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Meine größte Angst ist es Menschen aus meinem nahen Umfeld zu verlieren, sprich Familienangehörige.

Mein ganzes Leben beeinträchtigt mich diese Angst bis zur Panik. Bisher habe ich keinen Weg gefunden dem dauerhaft entgegenzusteuern.

Aus gegebenen Anlass und weil die Menschen in meiner Familie ja auch nicht jünger werden, möchte ich nun dieses Thema in den Raum stellen.

Gibt es eine Möglichkeit diese Angst und den Schmerz der erfolgt, wenn man einen geliebten Menschen verliert zu umgehen?

16.10.2021 14:56 • 18.10.2021 x 6 #1


38 Antworten ↓


Hallo life74, ich kann dir jetzt nur meine Meinung und Erfahrung dazu sagen. Ob man den Schmerz umgehen kann, beantworte ich mit nein. Kann mir auch nur schwer vorstellen wie das gehen soll. Der Trauerprozess ist ein wichtiger Punkt.
Mit der Zeit wird es leichter, aber, und da spreche ich jetzt auch von mir, vermissen wird man diese Menschen trotzdem immer. Es werden Situationen kommen, da wünscht man sich diese Menschen herbei, so ist es bei mir.

Was mich tröstet, der Gedanke daran, dass wir uns alle wiedersehen werden, und dass ich jetzt im Himmel meine persönlichen Schutzengel habe. Damit kann aber nicht jeder etwas anfangen. Da kannst du dann für dich eine Möglichkeit finden, um den Schmerz erträglicher zu machen.

Und für den Moment, genieße die Zeit mit deinen liebsten solange sie noch da sind. Die Zeit die man mit ihnen hat, ist etwas kostbares.

Liebe Grüße

A


Meine größte Angst - Menschen zu verlieren

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Zu Lebzeiten so viel Zeit wie möglich mit den Personen verbringen, woraus schöne Erinnerungen und Dankbarkeit
entstehen können. Das gibt Trost im Todesfall.
Besser als wenn man nach dem Tod ach hätte ich doch sagen muss.

Aus meiner Erfahrung speist sich die Angst um Andere aus der Nicht-Akzeptanz der Vergänglichkeit sämtlichen Erlebens. Letztere ist so unübersehbar und deshalb auch unverdrängbar, dass die Umleitung über Angehörige vermeintlich leichter auszuhalten ist - denn es gehen/sterben ja nur die Anderen.

Ein gutes Buch u. a. über diese Grundangst: Irvin D. Yalom / Existenzielle Psychotherapie.

Ich kann deine Angst und Panik gut verstehen.
Um die Trauer zu umgehen, sehe ich nur keinen Weg.

Menschen sind verschieden. Jeder reagiert irgendwie anders. Oder verarbeitet auch alles anders.

Bei mir war es so, als meine Mutter plötzlich starb, dass es so viel zu organisieren gab, einschließlich Wohnungsauflösung, dass es erst keinen Raum für Trauer gab. Alles erschien unwirklich und man hat nur noch funktioniert.
Doch der Trauer muss man Raum geben. Das ist normal und auch wichtig.
Viele Lebensmomente fallen einem ein. Du siehst die Momente mit deinen Augen.
Ich trauerte um die verlorene Geborgenheit, die ich bei meiner Mutter hatte. Dem Gefühl, dass es einen Menschen gegeben hatte, bei dem ich immer Willkommen war und ein Zuhause hatte.
Im Grunde hat es mir geholfen, zu wissen, dass wir eine gemeinsame Lebenszeit hatten. Dass es dort Liebe, Wärme und Geborgenheit gab. Dass ich den gemeinsamen Lebensweg bis zum Schluss mit ihr gehen konnte.
Wenn man dies als Mensch kann, dann fände ich es wichtig, dem anderen auch mitzuteilen, dass man ihn liebt. Es mehr zeigt, mehr hinsieht, mehr zuhört.
Danach kann man das nicht mehr. Alle Fragen bleiben offen und es wird keine Antworten mehr geben.

Ich habe leider nur keine Ideen, wie man der Angst darum, vorher begegnet.
Die habe ich auch, in Bezug auf die Menschen, die ich liebe. Wir können aber mit unserer Angst nichts verändern.
Niemand will Schmerz. Und doch müssen wir ihm im Leben immer wieder begegnen.
Ein Geschenk, wenn dann jemand für einen da ist.

Ich hatte schon als Kind Angst vor dem Moment meine Mutter zu verlieren. Je älter ich und sie wurden, umso größer wurde meine Angst. Mein Vater war schon gestorben, als ich 21 war, aber das hat mich nicht groß berührt, weil wir keine enge Bindung hatten. Als meine Oma im Sterben lag, stellte ich mir vor, dass meine Mutter auch bald in diesem Zustand sein wird und ich ganz alleine zurückbleibe. Ich stellte mir immer vor, dass ich das nicht verkraften würde und hatte mir vorgenommen, mich dann auch umzubringen. Als es dann tatsächlich soweit war, kam es ganz anders. Wie schon geschrieben wurde, hat man erstmal so viel zu erledigen, vor allem, wenn man es ganz alleine machen muss, dass man einfach funktioniert. Und nach der Beerdigung war ich froh und erleichtert und auch stolz auf mich, dass ich das alles gut hingekriegt habe. Danach wollte ich meiner Mutter beweisen, dass ich fähig bin, ohne sie mein Leben zu bewältigen. Es war ihre größte Sorge, mich einmal alleine zurücklassen zu müssen und dass ich ohne sie nicht zurecht komme. Und ich bin stolz auf mich, wie gut ich das hinbekommen habe.

@life74 Guten Morgen, ich habe die gleiche Angst und erwarte auch automatisch immer das Schlimmste sobald jemand wegfährt etc. Ich weiss, dass die Ängste nicht real sind, auch wenn naturgegeben natürlich immer ein gewisses Risiko besteht. Die Antwort darauf liegt sehr weit zurück in der Kindheit und ich denke dass wahrscheinlich nur eine Therapie helfen kann.

Als mein Papa starb, ging eine Welt unter, ich dachte, die Welt müsse doch stehen bleiben, aber sie bliebt
nicht stehen. Ich habe geweint und getrauert, aber da war dann noch meine Mama, die meine ganze Aufmerksamkeit
brauchte, um die ich mich gekümmert habe, weil sie in ein tiefes Loch der Depression rutschte, als ihr geliebter Mann
starb. Dann ging meine Mama, da war die Nabelschnur, die uns beide mit Liebe verband und auch der Tod kann diese
nicht trennen. Als meine Mama starb, ging auch ein Teil von mir. Trauer verändert.

Ich habe ganz schlimme Angst, meinen Mann zu verlieren, er ist mir sehr Nahe. Durch diese Angst verhindere
ich aber nicht den Tod. Er wird kommen und vielleicht gehe ich ja auch eher. Keiner weiß das.
Deswegen kann ich nur die Zeit mit ihm genießen, versuchen die Angst etwas zu mildern. Denn die
Angst steht oft zwischen dem Leben und der Freude.

Ist diese Angst nicht ein Resultat dessen, wie unsere Gesellschaft auf den Tod reagiert?
Ich habe keine Angst vor dem Tod. Weder vor meinem noch vor anderen und wenn dann jemand stirbt, dann sind die Reaktionen von Menschen eher mit Mitleid.... geprägt. Wenn man damit einfach neutral umgehen möchte, dann fühlt man sich als Außenseiter. Das ist doch schlimm, wenn ein Mensch geht, wie kann man da nur so gefühlskalt sein.
Bin ich gefühlskalt deswegen?
Der Tod ist doch etwas selbstverständliches, es wird keiner daran vorbeigehen. Und jeder Mensch in unserem Leben bereichert dieses auf zweierlei Weise. Positiv, aber auch negativ. Und wenn dieser Mensch dann uns alleine lässt, dann fällt etwas Positives, aber auch etwas Negatives weg. Somit wird sich unser Leben verändern. Das ist ganz nüchtern gesehen alles. Das Leben wird anders sein/werden, aber ob deswegen besser oder schlechter kann man doch gar noch nicht wissen. Es wird einfach anders.
Vielleicht liegt es dann daran, dass man dem Positiven nachtrauert und somit nicht bemerkt, dass das Leben aber auch in gewisser Weise bereichert wurde, weil das Negative weggefallen ist? Das registriert man gar nicht, weil man am Positiven klammert? Klammert man schon zu Lebzeiten am Positiven, weil man Angst vor den Tod hat? Oder an was klammert man überhaupt? Vielleicht ist auch nur die Angst vor Veränderung, die man nicht beeinflussen kann?

Zitat von hereingeschneit:
Ist diese Angst nicht ein Resultat dessen, wie unsere Gesellschaft auf den Tod reagiert? Ich habe keine Angst vor dem Tod. Weder vor meinem noch vor anderen und wenn dann jemand stirbt, dann sind die Reaktionen von Menschen eher mit Mitleid.... geprägt. Wenn man damit einfach neutral umgehen möchte, dann fühlt man ...

Dieser Mensch, der mit Liebe ummantelt ist, fehlt. Er fehlt und ist nicht mehr da, ich finde das ist eine Lücke,
die nie mehr gefüllt wird. Ist das nicht ein Grund zum Traurigsein und zum Weinen?

Ich bin z.B. sehr sehr oft mit meinen Eltern zusammen gewesen, auch wie ich geheiratet habe.
Meine Eltern fehlen mir sehr, alles an ihnen fehlt. Nie mehr wird es so wie es einmal war und darüber bin
ich traurig und diesse Traurigkeit,´wird und darf bleiben, ein Leben lang.

Klammern ist nicht das richtige Wort, @hereingeschneit ich klammere nicht an meinem Mann, jeder
von uns geht auch eigene Wege, muß ja auch. Schon alleine durch die Arbeit. Mir würde er sehr sehr
sehr fehlen.

Ich möchte auch noch ergänzen, dass z. B. der Tod meiner Eltern auch eine gewisse Befreiung darstellte - trotz aller Trauer. Bis vor kurzem war einer meiner wesentlichen Charakterzüge, mich für vieles und Viele verantwortlich zu fühlen. Seit ich vorwiegend Verantwortung für mein eigenes Erleben anerkenne und verstehe, verringert sich dieses Zuständigkeitsbedürfnis (denn das war es ja letztlich - ein Bedürfnis). Bemerkenswerterweise ebenso die Angst vor Verlusten.

Zitat von Ami533:
Die Antwort darauf liegt sehr weit zurück in der Kindheit und ich denke dass wahrscheinlich nur eine Therapie helfen



Das ist richtig. Es ist in der Kindheit begründet. In meinem Fall der Alk. meiner Eltern seit meiner Kind- und Jugendzeit. Das hat mich auf alle Fälle geprägt. Mir fehlt das Urvertrauen.

Therapie bisher fünf an der Zahl konnten mir in dem Fall leider nicht helfen.

Zitat von hereingeschneit:
Der Tod ist doch etwas selbstverständliches, es wird keiner daran vorbeigehen. Und jeder Mensch in unserem Leben bereichert dieses auf zweierlei Weise. Positiv, aber auch negativ. Und wenn dieser Mensch dann uns alleine lässt, dann fällt etwas Positives, aber auch etwas Negatives weg. Somit wird sich unser Leben verändern. Das ist ganz nüchtern gesehen alles. Das Leben wird anders sein/werden, aber ob deswegen besser oder schlechter kann man doch gar noch nicht wissen. Es wird einfach anders.

Deine in der Tat nüchterne Sicht begrüße ich sehr, @hereingeschneit ! Vielleicht ist derlei Nüchternheit deshalb insgesamt recht unbeliebt, weil unser Selbst-Bild (von Bildung) vorwiegend auf Verblendung aufbaut. Keiner will Veränderung, außer man bekommt die, die man sich glaubt zu wünschen. Aber wie lange hält die schon oder wie oft stellt sie sich als weitere Sackgasse heraus...!?

Zitat von hereingeschneit:
Klammert man schon zu Lebzeiten am Positiven, weil man Angst vor den Tod hat? Oder an was klammert man überhaupt? Vielleicht ist auch nur die Angst vor Veränderung, die man nicht beeinflussen kann?

Klar - und letztlich klammern wir ja idR auch am Negativen - sofern es das überhaupt gibt. Jegliches Klammern ist ein Anhaften an Unhaltbarem: an den Sinneseindrücken. Doch es ist für die meisten Menschen die einzig vorstellbare Variante, dieses Leben zu meistern. Jegliches Wollen und Nichtwollen, Gutes und Schlechtes - jegliche Dualisierung insgesamt, definiert uns als (vermeintliches) Individuum.

Zitat von life74:
Mir fehlt das Urvertrauen.

Darf ich fragen, was denn dieses oft geforderte Urvertrauen tatsächlich sein soll? Kann es hier jemand erklären, der es hat?

Zitat von Orangia:
Zu Lebzeiten so viel Zeit wie möglich mit den Personen verbringen, woraus schöne Erinnerungen und Dankbarkeit
entstehen können. Das gibt Trost im Todesfall.
Besser als wenn man nach dem Tod ach hätte ich doch sagen muss.



So merkwürdig es sich jetzt vielleicht liest... ich habe Angst vor dem Verlust, aber gleichzeitig belastet es mich jetzt schon mit diesen Menschen zusammen zu kommen. .. ich liebe sie alle, aber sie tun mir nicht gut eben wegen dieser Angst.

Da steckt noch mehr dahinter. Wahrscheinlich bekomme ich erst Ruhe, wenn alles vorbei ist

Zitat von moo:
Darf ich fragen, was denn dieses oft geforderte Urvertrauen tatsächlich sein soll? Kann es hier jemand erklären, der es hat?

Gibt es das wirklich? Bedingungslos denke ich nicht

Zitat von life74:
So merkwürdig es sich jetzt vielleicht liest... ich habe Angst vor dem Verlust, aber gleichzeitig belastet es mich jetzt schon mit diesen Menschen zusammen zu kommen. .. ich liebe sie alle, aber sie tun mir nicht gut

Danke für diese ehrliche Antwort! Fußt die Verlustangst u. U. darauf, dass Du Dich für diese Einsicht irgendwie schämst oder gar verurteilst?
Was ist so falsch daran, zu realisieren, dass einem Menschen (geliebt oder ungeliebt oder was auch immer) schlicht nicht gut tun?
Vielleicht hilft Dir diese Formulierung: In der Distanz zu Euch liegt meine Zuneigung zu Euch...

Ich mochte zum Beispiel die letzten Jahre meinen Bruder am liebsten, als ich keinen Kontakt mehr zu ihm hatte. Das hört sich crazy an, war aber definitiv meine (heilsame) Wahrheit.
Sponsor-Mitgliedschaft

Zitat von Cornelie:

Gibt es das wirklich? Bedingungslos denke ich nicht

Das sehe ich ganz genauso: Nicht ohne Bedingung! Und wer stellt diese auf, wenn nicht wir selbst?

Zitat von moo:
Das sehe ich ganz genauso: Nicht ohne Bedingung! Und wer stellt diese auf, wenn nicht wir selbst?

Bedingungen von außen, hat bei mir schon wieder nichts mehr mit Urvertrauen / Vertrauen zu tun

Zitat von moo:
Fußt die Verlustangst u. U. darauf, dass Du Dich für diese Einsicht irgendwie schämst oder gar verurteilst?




Nein schämen, oder gar verurteilen tue ich mich deswegen nicht. Das ist es nicht, zumindest nicht bewusst. Ich müsste nochmal darüber nachdenken...

Es tut mir einfach unendlich weh, wenn ihnen etwas fehlt und ich nicht helfen kann

Ich fühle mich verantwortlich für ihr Wohlergehen.

A


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Mira Weyer
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