Lieber Donnervogel
So wie Dir geht es vielen Mitarbeitern, die von ihren VG regelrecht überfallen und, wie in Deinem Fall sogar zu zweit,
in die Zange genommen werden. Das spricht kaum für, bzw. Bände über ihre Führungskompetenz.
Nietzsche sagte einmal in Band 3 seiner Fröhlichen Wissenschaft:
Was ist dir das Menschlichste?--Jemandem Scham ersparen.
Der pauschale Vorwurf zu langsam zu sein ist ein absolut dehnbarer Begriff den ich persönlich niemals in einem MA Gespräch verwenden würde. Ganz einfach deshalb weil solch eine Kritik bereits die Person und nicht die Sache/Sachlage in den Fokus stellt. Sprich Ausgeliefert-Sein, Scham und somit lähmenden Di-Stress provoziert..... so wie Du, und jeder andere Mensch es immer wieder erlebt, wenn er kalt erwischt wird oder gar beabsichtigt erwischt werden soll.
Di-Stress setzt in uns Cortisol frei, das sowohl unser klares Denken als auch unser Immunsystem blockiert. Big C programmiert unseren Körper
und unsere Psyche auf Flucht oder Verteidigung (Fight or Flight)
Mit solch pauschalen Aussagen u./o. Vorwürfen wie zu langsam kann der MA ja nicht das Geringste anfangen, weil ihm eine klare Bezugsgrösse fehlt an dem er sich selbst wie auch die VG seine Leistung bemessen. Das einzige was dann passiert ist die Unklarheit und Konfusion, den Stresspegel des MA zu erhöhen/verstärken und ihn noch mehr zu lähmen.
Eigentlich seitens der VG vielmehr für den MA und dessen Orientierung die Fragen beantwortet werden müssten:
1. Was ist die Erwartungshaltung der Richt-/Sollwert innerhalb dessen die delegierte Aufgabe erledigt werden soll/muss?
2. Welche Ressourcen/Mittel, Verantwortung und Entscheidungsfreiheiten stehen dem MA auch hierfür zur Verfügung, um den Erwartungen gerecht, ja überhaupt gerecht werden zu können?
3. Was ist/sind die eigentlichen Topp-Priorität/en bzgl. der Aufgabe. Zeit oder Qualität? Oder beides?
Der Mensch tut gerne das Gute das Rechte, wenn man ihn nur dazu kommen lässt
J.W v. GoetheZur Schlagfertigkeit:
Man braucht schon eine enorme Stressresistenz, sprich ein gegen jeden Angriff dieser Art gefeites Selbstbewusstsein und Selbstvertrauen, um den damit getriggerten, neurophysiologischen Hormonachsen nicht zum Opfer zu fallen.
Wenn ich persönlich den Versuch wittere mich derart in solch eine Zange zu nehmen, so besteht meine Schlagfertigkeit darin erst einmal nichts zu sagen, gar genötigt zu sehen mich zu rechtfertigen. Dann lehne ich mich erst einmal zurück und denke nach was ich da eben vernehmen musste, lasse meine Gefühle, wozu durchaus auch Verwirrung und Zorn gehören können, erst mal in mir aufsteigen und mache sie mir bewusst. Dann schalte ich meinen bewussten Verstand ein und bewerte was da in meinem Kopf gerade vor sich geht und insbesondere was mein
triebhaftes animalisches ES nun am liebsten tun würde.
Das kann schon mal eine Minute lang dauern und man kann beobachten wie alleine diese Stille das/die Gegenüber nervös werden lässt, weil die Erwartungshaltung und ggf. Ungeduld auf der Gegenseite damit oft ganz und gar nicht klarkommt.
Wenn mich das Gegenüber dann zu einer Reaktion drängen/provozieren will, so entgegne ich, dass, mit Verlaub, Sie/Er sich wahrscheinlich in Ruhe und gut auf diesen Termin vorbereitet hat, wozu ich leider keine Zeit hatte und es wohl nur mehr als fair wäre mir wenigsten eine Minute des Nachdenkens darüber zu gewähren, was ich gerade mitgeteilt bekommen habe.
Hat das Gegenüber dafür kein Verständnis, weiss ich wenigstens endgültig mit was für einer Führungspersönlichkeit ich es zu tun habe und muss mir dann, nebenbei bemerkt, ernsthaft die Frage stellen, inwieweit ich mich für
ein Gehalt zu Prost. bereit bin, das ich andernorts, in Zeiten des sich verschärfenden Fachkräftemangels, wahrscheinlich mit weitaus weniger
Stress, Scham und Verleugnung meiner Selbstachtung erzielen kann.
Erst wenn ich mir meiner selbst und dem was gerade in mir vorgeht bewusst bin, kann ich auch
bewusst entscheiden was nun bzw. ob das jetzt tatsächlich zielführend wäre:
1. Auf Kampf umzuschalten, meine VG der Unwahrheit u./o. Beleidigung zu bezichtigen und sie in die Schranken zu weisen.
2. Auf Flucht zu setzen und mit wohl unhaltbaren Versprechungen, bzgl. der sofortigen Verbesserung meiner Leistung, die unglückselige Situation schnellstmöglich zu beenden.
3. Auf von Verstand gelenkte Verständigung/Kooperation zu setzen und meinen VG offene W-Fragen (Wie, Weshalb, Warum, Wann, Wieviel, Welche Beobachtungen/Fakten etc.pp.) zu stellen, um ihnen zu signalisieren verstehen zu wollen und zu ergründen was meine VG eigentlich von mir wollen/erwarten.
Wenn meine VG mich spontan zu einem MA Gespräch geladen haben oder laden, mache ich mir immer Notizen zu Schlüsselworten im Vortrag und wenn sie mit ihrem ggf. ganzen Korb aus Kritik und Forderungen fertig sind, so wiederhole ich nochmals mit eigenen Worten ihren Vortrag als, bzw. in einer Form der Quintessenz.
Dies um zu klären, ob ich auch tatsächlich alles sowie richtig verstanden habe.
Dabei habe ich immer im Hinterkopf, dass auch meine VG sich ggf. in der gleichen Situation wiederfinden wie ich gerade eben und sie, wie ich, von ihren VG gezwungen werden sprichwörtlich
die Hosen herunter lassen müssen. Betrachte sie nicht als Täter sondern erst mal als Opfer, was mir erlaubt/verhilft ihr unfaires Verhalten mir gegenüber zumindest gnädiger zu beurteilen.
Alle stehen ja letztendlich unter Druck.
Dann frage ich meist wieviel Zeit für dieses Gespräch eigentlich geplant ist oder eine Zwiesprache über den Sachverhalt überhaupt stattfinden soll oder dies lediglich ein Befehl ist, bzw. als solcher zu verstehen ist. Ist letzteres der Fall wäre auch hier dringend die Überlegung anzustellen, ob man sich nicht letztendlich im Falschen Film befindet (siehe oben)
Mein Fazit bzgl. Schlagfertigkeit:
Je mehr ein MA/Mensch schon derlei erlebt hat, desto mehr Alternativen im Umgang mit solchen Situationen stehen ihm zur Verfügung. Ist er quasi aus dem Handgelenk, weil ungerührt vom Angriff, natürlich schlagfertiger als jemand, der
1. als Neuling und reichlich unerfahren auf das (miese) Spiel hereinfällt, somit kalt erwischt wird
2. im Verlaufe seiner Entwicklung nicht gelernt hat seine Gefühle zwar zuzulassen, aber, statt seinen
Affekten dann kampflos das Feld zu überlassen, seinen Verstand nicht zu gebrauchen weiss, um seine
Affekte, wozu auch
Blockaden gehören, unter seine Kontrolle zu bringen, um am Ende zu weitaus besseren, zielführenden Lösungen zu gelangen.
In diesem Sinne ganz liebe Grüsse sendet und ein schönes erholsames Wochenende wünscht Dir
Achtsamkeit