Hallo NaNaMi,
es tut mir sehr leid, dass es Dir so besch*** geht !
Zuerst: Es ist schonmal super, dass Du auf Wartelisten stehst! Nichtsdestotrotz: Ruf' da ruhig nochmal an! Dir geht es richtig schlecht, und das ist Grund genug, dort anzurufen. Du kannst mir glauben, es gibt Leute mit sehr viel weniger Problemen, die mehrmals die Woche anrufen und Druck machen. Deine Rücksicht ehrt Dich, ist in diesem Fall aber eher zu Deinem Nachteil, Du brauchst kein schlechtes Gewissen zu haben! Ok, 9 Monate gehen auch vorbei (so als kleinen mutmachenden Gedanken am Rande), aber Du musst Dich nicht so durch diese Zeit quälen. Und sich in einem solchen Fall in Erinnerung zu bringen ist immer hilfreich und absolut legitim.
Ich kann gut verstehen, dass Du in der aktuellen Situation nicht vollstationär gehen möchtest, ich kann Deine Situation nachempfinden (hatte mal eine vergleichbare Situation) und hätte wohl ähnlich entschieden, aber das bedeutet ja nicht, dass Du gar nichts machen kannst.
Vielleicht kannst Du Dir von Deinem Arzt ambulante psychiatrische Pflege verschreiben lassen? Das geht meistens recht schnell und unproblematisch. Gibt es in Deiner Stadt eine PIA? Das ist auch immer eine gute Anlaufstelle, die bieten Einzelgespräche und oftmals auch Gruppentherapien an. Und auch wenn es vielleicht nicht perfekt ist: nochmal Tagesklinik kann auch nicht schaden. Es ist immer besser, etwas zu tun. Auch wenn man vielleicht nicht ideal profitieren kann, ist es trotzdem gut, das therapeutische Programm mitzumachen. Man bekommt immer irgendwie etwas mit, auch wenn es vielleicht nicht viel ist, und alleine die Tatsache, therapeutische Ansprechpartner zu haben, ist alleine schon hilfreich. Und oftmals besser als die Alternative (dazu schreibe ich später noch etwas).
Was die Verlustängste und die Angst vor dem Verlassenwerden angeht: Ich habe ebenfalls Borderline und dieses Symptom ist bei mir sehr stark ausgeprägt. Darum möchte ich Dir sagen: Das wird vermutlich auch nicht weggehen, aber Du kannst lernen, einen Umgang damit zu finden. Es braucht Zeit und viel Training, aber die Aussicht und die Chance darauf, dass Du irgendwann besser damit zurechtkommen kannst, sind gut.
Das gilt für viele der Symptome, die man bei Persönlichkeitsstörungen antrifft, es liegt ja leider im Wesen der Persönlichkeitsstörungen, dass die Symptome sehr tief in die Persönlichkeit eingegraben sind. Ich erwarte inzwischen bei vielen meiner Symptome gar nicht mehr, dass sie weggehen, aber ich merke, dass ich Stück für Stück lerne, besser mit ihnen klarzukommen. Es kann besser werden, das kann ich Dir versprechen! Die richtige Therapieform ist wichtig und kann viel zum Positiven verändern.
Ich finde, gerade bei Persönlichkeitsstörungen ist zum Teil auch radikale Akzeptanz gefragt. Bestimmte Symptome werden uns vermutlich ein Leben lang begleiten, aber das heißt nicht, dass wir uns von ihnen kontrollieren lassen müssen. Wir können lernen, die Oberhand zu gewinnen und einen Umgang mit ihnen zu finden.
Was die DP und DR angeht, kann ich Dir auch nur raten, immer frühzeitig etwas dagegen zu tun. Ich spreche von klassischer Selbstbeobachtung in Bezug auf das Anspannungsniveau, und wenn Du Dir alle 30 oder 60 min den Wecker stellst, oder Tabellen führst, was auch immer hilft... Übe es, Dein Anspannungsniveau zu beobachten und sehr früh gegenzuregulieren. Das kann man tatsächlich ganz gut üben, es ist wie Sport, es wird mit regelmäßigem Training besser. Und dann geht es darum, mit bestimmten Fertigkeiten, Skills, wie auch immer Du es nennen möchtest gegenzuregulieren. Wenn Du gar nicht erst in die hohen Bereiche schießt, fällt es leichter, ein Wegdriften oder Wegkippen zu verhindern. Was da helfen kann, kann ganz unterschiedlich sein, ich würden Deinem Fall regelmäßige Übungen durchführen, die mit der sinnlichen Wahrnehmung verbunden sind.
Was auch hilfreich ist, ist entgegengesetztes Handeln. Das bedeutet im Endeffekt nichts anderes als gegen einen dysfunktionalen Impuls zu handeln, den man gerade hat. Also aufzustehen statt liegenzubleiben, einen Einkauf zu machen statt sich zu Hause zu verkrümeln, regelmäßig etwas zu essen oder trinken obwohl man eigentlich keinen Hunger oder Durst hat, draußen ein paar Schritte zu gehen, wenn man sich nur die Decke über den Kopf ziehen möchte...
Es muss sich nicht gut anfühlen! Das Wichtige ist, dass man es tut. Dass man die dysfunktionalen Impulse nicht gewinnen lässt. Und wenn man das immer und immer wieder wiederholt, kommt irgendwann auch das gute Gefühl dabei zurück.
Das Schlimmste in einer solchen Situation ist, die dysfunktionalen Impulse gewinnen zu lassen, weil man denkt Es wird sich eh nicht gut anfühlen, das weiß ich, warum also sollte ich es tun. Es ist wichtig dagegen anzugehen, sonst kann sich nicht bessern.
So, das ist erstmal das, was mir so spontan zu dem einfällt, was Du geschrieben hast. Ich hoffe, es war vielleicht der eine oder andere hilfreiche Gedanke dabei. Ich wünsche Dir sehr, dass es Dir bald besser geht!
Ich wünsche Dir auf jeden Fall alles Gute und schicke Dir ganz liebe Grüße !
LG Silver
14.09.2021 01:13 •
x 5 #11