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Hallo!

Wie in meiner Vorstellung schon geschrieben hatte ich vor kurzem ein Gespräch mit einem befreundeten Prana-Therapeuten.
Infolge des Gespräches wurde mir bewusst daß Angst eine sehr große Rolle in meinem Leben spielt.

Wie gesagt hatte ich bisher nicht wirklich realisiert daß Angst mein Hauptproblem darstellt.

In den letzten Tagen wurde alles etwas klarer und mein bisheriges Leben für mich verständlicher.

Rückblickend begann die Sache mit der Angst im Alter von ca. 10 Jahren.

Ich glaube daß es mit mangelnden schulischen Leistungen begonnen hat.
In der Volksschule (Grundschule) musste ich nicht viel lernen, ich kam auch so sehr gut zurecht.
Ich denke es war zu Beginn der Hauptschule als dann lernen doch notwendiger wurde.
Ich war das nicht gewohnt und kam so ziemlich rasch nicht mehr mit.

Da war dann einerseits der Druck der Schule und andererseits der Druck meiner Eltern.

Der Druck wurde dann schnell für mich zu purer Angst.
Angst vor der Schule wegen den Lehrern und Angst vor meinen Eltern wegen diverser erziehungstechnisch fragwürdigen Methoden.
(Ich verurteile meine Eltern nicht dafür, sie wussten es zu dieser Zeit eben nicht besser.)

Ergänzend zu den schon vorhandenen Problemen und Ängsten kam dann kurz darauf noch Epilepsie dazu.

Ich hatte also Angst zur Schule zu gehen, Angst nachhause zu gehen und zu guter Letzt noch Angst vor dem Schlafen.
(Zur Erklärung: Die epileptischen Anfälle hatte ich nur wenn ich schlief.)

Ich kann mich noch gut erinnern, ab diesem Zeitpunkt war ich eher Beobachter meines Lebens anstatt Akteur.
Ich glitt irgendwie durch das Leben, war wie betäubt. Die Epilepsie lief währenddessen zu Hochform auf,
soll heißen fast jede Nacht einen generalisierten Anfall und tagsüber immer wieder Absencen.

Lernen wurde zu dieser Zeit unmöglich, ich konnte einfach nichts im Kopf behalten und Dinge die ich eigentlich wusste fielen mir in der Schule nicht mehr ein.

Irgendwie brachte ich die schulplichtige Zeit (mit Nachprüfungen) dann aber doch hinter mich.

Das war schön - endlich keine Schule mehr!
Ich begann eine Lehre als Maler und Anstreicher und merkte ziemlich schnell daß auch eine Lehre viel mit Schule zu tun hat.
Ich sah welche Fortschritte meine Lehrlings-Kollegen machten und war wieder da wo ich auch in der Schule war.

Ich kam nicht mit.

Die Gesellen erwarteten immer mehr von mir und ich enttäuschte sie.
Worauf hin mir dann der Chef mit Rauswurf drohte. Blöderweise bekam er dann auch noch meine Epilepsie mit.
(Wir hatten die Epilepsie verheimlicht weil ich ansonsten keine Lehrstelle bekommen hätte.)

Dank des massiven Einsatzes meines Vaters konnte ich die Lehre in dem Betrieb fertigmachen.

Die Angst hatte zu dieser Zeit natürlich auch mein Sozialleben fest im Griff.
Ich war nur Zuhause und ging nie irgendwo hin, keine Partys, keine Discos.
Natürlich hatte ich aufgrund der Epilepsie immer eine Ausrede parat. Kein Blitzlicht, mindestens 8 Stunden Schlaf, ...

Als ich 18 wurde hatte ich eine Woche nach meinem Geburtstag einen schweren Mofa-Unfall.
Ich fuhr frontal und ungebremst in einen stehenden LKW.
Ich hatte großes Glück und bis auf ein paar Knochenbrüche und ein paar inneren Verletzungen nichts ernstes.

In der Zeit des Krankenhausaufenthaltes lernte ich viele Menschen kennen.
Diese Menschen schafften es mich dazu zu überreden, sobald ich körperlich dazu in der Lage wäre, mal mit ihnen in eine Disco zu gehen.

Und siehe da: Ich hatte großen Spass anstatt Angst.

Von da an ging ich regelmäßig raus, auf Partys, in die Disco, ich war rückblickend regelrecht süchtig danach!

Mir ging es zu dieser Zeit richtig gut, auch die Epilepsie war nicht mehr da.
Andererseits begleitete mich die Angst auch in dieser Zeit.
Ich konnte niemanden meine Meinung sagen weil ich Angst hatte denjenigen damit zu verletzen.
Weiters konnte ich nicht Nein sagen, aus den selben Gründen.

Aber oberflächlich betrachtet ging es mir richtig gut.

Dann lernte ich ein nettes Mädchen kennen welches kurz darauf meine Freundin war.
Es ging mir ja schon vorher richtig gut. Aber es gab noch eine gewaltige Steigerung!

Ich war verliebt bis über beide Ohren, konnte mein Glück kaum fassen, ich schwebte förmlich.
Mein Ziel war erreicht, so fühlte ich.

Ich war bereit alles für sie zu machen - und tat es auch.

Dann aber wurden mir oben erwähnte Probleme zum Verhängnis.
Ich wollte ihr nie meine Meinung sagen weil ich jeglichen Anlass zu einem Streit verhindern wollte. Ich liebte sie doch so sehr!
Ich bekam dann auch noch mit wie sie mich mit einem anderen betrog, ich erwischte die beiden inflagranti.

Ich war richtig fertig, vergab ihr aber der Liebe wegen.

Innerlich konnte ich das aber nicht verarbeiten.
Knapp ein halbes Jahr danach war dann plötzlich die Epilepsie wieder da.
Ein Grund für sie mich zu verlassen.

Da war ich nun, komplett am Boden zerstört. Mein über knapp 7 Jahre erschaffenes Leben - einfach weg.
Freundin weg, Führerschein weg, Job weg. Epilepsie da.

Ich habe mir dann eine neue Wohnung gesucht und lebe seither alleine.

Habe wieder einen Job in den ich irgendwie meine ganze Energie stecke.
Ich gehe nicht aus, möchte mich aber weiterbilden - und lasse es dann weil ich / mein Gefühl mir sagt daß ich es nicht schaffen werde.

Vor allem aber beherrscht die Angst meine Gedanken.
Ich denke den ganzen Tag über irgendwelche Sachen nach und habe dann auch immer passende Ausgangsszenarien parat.
Ich berechne immer in Gedanken mögliche Risiken und damit verbundene Horrorszenarien.

Ich lasse auch niemanden an mich ran und gebe nach aussen immer den ruhigen, optimistischen Typ.
Das geht soweit daß ich sagen kann, ich bin mir sicher, niemand kennt mich wirklich.
Auch meine Familie nicht, teilweise bin ich mir selber nicht mehr sicher was jetzt real an mir ist.

Und das macht mir auch Angst. Ich würde mich wirklich gerne einem anderen Menschen komplett öffnen.
Ich habe es auch schon mehrmals versucht, mit lieben Freunden bei denen ich mir sicher sein könnte daß sie mich auch so mögen wie ich wirklich bin.
Ich schaffe es aber nicht.
Die Angst ist trotzdem immer präsent, wie werden sie reagieren, wie werden sie mich danach sehen. Und dann lasse ich es und gebe wieder falsche Informationen über mich preis.

Ich war auch schon bei mehreren Psychologen und im Zuge der Epilepsie (die nach wie vor da ist) auch bei einigen Psychatoren.
Ich kann mich nicht preisgeben, egal wie sehr ich es auch versuche.

Nach einem meiner letzten epileptischen Anfälle (vor ca. 6 Monaten) war nach dem Krankenhausaufenthalt irgendetwas anders.
Ich kann sagen ich hatte keine Angst mehr.
Keine Angst davor was andere denken, keine Angst davor was alles passieren könnte, keine Angst vor dem Sterben.

Dieser Zustand war irgendwie schön, ich fühlte mich auf eine komische Art frei!

Die Begleiterscheinungen dieses Zustandes waren eher weniger schön.
Ich hatte in dieser Zeit unter anderem ein völlig verändertes Schmerzempfinden.
Das animierte mich irgendwie dazu etwas an mir zu experimentieren...
Die andere Sache war die daß ich komplett unfähig war Emotionen zu empfinden. Ich konnte weder lachen noch weinen. Ich empfand einfach nichts.

Dieser Zustand war dann irgendwann wieder weg.

Zum Schluss bleibt vielleicht noch zu schreiben daß ich liebend gerne einen Neuanfang in meinem Leben starten würde.
Dafür fühle ich mich aber einfach zu schwach, nervlich nicht stark genug.


So, soviel zu mir und meinem Leben.

Danke für´s lesen des langen Textes!


Grüsse, Andreas

15.06.2013 00:15 • 15.06.2013 #1


4 Antworten ↓


Schön das du das alles so reflektierst

A


Meine Geschichte (langer Text!)

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Hallo, Andreas,

was meinst Du damit, dass Du wegen Deines veränderten Schmerzempfindens angefangen hast, an Dir zu experimentieren?
Ritzt Du Dich oder ähnliches? Wenn das so wäre, solltest Du aber ganz dringend in richtige Therapie gehen!

Nimmst Du Medikamente gegen Deine Epilepsie?
Wenn ja: Wie sind da die Nebenwirkungen- vielleicht auch Ängste?

Andersherum- könntest Du was gegen die Ängste neben dem Mittel gegen die Epilepsie nehmen, oder vertragen sich die nicht?

Weiss man in Deiner neuen Arbeit von Deiner Epilepsie? (Wenn nicht, könnte das auch wieder ein Angstfaktor sein, dass sie drauf kommen könnten...?)
Wenn sie es nicht wissen- gibt es einen Betriebsrat, mit dem Du erst mal reden könntest?

Grundsätzlich verstehe ich, dass Du unsicher bist, ob Du es Deinen Freunden sagen sollst.
Aber andererseits: Wenn es wirkliche Freunde sind, werden sie Dich weiterhin so mögen, wie Du bist, inclusive Deiner Probleme- und wenn nicht, kannst Du sie eigentlich sowieso vergessen...

Apropos vergessen- sei bloss froh, dass Du diese schreckliche Frau los bist- erst betrügt sie Dich, Du bleibst dennoch bei ihr, und dann verlässt sie Dich, weil Du gesundheitliche Probleme hast... Pfui, wie übel ist das denn?!

Du bist ein junger Mann mit Grips und Gewissen und Gefühl, 100%ig läuft Dir noch eine bessere Frau über den Weg, die Deine Vorzüge sieht und Dich so liebt, wie Du bist!

Ein schönes WE!

Hallo Mahabharata!

Nein, ritzen oder ähnliche Verstümmelungen mach ich nicht.
Es war halt so, mal mit der Faust gegen eine Mauer schlagen und sehen ab wann es weh tut...
Im Prinzip, wenn man es so sagen will, war es halt ein Austesten ab welchem Zeitpunkt der Schmerz da ist.

Ändert nichts an der Tatsache das auch das etwas krank ist.
Aber zu diesem Zeitpunkt, wenn man sich selber nicht richtig spürt, für mich jedenfalls irgendwie, ähm, notwendig?

Zur Epilepsie: Ich bin medikamentös eingestellt und momentan anfallsfrei.
Die Nebenwirkungen des Präperates sind hauptsächlich Müdigkeit, Antriebslosigkeit und in seltenen Fällen Depressionen.

Und ich will eigentlich wegen den Ängsten keine Medikamente nehmen.
Die Möglichkeit würde es sicherlich geben, sollte meinerseits aber eine der letzten Möglichkeiten darstellen.

In meinem Job weiss man von der Epilepsie, ich habe mir die letzten Jahre nach und nach mehr Einsatzmöglichkeiten erarbeitet.

Der Angstfaktor zur Epilepsie ist definitiv ein sehr hoher. Wenn man bedenkt daß 1 Anfall sovieles zerstören kann.
Es wirft mich jedesmal total aus der Bahn, das können oder wollen viele Menschen nicht verstehen.

Ein erwähnenswerter Faktor ist natürlich auch der, daß ich mich bis heute nicht mit der Epilepsie abgefunden habe.
Das macht es natürlich bei einem neuerlichen Anfall für mich nicht leichter.

Der Punkt ist halt der, ich weiß das die Epilepsie keine körperlichen Ursachen hat.
Es handelt sich lediglich um eine Überlastung.

Ich war schliesslich über 8 Jahre anfallsfrei, ohne Medikamente. Ich weiß also daß es auch anders funktioniert.
Wenn ich eine körperlich bedingte Epilepsie hätte müsste ich mich wohl oder übel damit abfinden.
Aber so fällt es mir halt schwer, oder besser: Ich weigere mich.

Angst habe ich aber auch weil ich mich, wenn mich jemand darauf anspricht, schwach fühle und richtig aggressiv reagiere.
Es ist einfach ein großer wunder Punkt.

Zur Beziehung: Ich habe sehr lange nur ihr die Schuld gegeben. Das war aus meiner (jetzigen) Sicht aber nicht richtig.
Es braucht immer 2 Menschen zu einer Beziehung. Und vermutlich macht jeder auf seine Weise Fehler.
So hätte ich mich auch anders verhalten können. Fehler sind eben auch mal menschlich.

Und schlussendlich bringt es mich nicht weiter wenn ich mein Unglück nur an ihr festmache.

Wir hatten gemeinsam viele wunderschöne Momente, ich möchte diese Zeit nicht missen.
Ich hoffe sie ist jetzt glücklich und es geht ihr gut.

Zu den Freunden: Es sind wirkliche Freunde. Trotzdem schaffe ICH es nicht.

Ich habe in den letzten Jahren versucht mich zu finden.
Es ist noch ein weiter Weg für mich, aber ich habe gelernt die Dinge auch von anderen Seiten zu betrachten.

Eines sag ich dir: Wenn ich nur die Hälfte davon, was ich weiß, in mein Leben bringen könnte - ich wäre beschwerdefrei...


Ich wünsche gleichfalls ein schönes Wochenende!

Grüsse, Andreas

Wenn ich nur ein Viertel von dem, was ich weiss, in meinem Leben umsetzen könnte...

Schön, dass Du alles so reflektiert siehst und auch Deinen Frieden mit der damaligen Beziehung gemacht hast.
Sowas ist ja viel wert.
Wobei meiner Meinung nach unabhängig von zuvor schönen Zeiten oder auch Fehlern von Dir dennoch ihr Verhalten, Dich zu verlassen, als sie mit Deiner Epilepsie konfrontiert war, charakterlos war...

Hm, ich entwickele mich zur Zeit hier im Forum zur Fürsprecherin für Medikamente, obgleich ich eigentlich tatsächlich alles andere als das bin- aber ich finde halt, in bestimmten Fällen, wenn die Angst so das Befinden bestimmt, ist es besser, mal eine Zeit lang etwas zu nehmen, als sich selber so zu quälen...
Und, wie schon früher erwähnt, es gibt heutzutage wirklich neue Mittel, die nicht mehr abhängig machen und gut verträglich sind und einen auch nicht müde machen.
Aber das muss natürlich jeder selber für sich entscheiden, wieviel er sich selber zuzumuten bereit ist.

Du klingst so weise- und das meine ich ernst, nicht etwa spaßhaft!- ich traue Dir zu, dass Du es auch so eines Tages schaffst, den Befreiungsschlag zu machen, Deinen Freunden die Geschichte zu erzählen und Deine Epilepsie los zu werden!
Ich wünsch` es Dir jedenfalls und drücke die Daumen!





Mira Weyer
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