei ihm konnte ich mich mal seelisch auskotzen und alle meine Ängste und Probleme dalassen. Das hat mir damals sehr gut getan. Außerdem nahm mich jemand ernst, mir hat jemand zugehört, ich konnte zu meiner Krankheit stehen -das war der erste große Schritt, den ich gegangen bin, ab da ging es steil bergauf.
Ich denke, dort musst auch du ansetzen, so blöd es dir erscheinen mag.
Wieso ist es dir z.B. so wichtig, dass der Brief von der ambulanz deren Stempel drauf hatte und der Postbote das nun weiß?
Fürchtest du, dass du jetzt als Irrer abgestempelt wirst?
Du verheimlichst und versteckst deine Erkrankung, und machst dir dadurch selber den allergrößten Druck, glaub mir.
Steh doch einfach mal dazu. Sag: Ja, ich hab Angst vorm Studium und der Zukunft, und ich lass mich jetzt dagegen behandeln. Punkt.
Der erste große Schritt für mich war damals auch, meiner Familie zu sagen, dass ich echt Probleme hab und jetzt ne Therapie dagegen mache. Und die haben mich alle verstanden. Auch in der Schule hab ich allen Freunden gesagt, das sich zur Therapie gehe -die meisten haben es begrüßt, weil ich so auch erstmal lernen konnte, mit meiner Trauer richtig umzugehen. Und im zweiten Schritt dann auch mit meinen Ängsten.
Wieos verheimlichst du deine Krankheit vor deiner Freundin?
Hast du Angst vor ihrer Ablehnung, dass du kein vollwertiger Mann mehr bist, oder was ist der Grund?
Du schadest dir mit dieser Geheimniskrämerei mehr, als du glaubst.
Du musst lernen, zu deinem Problem zu stehen und es nicht mehr zu verheimlichen.
Denn das macht auf Dauer krank.
Nachdem ich wusste, das sich zur Therapie gehen kann, war ich frohen Mutes und sicher, dass ich die Angst besiegen würde. Beim Therapeuten hab ich nur geredet. Tipps hat er mir kaum gegeben. Die hab ich mir hier im Forum geholt. Aber am Ende muss jeder seine eigene Vorgehensweise entwickeln. Mir hat es z.B. geholfen, der Angst ein Gesicht und ein Bild zu geben, jeden Tag etwa 15 Minuten lang zu meditieren und mich bewusst zu entspannen, auch abendliche Spaziergänge mit dem Hund haben mich beruhigt. Auch tägliche 30 Minuten Sport helfen mir, mental abzuschalten und eine Art inneres gleichgewicht zu finden, und der größte Schritt war aber wirklich, die Angst als etwas Hilfreiches, Gutes zu erkennen, und zu merken, dass sie mir nichts Böses will, sondern nur helfen möchte.
Ich hatte auch mal, wie du vor der Uni Angst hast, Angst vor der Schule. Jede abneigung, jeder Test, jede Note, das sah ich als etwas, das mich verletzt und prüft und abstmepelt und bewertet. Ich ging aus lauter angst vor Versagen gar nicht mehr hin., Ich schwänzte, erst einige Tage, dann einen Tag jede woche, dann ganze wochen lang. Irgendwann hab ich kapiert, dass es so nicht weiter gehen kann.
Und hab mich hingesetzt, und meine Angst auseinander genommen.
Wovor hatte ich Angst? Vor dem Versagen.
Woher kam sie? Weil ich schon einmal wiederholen musste, krankheitsbedingt, und es mir auch in diesem Jahr gesundheitlich sehr shclecht ging.
Tja, und dann hab ich an mir gearbeitet. Hab mich in den Ferien hingesetzt und in jedem Fach, wo ich shclecht war, selbstständig den Stoff wiederholt. Das war mühsam und zermürbend und unsagbar schwer, aber ich hab mich durchgebissen. Und mit jedem kleinen Erfolgserlebnis wuchs mein Selbstbewusstsein. Glichzeitig hab ich begonnen, mich mit meiner Vergangenheit und meiner Krankheit auseinander zu setzen und sie irgendwann einfach akzeptiert. Das konnte ich lange nicht, obwohl ich seit 15 Jahren daran leide. Aber mit einem Mal hab ich kapiert, dass keiner Schuld darna hat, am wenigsten ich, und, dass ich kein zweites Mal scheitern muss, bloß, weil es mir einmal passiert ist.
Tja, und nach diesen 2 Ferienwochen voller Selbsterkenntnis und Büffelei war ich super gut in der Schule, und Versagensängste hatte ich seitdem nie mehr.
Ich hab das damals ohne Therapeut geschafft, aber ich muss sagen, dass es mir diesmal mit Therapeut leichter gefallen ist, mit meinen Ängsten aufzuräumen, als damals ohne.
Liebe Grüße,
Pilongo
23.07.2009 06:23 • #21