Zuerst einmal meine subjektive Definition. Die beiden sind gewissermaßen Geschwister.
Perfektionismus ist der Wunsch, Aufgaben oder Vorhaben meistens oder grundsätzlich möglichst perfekt zu erledigen, weil man im tiefsten Herzen die eigenen Schwächen und Fehleranfälligkeiten nicht akzeptieren kann.
Narzissmus hingegen ist der Wunsch, sich selbst besser (perfekter) zu inszenieren als man in Wirklichkeit ist. Man kaschiert also eigene Schwächen und Fehleranfälligkeiten, indem man die eigene Person inszeniert.
Auf Grund meiner langjährigen generalisierten Angststörung habe ich mich verschiedentlich mit eigenen perfektionistischen und narzisstischen Verhaltensstrategien auseinander gesetzt. Sie habe diese sicherlich sehr früh gelernt, da mein Vater zeitlebens Perfektionist war und, je älter er wurde, immer narzisstischer wurde. Mit Sicherheit wurde ich früh davon geprägt! Ich finde das sehr fruchtbar, weil ich gelernt habe, mehr zu eigenen Schwächen und Fehlern zu stehen, was Ängste mildert, und weniger zu kaschieren, was Ängste subtil verstärkt, da das den Erwartungsdruck an mich selbst oder an meine Aufgaben, die ich zu erledigen habe, am Ende nur erhöht.
Trotzdem werde ich in meinen Alltag den Eindruck nicht los, dass es sehr viele Menschen gibt, die tendenziell perfektionistisch oder narzisstisch sind, ohne in irgendeiner Weise schlecht damit zu fahren. Im Gegenteil: Ihr Alltagserfolg basiert regelrecht auf diesen Strategien. Sie entwickeln keine Erwartungsängste, sondern toben sich ständig auf ihrer Lebensbühne aus, sammeln Erfolge und Kraft. Während unsereins unter diesen Strategien leidet, profitieren sie stets davon.
Wie kommt das? Warum kann ein Verhalten sich in seinen Wirkungen beim einen so entwickeln, beim anderen ganz gegenteilig? Ich freue mich über eure Beiträge.
10.11.2022 08:22 • • 12.02.2023 x 4 #1