Liebe Andrea
Heute habe ich eingehend über Deine Worte und Gedanken nachgedacht und Deine Geschichte noch einmal Revue passieren lassen.
Ich will versuchen das alles ein wenig aus meiner Sicht zu beleuchten, was Dir vielleicht über ein paar Dinge etwas mehr Klarheit verschafft und hilft eine neue Zukunft, ein neues Leben zu entwerfen.
Zitat von Andrea73: Mein jetziger Neurologe ist eine Privatpraxis. Er hat sehr viel Erfahrung. Er hat lange überlegt was wir noch probieren können und mir dann die bereits erwähnte Kombination verordnet.
Zur Medikation: Ich denke er hat Dir eine auf die Medikation angepasste Ernährung empfohlen, um die Wirkung des Moclobemid nicht zu beeinträchtigen, weil das Tyramin die selben Rezeptoren besetzt, bzw, das Moclobemid verdrängt. So kann die Dosis niedriger gehalten und so der Effekt des Moclobemid gesteigert werden. Es empfiehlt sich daher vertrauensvoll den Empfehlungen zu folgen.
Zitat von Andrea73: Ich hätte in meiner Jugend ein traumatisches Erlebnis und war zwanzig Jahre mit einem Narzissten verheiratet und sehr häufig psychischer Gewalt ausgesetzt.
Es gibt viele traumatische Erlebnisse, die jeweils anders nachhaltig auf unsere Psyche und unsere Gefühlswelt Einfluss nehmen.
Da ich nicht weiss, um was für ein Erlebnis es sich konkret handelt fällt mir hier die Einschätzung von dessen Wirkung und Tragweite entsprechend schwer. Aber es wirkt jedenfalls schwer, sonst wärst Du nicht in dieser Situation in der Du heute bist.
Da Du, ich denke noch sehr jung, einem Narzissten „auf den Leim“ gegangen bist, setzt allerdings voraus, dass Dein Selbstwert damals nicht allzu ausgeprägt war und, mit Bezug auf Deine aktuelle Situation, noch immer tief unten im Keller ist. Ich denke Du durftest von Kindesbeinen an nie Du sein, kein gesundes Selbstbewusstsein und Selbstwert aufbauen. Daher hast Du Dir einen Partner ausgesucht der diese Dir fehlende Stärke zu kompensieren vermochte und vertrautest der (vorgetäuschten) Liebe.
Narzissten lieben idR. nur einen Menschen: Sich selbst! Aber wem sage ich das….
Da Du nie etwas recht/gut machen konntest, wurdest Du darauf konditioniert Dich selbst als wertlos zu empfinden. Noch schlimmer: Für Dein Dasein auch noch gestraft zu werden, wurde zu Deinem Alltag.
Ich kann daher vollkommen nachfühlen in welch abgrundtiefes Loch Du in diesem langen Prozess irgendwann gefallen sein musst.
Es ist schön und äusserst begrüssenswert, dass Du immer noch da bist. Denn es zeigt mir, dass da etwas in Dir ist, das die Hoffnung nicht aufgegeben hat, verbissen um sein Dasein kämpft und partout nicht klein beigeben will.
Dein seit ewigen Zeiten unterdrücktes selbstbewusste ICH, das da sagt, bzw. fragt: „Ist da und liegt nicht mehr für mich drin als das was ich alles schon erleben musste?!“ Das geradezu danach schreit: „Ich will (endlich) leben!“
Das sich irgendwann sogar einmal durchsetzen konnte, um die Dich zerstörende, die toxische Beziehung endlich zu beenden?!
Zitat von Andrea73: Stell Dir die Situation kurz vor einer Prüfung z.B. vor den Abiprüfungen vor. Ich habe ständig ein Engegefühl im Hals, als hätte in ein Tuch zu straff ungebunden und einen Felsbrocken auf der Brust.
All diese niederschmetternden Dinge die Du erleben musstest haben Dich zutiefst verunsichert was gut, recht und richtig, was am Ende sinnvoll ist.
Hat Dich die Angst, ungeliebt, lebensuntauglich und wertlos zu sein, in Form der Angst immer alles nur falsch zu machen, fest im Griff.
Dazu gesellt sich nun auch noch die Angst der Erwartung, die
Erwartungsangst. Die Angst davor, noch bevor Du überhaupt etwas getan hast, das es gedanklich nur schiefgehen wird/kann und wie immer erneut in einer Katastrophe enden wird. So überholt die eine Angst jeweils die vorangegangene und steigert sich jeweils bis zur vollkommene Lähmung und Niedergeschlagenheit.
Martin Seligmann nannte dies schon
erlernte Hilflosigkeit oder
selbsterfüllende Prophezeiung.Das Du (scheinbar) ausweglos (noch) in diesem Teufelskreis steckst bezeugt Deine Bemerkung wie folgt
Zitat:[url=/post3085356.html#p3085356]Zitat von Andrea73[/url]
Es gibt keine Ablenkung oder Zerstreuung. Die Angst ist 24/7 da.
Es scheint Dir durch dieses Dilemma manchmal oder oft unmöglich, wenn ich richtig liege, selbst schon nur die kleinsten Dinge auf die Reihe zu kriegen, was wiederum dazu führt, dass die Erwartungsangst auf die Bühne tritt und auch dort seine Angst auslöst, nämlich was passiert wenn Du es nicht auf die Reihe kriegst. Das ist wahrlich ein Zustand „zum Verrückt werden!“
Bist Du aber deshalb noch lange nicht!
Wo könntest Du nun ansetzen? Hierzu eine kleine Metapher
Ich Denke Du hattest doch in jungen Jahren auch mal einen Plattenspieler. Und bestimmt hattest Du auch mal eine Schallplatte auf der die Nadel hängenblieb und immer wieder die gleiche Rille abgegriffen hat, was zu einem Hänger im Lied geführt hat.
Dann bist Du oder jemand anders zum Plattenspieler gegangen und hast der Nadel einen Schubbs gegeben. Vielleicht aber hast Du auch genau hingeschaut, den angesammelten Staub entdeckt, diesen von der Nadel entfernt weil der dazu geführt hat, dass die Nadel zu wenig Auflagedruck hatte und so
aus der Spur gekommen ist, bzw. nicht in die nächste Spur überleiten konnte, um den schönen Titel wohlklingend bis zum Ende zu spielen.
Und so in etwa sieht, aus meiner Sicht, Dein Leben heute aus.
Auf der Nadel Deines Plattenspielers hat sich so viel Staub und Schmutz angesammelt, dass sie in der (aktuellen ) Rille Deiner Lebens-Schallplatte einfach steckengeblieben ist.
Die Frage ist nun: Willst Du dem ganzen
Staub und Schmutz der sich in Deinem Leben angesammelt hat in Tat und Wahrheit erlauben, den Rest Deines Lebens zu blockieren und dir immer und immer wieder dieselbe langweilige und eintönige Leier vorspielt?
Wäre es nicht eine Idee und an der Zeit, die verstaubte Nadel wie oben
kurz anzuheben, den Staub der Vergangenheit zu entfernen und das Lied endlich weiter spielen zu lassen, um neue, endlich neue Töne an Dein Ohr, Deinen Geist dringen zu lassen, die Dein Herz höher und schneller schlagen lassen, ja gar verzaubern?
Ich möchte Dir zum Schluss dieser Ausführungen nur ein paar Fragen stellen zu Deiner Bemerkung wie folgt:
Zitat von Andrea73: Freude empfinde ich ohnehin wenig und ich kann mich auch schlecht konzentrieren.
1.
Was ist der Sinn an Dingen oder Ereignissen gedanklich und emotional festzuhalten die zwar schrecklich waren, der eigentliche Schmerz jedoch längst vergangen ist und die durch nichts und niemanden mehr zu ändern sind?
2. Ist es, neutral betrachtet,
wirklich sinnvoll diesen längst vergangenen, äußerlich inzwischen
inexistenten Mächten (ausser in meinen Gedanken) weiterhin Macht über Mein Leben zu geben und dieselben Schmerzen immer und immer wieder zu durchleiden?
3. Wenn ich so jemanden, wie mich im Moment, von aussen als nicht Betroffener/Unbeteiligter betrachten würde, welchen Rat, welche sinnvolle und/oder wertvolle Empfehlung würde ich ihm wohl mit auf den Weg geben wollen?
Da Du eine intelligente und, wie ich meine, auch sehr gefühlvolle Frau bist, hast Du jetzt etwas zum Nachdenken
In diesem Sinne ganz liebe Grüsse und eine erholsame Nacht für Dich und allen, die noch nicht schlafen können
Achtsamkeit