Lang ist's her, dass ich hier sooo viel mitgelesen habe. Jetzt bin ich wieder da. Ich danke schonmal jedem, der sich das durchliest.
Ich habe einfach so einen großen Redebedarf und das Gefühl, dass ich sonst niemanden kenne, der sowas nachvollziehen kann.
Ich hatte eine Zeit in meinem Leben, wo ich vor Angst, Panik und Dauerschwindel kaum noch das Haus verlassen habe. Es begann mit Krankheitsängsten (Krebs, Hirntumor, Schlaganfall...). Doch diese Ängste verschwanden relativ bald. Ich habe schnell begriffen, dass ich körperlich nichts Ernstes habe. Da hatte sich das Ganze aber schon verselbständigt. Ich hatte dann Angst vor der Angst, Angst vor Schwindel, Angst vor Kontrollverlust. Selbst wenn ich Zuhause war.
Richtige Panikattacken hatte ich glaub ich nie, es war immer stunden- und tagelange Dauerangst. In der Situation bleiben hat bei mir irgendwie nie geholfen - es war dann eben die ganze Zeit über mies. Zum Beispiel 2 Stunden bei einem Vortrag oder 5 Stunden Zugfahrt. Es wurde in solchen Situationen nie besser, wenn ich doch bloß aushielt. Aber sobald die Situation vorbei war und ich wieder raus - schwupp, alle Symptome weg, totale Entspannung und Erleichterung.
Ich konnte das aber in den Griff bekommen. Meine Lebensumstände änderten sich, ich zog um, musste funktionieren (Zuhause einsperren, andere einkaufen lassen etc. ging nicht mehr!), ich habe meinen Medienkonsum stark reduziert und Zukunftspläne geschmiedet, statt nur um mich und die Angst zu kreisen. Irgendwie konnte ich es so hinter mir lassen und es ging steil bergauf mit allem. Auch begann ich mit Sport. Und das zum ersten Mal nur für mich, und nicht weil irgendjemand mir sagte, dass das sein muss und hilft.
Dann folgten mehrere Jahre angst- und schwindelfrei. Also fast. Angstschwindel trat nur noch in absoluten Ausnahmefällen auf. Aber er hat mich kein einziges Mal mehr davon abgehalten, etwas zu tun. Vor einer langen Zugfahrt wusste ich z.B., dass mir vielleicht mal zwischendurch nicht so gut sein würde, wenn es sehr voll wird. Aber ich fuhr trotzdem und fertig. Ich hatte vorher keine Angst davor und ich habe danach nicht innerlich gejammert, wie schlimm es doch war. Meistens blieb es auch einfach bei leichtem Unwohlsein. Ich habe irgendwann für mich angenommen, dass ich nie mehr ein Mensch sein würde, den bestimmte Situationen überhaupt nicht mehr stressen. Die paar Situationen, wo ich dann eben vertraute (!) Angstgefühle hatte, waren für mich okay. So nach dem Motto: Besser gehts ja immer, aber ich bin zufrieden. Ich kannte das alles ja weeeitaus schlimmer.
Tja, das ist jetzt anders und ich weiß nicht so recht, weshalb. Ich fühle mich meilenweit zurückgeworfen und weiß nicht,
wo das jetzt hinführen soll.
Anfang Juli hatte ich aus (für mich) heiterem Himmel einen heftigen Schwindelanfall. Ich ging abends gerade ins Haus, da fühlte es sich an, als würde mich jemand von der Seite heftig schubsen, alles wankte. Ich ging noch ein paar Schritte weiter (klar, ich hatte mir doch angewöhnt, mich irgendeinem Unwohlsein nicht zu unterwerfen!) doch merkte dann Ok, das ist jetzt wirklich zu viel und legte mich dann auf den Boden. Nach ein paar Minuten war es besser und ich ging rein. Ohne Schwindel, wenn auch etwas ängstlich, verunsichert und schwächlich.
An dem Tag ging es dann wieder voll los mit der Angst, dem Dauerschwindel und der Selbstbeobachtung. Ich weiß nicht, wieso ich das diesmal nicht als Hat man mal, Kreislauf oder so, jedem ist mal schwindelig! oder so verbuchen und normal weiterleben konnte, wie die Jahre zuvor auch. Vielleicht gerade deshalb, weil ich diesmal keinen Grund gefunden habe. Und weil dieses Gefühl sich so gar nicht wie Kreislauf o.ä, anfühlte. Mir war auch vorher nicht schwummerig oder ähnliches. Wenn ich zurückdenke. Ich hatte meine Tage (aber fühlte mich fit), ich wachte am Morgen mit starkem Kopfweh und Nackenverspannungen auf (aber die hatten sich über den Tag längst gelöst und sonst auch nie zu solchem Superschwindel geführt). Eigentlich war nix.
Das es aus heiterem Himmel kam löste in meinem Kopf den Gedanken aus Wenn es an diesem Tag so urplötzlich kam, kann es jederzeit wieder urplötzlich kommen. Ich weiß natürlich, dass das Quatsch ist, weil im Prinzip jedem jederzeit unwohl werden kann aus irgendwelchen Gründen, trotzdem machen Angst und Selbstbeobachtung keinen Sinn. Ich rutschte da trotzdem wieder rein.
Ich machte verschiedene Schwindeltests und versuchte den Schwindel zu provozieren - alles negativ. Wenn ich ehrlich bin hätte ich mir das sparen können, es waren sofort wieder die typischen Angstmuster. Wenn es Abend wird und ich an dem Tag nichts mehr machen muss, gehts mir meistens gut. Klar, weil ich dann nicht im Hinterkopf habe Oh oh, heute musst du noch dies und das machen, das geht natürlich nicht, wenn dir jetzt wieder schwindelig werden würde. !
2 Tage später musste ich mal wieder einkaufen und ratet mal, wie ANGST ich den ganzen Vormittag davor hatte! Im Laden wurde mir natürlich (!) schwindelig und diesmal hielt ich es nicht aus - ich ging raus, meine Begleitung bezahlte und ich wartete vor der Tür. Genau das, was man nicht machen soll, ich weiß. Jahrelang bin ich ständig einkaufen gegangen. Ich ging sogar gerne einkaufen, das war für mich richtig entspannend. Morgens was Schönes für den Tag kaufen, meinen Liebsten was Leckeres mitbringen oder abends reduzierte Ware ergattern, bestes Hobby Mein Freund hat schon immer Witze gemacht, wieso mir das Spaß macht und ob ich nicht lieber alles in einem großen Wocheneinkauf besorgen will. Aber nein, ich machte das so. Wenn mir nicht wohl (z.B. Periode) war - kein Problem, ob mir Zuhause unwohl ist oder im Laden, war für mich dasselbe. Kein Grund für Angst oder Stress. Und plötzlich bin ich wieder die, die am liebsten nie mehr einen Laden betreten will! Wegen einem Vorfall!
Ich plane derzeit wieder penibel meine Einkäufe, um nicht so häufig in einen Laden zu müssen. Und wenn es mal wieder Zeit ist, ist der ganze Tag für mich Einkaufstag und somit voller Angst. Eigentlich sollte ich jeden Tag 3x gehen und immer nur eine Sache kaufen, einfach um mich immer wieder zu konfrontieren. Aber die Überwindung ist gerade zu hoch. Ich fühle mich von einem Tag auf den anderen wieder wie ein anderer Mensch.
Wandern? Ausflüge? Undenkbar. Ich bin wieder voll in der Vermeidungshaltung. Derzeit schaffe ich es gerade mal so, indoor Sport zu machen. Einfach (wie sonst auch) draußen laufen oder ne Radtour? Nicht (mehr) mit mir. Ich hatte schon so viel geschafft und jetzt?
Mich nervt das. Ich weiß, dass ich mich überwinden muss, damit es besser wird. Ich weiß, dass es falsch ist,
sich einzuschränken und der Angst nachzugeben. Aber dieser verdammte Schwindel. Ich fühle mich draußen so benommen. Dieses Wanken, dieser permanente Drang sich hinzusetzen oder irgendwo festzuklammern.
Ich weiß das alles, ich kenne das alles - wieso verfalle ich trotzdem wieder so weit zurück und kann es diesmal nicht einfach alles trotzdem durchziehen?
PS: Ich bin mir nicht sicher, ob das unter Panikattacken, Generalisierte Angst oder Phobien gehörte. Falls das Unterforum falsch ist - sorry!
15.08.2023 23:24 • • 19.08.2023 x 3 #1