Zitat von Spikey: Hat es dir denn geholfen sich mit diesen Problemen und Sorgen auseinanderzusetzen?
Ja, ganz klar! Oft waren es auch mehrere Sachen, vielleicht noch zusammen mit allgemeinem Druck.
Ich versuch das mal zu beschreiben:
Jeder hat ja seine täglichen Sorgen und Probleme die irgendwie gelöst werden müssen. Manches davon habe ich angefangen zu verdrängen oder nicht näher hinzuschauen.
Zum Beispiel der Gedanke in drei Monaten muss ich meine Steuererklärung abgeben und bestimmt wieder viel nachzahlen. Sowas habe ich gerne im Kopf geregelt nach dem Motto: wird schon passen. Kein genaues hinschauen, kein vorab mal zusammenrechnen oder überlegen wie ich das geregelt bekomme.
Dann kommt vielleicht noch dazu dass das Auto komische Geräusche macht und dringend in die Werkstatt muss - auch verdrängt, also nicht mal nachgeschaut was sein könnte.
Dazu kamen dann oft auch so kleine Sachen die im Haushalt gemacht werden mussten und die mir täglich ins Auge gesprungen sind (hier mal wieder streichen, das wollte ich reparieren, da könnten anderen Bilder hin, das Bücherregal muss ich mal aufräumen ...).
Irgendwann vermischt sich dass alles bei mir zu einem diffusen Angstbrei der mich zwar nicht direkt lähmt und in wirkliche Angst versetzt, aber ich fühle mich unwohl und angespannt und der Druck mich um meine Angelegenheiten zu kümmern wird immer stärker.
Wenn jetzt irgendwas körperliches dazu kommt, war es das: denn das bedeutet direkte Gefahr und ist immer wichtiger, als alle anderen Dinge - denn es geht ja um das Leben. Und es ist was konkretes das einen zudem mit einiger Berechtigung daran hindert sich um Auto, Steuern und alles andere zu kümmern. Die Angst vor Krebs war bei mir oft eine willkommene Abwechslung und Ausrede. Gemerkt habe ich das aber nicht, ich hab' das also nicht bewusst so gesteuert.
Sobald aber eines von den wirklichen Problemen
so richtig akut wurde, war die Angst vor Krankheit plötzlich weg: Mahnung vom Finanzamt? Auf einmal keine Herzangst mehr und auch keine anderen körperlichen Symptome, sondern die Sorge um die Finanzen und endlich das Kümmern um das Problem. Genau so, wenn sich ein großes Problem plötzlich in lauft auflöst.
Irgendwann habe ich angefangen, meine Sorgen, Probleme, Aufgaben usw. aufzuschreiben. Ich bin beim ersten mal auf - ich glaube - 160 Sachen gekommen.
Einhundert und sechzig große, kleine und auch unbedeutende Sachen, um die ich mich gesorgt habe, die ich erledigen wollte, die mir immer wieder ins Gesicht gesprungen sind und mich ununterbrochen unter Druck gesetzt haben. Die Angst vor Krankheiten war da eher eine Flucht.
Diese Inventur hat einen ganzen Nachmittag gedauert und unheimlich gut getan. Und dann habe ich mir die wichtigsten Sachen rausgesucht und bin sie NACH UND NACH angegangen. Damit meine ich nicht unbedingt, dass ich erst eine Sache erledigt und dann die nächste gemacht habe. Aber immer wenn ich mich mit etwas beschäftigt habe, habe ich mich nur darauf konzentriert und alles andere ausgeblendet.
Das Aufschreiben und auch damit beschäftigen war ganz wichtig, weil ich zum erstem mal die Masse an belastenden Gedanken gesehen habe und auch keine Angst mehr haben musste, etwas davon zu vergessen oder zu vernachlässigen. Das immer im Kopf behalten ist ganz schlimm finde ich, weil under Gehirn zwar gut darin ist Probleme zu lösen, aber nicht gut darin Sachen zu behalten und auch nicht sie im Kopf rein in Gedanken zu bewerten.