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Hallo ihr Lieben, bin auf der Suche im Netz auf dieses Forum gestoßen. Ich merke, dass in der letzten Zeit mit mir etwas nicht stimmt...weiß aber nicht so recht, an wen ich mich wenden soll, vlt. gibt es ja hier einen Arzt, der wenigstens ein wenig seine fachkundige Meinung dazu geben kann.

Alles fing bei mir mit enormen Magenproblemen an - hauptsächlich in den öffentlichen Verkehrsmitteln bzw. allg. an Orten, an denen es keine Toiletten gibt. Ich muss natürlich immer genau dann auf Klo. Wenn ich jetzt aufzählen würde, wie oft mich mein Körper in solchen Momenten so weit überwältigt hatte, dass ich vor innerem Leiden, Herzrasen und Schweißausbruch das Geschäft kaum noch zurückhalten konnte, wäre ich morgen noch nicht fertig. Ihr kennt das Gefühl sicherlich, man muss auf Klo, kann aber nicht und platzt jeden Moment. Auf Grund dessen fahre ich fast nur noch Regionalbahn, weil dann eben eine Toilette in der Nähe ist. Ist eine Toilette zugegen, bin ich auch total ruhig und muss mitunter gar nicht auf Klo. Dazu kommt noch, dass ich, wenn ich diese Anfälle (z.Bsp. in der S-Bahn) habe, ich auf die Toilette gehe und ich entweder gar keinen oder nur ganz wenig Stuhlgang habe, so dass es eigentlich kaum der Rede wert ist. Diese Angst begleitet mich nun an allen Orten, die ich nicht kenne. So hat es angefangen.

Nun möchte ich etwas persönliches erzählen, ich weiß nicht, ob das alle nachvollziehen können, aber es ist mir sehr wichtig. Ich habe den Wunsch im Herz katholischer Priester zu werden (bin 19 jahre alt). Ich weiß nicht, ob es jmd. sich vorstellen kann, wie es ist, wenn Gott das Herz eines Menschen entflammt und ihn zu einer engeren Nachfolge beruft - bei mir ist es so, ich erlebe gerade eine typische Berufung. Auf der anderen Seite habe ich eine Freundin, die ich auch sehr liebe. Klar ist, dass das nicht zusammen passt, wie ihr euch vorstellen könnt. Ich bin seit ca. 2 1/2 Jahren hin- und hergerissen zwischen diesen zwei Dingen: Ehe oder Priestertum. Mal ist es so, mal so. Viele Leute meinten, dass ich mich einmal entscheiden soll und muss, weil das auf Dauer auch nicht gut ist für mich, wenn ich nicht weiß wo ich hingehöre. Nur bin ich irgendwie nicht in der Lage diese Entscheidung zu treffen...ich kann irgendwie nicht. Jedoch begleitet mich dieses hin- und hergerissen sein nun schon seit vielen Monaten, ich mache bald Abitur und bin mit meiner Entscheidung noch keinen Schritt weiter, wie es dann eben weitergeht. Ich bin nur noch am Grübeln, abwägen und habe mir so über die Zeit einen enormen inneren Druck aufgebaut, mit dem ich nicht mehr so recht umzugehen weiß, ich bin regelrecht zerrissen innerlich.

Warum ich nun eigentlich schreibe ist, weil ich gemerkt habe, dass ich sozusagen im Daueralarm bin. Wenn ich mal zur Ruhe kommen will, geht das schon gar nicht mehr, weil mein Herz nicht aufhört, schnell und doll zu klopfen. Mein Körper kommt nicht mehr zu Ruhe, obwohl mein Geist es will. Gestern war ich mit meinen Eltern essen und wir sind Auto gefahren, das war ein Fortbewegungsmittel, mit dem ich sonst immer sehr gut klarkam, weil ich dort einfach meine Privatsphäre hatte und es ruhig war. Aber gestern hatte ich die selben Symptome (Herzklopfen, auf Klo müssen, Schweißausbrüche und ein allgemeines inneres Leidensgefühl) die ganze zeit im Auto. Ich war sehr schweigsam. Auch im Restaurant ging es mir so - und deshalb schreibe ich jetzt hier, weil das total erschreckend war für mich. Mit meiner Freundin mache ich auch schon kaum noch was, weil ich mich nicht an Orte traue, wo viele Menschen sind, immer habe ich Angst, dass mir etwas passieren könnte. Ich gebe zu, ich komme aus Berlin, dass ich eine ständige Angst davor habe, eins auf die Fresse zu bekommen von irgendwelchen aggressiven Spinnern, die hier zu tausenden rumrennen, obwohl mir noch nie was passiert ist.

So, das wärs erstmal fürs erste.



Also zusammengefasst:

+ ich muss andauern auf klo, wenn keins in der nähe ist und ich an ungewohnten orten bin
+ ich bin hin- und hergerissen wegen meiner zukunft, weiß nicht so recht, wo ich hingehöre
+ habe immer angst, dass mir was passieren könnte
+ hatte das ständige herzrasen, schweißausbrüche, unbestimmtes unwohlsein und leidensgefühl nun selbst im auto und in der gaststätte
+ gehe kaum noch weg
+ komme nicht mehr zur ruhe


Ich schreibe es hier, weil die normalen Symptome einer Agoraphobie nur zur HÄlfte zutreffen und auch andere Tests nicht wirklich passen. Ich würde gern wieder, dass sich alles beruhigt und ich normal leben kann. Gibt es da Möglichkeiten? Bitte helft mir.

Liebe Grüße!
A1

PS.: Meine Hausärztin diagnostiszierte zu hohen Stress - bzw. Dauerstress und verordnete mir gegen die Magenprobleme omeprazol-biomo um meinen Magensäurehaushalt wieder in Ordnung zu bringen. Das funktioniert auch rel. gut, macht aber nichts gegen die Restsymptome...

02.11.2008 12:24 • 02.11.2008 #1


Hi,

wenn man eine Diagnose stellen wollte, wäre Agoraphobie schon passend. Kennzeichen ist die Angst vor und in der Folge das Meiden von Situationen, in denen man irgendeine Art von Kontrollverlust erlebt hat oder nur befürchtet - Kontrolle über das Verhalten, die Gefühle oder eben Körperfunktionen. Und es ist typisch, dass mit der Zeit immer mehr Situationen hinzu kommen, dass man folglich immer weniger unternehmen kann bzw. Unternehmungen zunehmend mit Stress verbunden sind.

Die dauernde Anspannung, die Zukunftssorgen und die Angst, Dir könnte etwas passieren, passen ins Bild einer Generalisierten Angststörung. Die zeichnet sich durch übertriebene und ständige Sorgen und Grübeleien darüber aus, was mit einem ständig erhöhten, auch körperlichen Anspannungsniveau einhergeht.

Was tun? Als erste Maßnahme empfehle ich Dir die Lektüre von Doris Wolfs Ängste verstehen und überwinden. Oder arbeite Dich durch diese Internetpräsenz mal durch, da sind viele, sehr hilfreiche Tipps und Erklärungen. Bei den agoraphobischen Ängsten wird es darum gehen, richtig einzuschätzen, ob Deine Befürchtungen realistisch sind. Da Du anscheinend keine schwere und chronische Darmerkrankung hast, werden sie einer solchen Prüfung kaum standhalten. Und dann wirst Du wieder üben müssen, das zu tun, was Du jetzt vermeidest. Je früher, desto besser. Auch bei der Generalisierten Angststörung geht es um realistische Einschätzungen. Wie wahrscheinlich ist es, dass ausgerechnet Du angegriffen wirst? Könntest Du Dich wehren/Dir Hilfe holen/die Situation sonstwie entschärfen? Welchen Nutzen haben die Sorgen? Was ist mit dem Priesteramt? Musst Du das wirklich jetzt schon entscheiden? Doch wohl nicht. Es kann natürlich sein, dass Deine Freundin auf eine Entscheidung drängt, aber wäre das für den enormen Druck verantwortlich? Du schreibst von Ehe oder Priestertum, nicht von der Entscheidung zwischen dieser einen Frau, der großen Liebe, und dem Priestertum... Das mit der Berufung kann ich weder einschätzen noch nachvollziehen. Es wäre sicher sinnvoll, wenn Du mit jemandem darüber reden würdest, der es nachvollziehen kann - mit einem oder auch mehreren Priestern oder Ordensbrüdern. Vielleicht auch mit katholischen Theologen, die vor derselben Entscheidung gestanden und sich gegen das Priesteramt entschieden haben - da dürften sich unter Religionslehrern und Unidozenten ein paar finden.

Und überhaupt: Reden hilft, wie Dir von der Beichte her bekannt sein dürfte. Im Zweifelsfall solltest Du hier aber einen psychologischen Psychotherapeuten zu Rate ziehen, wenn Du allein bzw. mit dem o.g. Lesestoff nicht klar kommst.

Liebe Grüße
Christina




Mira Weyer
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