Hallo Freunde,
nach längerer Zeit melde ich mich nun wieder zurück. Ich möchte euch meine Sichtweise auf die Dinge geben, wie sie sich verändert haben, was ich auf meiner Reise gelernt habe und wie ihr mit eurer Angst umgehen könntet.
Zuerst mein aktueller Stand:
Wow, hat sich viel verändert. Es ist mir erst nicht richtig aufgefallen, aber wenn ich meine heutige Situation mit der zum Ausbruch meiner Angst vergleiche, dann liegen doch schon Welten dazwischen.
Ich bin an einen Punkt gelangt, an dem ich sagen kann, dass ich akzeptiert habe, dass alles, was aktuell mit mir geschieht, der Angst und meinem Verhalten zu verdanken ist. Ich rede mir nicht mehr ein, dass diese Symptome vielleicht doch ein Teil einer schweren Krankheit sein könnten.
Was ist alles passiert?
Nun, eine Menge. Um es so gut wie möglich zusammenzufassen: Zuerst brauchte es Überzeugungsarbeit und eine Veränderung meiner falschen Glaubenssätze und den daraus resultierenden schlechten Angewohnheiten.
Der erste Schritt zum Lösen der Angst war es, aufzuhören, ständig meinen Körper zu überprüfen. Das ist weder ein unlösbarer Zwang noch eine körperliche Notwendigkeit, sondern lediglich ein zu der Zeit des Ausbruchs angelerntes Fehlverhalten.
Als ich aufhörte, ständig meine Symptome zu überprüfen, wurde mein Alltag deutlich angenehmer.
Der nächste Schritt war es, nicht mehr in Foren nach Mitgefühl zu suchen, sondern Menschen zu finden, die bereits eine Angststörung nachhaltig und erfolgreich überwunden haben. Es hilft durchaus, sich ein Vorbild zu suchen, gerade bei so etwas. Diese Menschen überwanden ihre Angststörung alle auf unterschiedliche Weise, aber ich bemerkte, dass sie dennoch grundlegende Dinge gemeinsam hatten bzw. richtig gemacht haben.
Der Schlüssel liegt wohl in der Akzeptanz.
Das war auch der nächste Schritt. Durch Zufall stieß ich auf Shan Kassam auf YouTube (das hier ist definitiv keine Werbung, aber dennoch). In seinen Videos lernte ich viel über Akzeptanz. Das Wichtigste: Akzeptanz ist weder ein aktiv steuerbarer Prozess, noch ist das etwas, was von einem Tag auf den anderen passiert. Zusammengefasst ist Akzeptanz das Resultat, wenn man aufhört zu widerstehen. Denn das ist im Endeffekt wirklich das, was die Angst und damit die Symptome aufrechterhält.
Der nächste Schritt war also, aufhören zu widerstehen. Ich freundete mich mit dem Gedanken ab, die Symptome und Empfindungen/Gefühle für den Moment zu haben. Glaubt mir, sie waren schrecklich, aber irgendwie akzeptiere ich das. Es ist okay und bringt euch nicht um, sich dagegen zu wehren, bringt im Endeffekt jedoch genau das Gegenteil des Gewollten. Glaubt mir, fangt ihr an zu akzeptieren, dann verschwinden eure Symtpome. Aber das die Symptome verschwinden, sollte nicht euer Ziel sein für Akzeptanz!
Meine aktuellen Symptome interessieren mich nicht mehr. Faktisch geht es mir deutlich besser, und ich bin viel seltener auf Foren unterwegs (fast nie), weil ich es einfach irgendwo vergesse. Ich habe mein Leben wieder im Griff und eine Menge zu tun, sodass ich fast keine Zeit mehr für die Foren habe, dennoch halte ich mich an mein Versprechen. Mir geht es aktuell wirklich gut. Klar, ich habe immer noch Symptome, aber es fällt mir von Tag zu Tag leichter, sie zu akzeptieren, mich nicht dagegen zu wehren. Wenn ich eine bestimmte Stärke beschreiben müsste, dann hat sich die Intensität ALLER Symptome bei WEITEM reduziert. Manche Symptome sind sogar komplett verschwunden (bis auf gelegentliche kurze Wiederholungen, aber sehr selten).
Ob ich noch Panikattacken hatte?
Tatsächlich ja, aber keine, die mir Angst gemacht haben. Sie treten so selten auf und kommen fast gar nicht mehr vor. Selbst wenn sie kommen, fällt es mir wirklich einfach, sie einfach zu erleben. Ich sehe sie nicht mehr als etwas Gefährliches, sondern wirklich nur wie eine Empfindung. Intensiver, aber nicht anders als beispielsweise das Gefühl von starkem Wind auf der Haut (falls das ein sinnvoller Vergleich ist).
Es gibt mittlerweile echt viele Zeiten, wo ich nichts habe. Wirklich, es kommt daher, dass es mich einfach nicht mehr großartig interessiert. Mein Problem war zusätzlich, dass ich mich sehr zu meinem alten Ich hingezogen fühlte. Das tue ich nicht mehr. Ich bin eine souveränere, stärkere und selbstbewusstere Person als früher und sehe dieses Angstkapitel in meinem Leben als eine Herausforderung, ein Geschenk, das mich stärker gemacht hat.
Ah ja, ein Symptom geht merklich nicht ganz weg (was ja auch nicht das Ziel sein sollte), aber mittlerweile wird es viel weniger, und das ist ganz typisch. Viele Menschen, die die Angststörung überwunden haben, berichten davon, dass das erste Symptom, das einen quasi in die Angstspirale geführt hat, am längsten bleibt. Bei mir war es dieses tiefe Atmen. Lustigerweise habe ich erkannt, dass dieses tiefe Einatmen absolut keine körperlich essenzielle Voraussetzung ist, sondern nicht mehr und nicht weniger als genau so eine Angewohnheit. Ein Zwang. Ich habe mir diesen Zwang zur Kontrolle meiner Vitalwerte damals antrainiert und dies immer wieder gemacht, wenn ich Sicherheit brauchte. Das ist etwa equivalent dazu, sich ständig Absicherung von einem Arzt zu holen. Tja, allen meinen Symptomen darf ich mich für den Moment einfach nicht widersetzen. Den Drang tief einzuatmen muss ich schon widerstehen, und siehe da: Es funktioniert. Mit jedem Tag, an dem ich diesem Drang nicht nachgebe, wird er immer seltener.
Habe ich also noch Symptome?
Ja, aber in ihrer Intensität um Welten weniger, und teilweise sind diese sogar komplett verschwunden. Ich fühle mich sehr gut und komme echt gut klar. Ich habe aufgehört, mich zu wehren, meine tiefenpsychologische Therapie ist ebenfalls in 5 Tagen abgeschlossen, und ich habe meinen Weg aus dem Studium (nach erfolgreichem Abschluss) angesteuert und fühle mich so langsam richtig bereit und aufgeregt.
Zusammengefasst Hinzugefügt:
- Hört auf zu Copen. Es geht um die komplette Überwindung, nicht um kurzfristige Erleichterung
- Hört auf eure Symptome wegzuwünschen. Das Wehren gegen eure Symptome, hält die Symptome aufrecht
- Lebt euer Leben, akzeptiert für den Moment wenn ihr Angst habt und eure Symptome da sind, aber geht nicht länger darauf ein. (Nicht ignorieren, lebt neben diesen)
- vergleicht euch nicht. Ihr seid nicht die, mit der schlimmsten Angststörung von allen bzw. sollte es euch egal sein. Ihr müsst nicht in die Opferrolle rein. Ihr seid stark! Euer Körper ist stark. Vertraut euch selbst. Fokussiert euch lieber auf euer schönes Leben
- studiert euch. Übertreibt es nicht, aber kümmert euch etwas um euch. Ihr findet vielleicht sogar selbst raus, wie ihr euch wieder mehr vertraut und was euch gut tut und was nicht
- gebt euch Zeit! Habt Geduld. Ganz ganz wichtig. Euer Körper (Nerven) sind hyperstimuliert/sensibilisiert. Euer Körper erholt sich 100% davon, glaubt mir. Aber es dauert. Es kann lange dauern. Setzt euch kein Zeitlimit
- Rückfälle gehören dazu! Sie werden kommen, ihr seid NICHT wieder ganz am Anfang, das gehört dazu! Gerade in Rückfällen, also wenn eure Angst und Symptome plötzlich per Einschlaghammer zurückkommen, passieren die größten Fortschritte, da ihr da unter Beweis stellen könnt, ob ihr richtig darauf reagiert.
Ich wünsche euch das Beste
Irgendwann blicke ich zurück auf dieses Kapitel meines Lebens und kann mich darüber freuen. Bei irgendwelchen neuen Dingen melde ich mich zurück. Stellt gerne Fragen, ich versuche sie alle zu beantworten!
01.02.2024 21:48 •
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