Ich lese schon seit einiger Zeit hier in diesem Forum und bin erstaunt wieviele Leidensgenossen es gibt. Nun hab ich mich endlich dazu überwunden auch mal meine Geschichte zu erzählen.
Ich bin weiblich, 59 Jahre alt, verh. und habe zwei erwachsene Töchter.
Meine Misere begann vor ca. zwanzig Jahren, es wurde eine generalisierte Angststörung diagnostiziert. Ich hatte wie aus dem nichts diffuse körperliche Symptome wie Schwindel, zittern, kribbeln, Beklemmung, innere Unruhe bis hin zu gelegentlichen Panikattacken. Mir wurde damals der Boden unter den Füßen weggezogen, ich hatte die totale Angst richtig schlimm krank zu sein.
Nach einem Ärztemarathon wurde dann gesagt alles psychisch, ich konnte das erst gar nicht glauben, bin wie gesagt von einem Arzt zum Nächsten gerannt und alle sagten mir dasselbe. Von einem Neurologen und Psychologen habe ich ein Medikament verschrieben bekommen (weiß nicht mehr welches), das habe ich dann eine Zeit lang genommen. Und als ich die Diagnose hatte und verinnerlicht hatte dass ich organisch gesund bin, ließen die Beschwerden langsam nach. Die Krankheit ist nie ganz verschwunden aber ich hatte die ganzen Jahre nur ganz wenige bis gar keine Symptome, war fast immer beschwerdefrei und konnte gut damit leben.
Bis zum Oktober 2013. Da ist mein Vater seinem schweren Krebsleiden erlegen. Das war eine sehr schlimme Zeit und hat mich schwer traumatisiert. Kurze Zeit darauf kamen die Symptome wieder. Diesmal etwas anders. Ich bekam quasi über Nacht ganz schlimme innere Unruhe, ich hatte das Gefühl permanent unter Strom zu stehen und konnte oft gar nicht still sitzen, musste mich ständig bewegen um die Unruhe irgendwie abzuschütteln. Dann gesellte sich die Schlaflosigkeit dazu. Das kannte ich bisher noch nicht. Früher konnte ich, auch wenn die Symptome noch so schlimm waren, immer gut schlafen. Auf einmal ging das nicht mehr, nur noch Unruhe und in der Nacht auch, was mich nicht oder nur kaum schlafen ließ. Ich war bald mit meinen Kräften am Ende und nervlich völlig fertig. Ich bin dann zu meiner Hausärztin gegangen, die mir erstmal Opipramol verschrieb und mir aber auch riet mich einer Psychotherapie zu unterziehen. Zum Glück ging es mir dank Opi rasch etwas besser und ich konnte auch wieder besser schlafen. Ich habe aber dennoch eine Psychologin aufgesucht, auch eine sehr nette gefunden , die mir wirklich sehr, sehr geholfen hat. Ich war ein gutes Jahr bei ihr in Verhaltenstherapie, habe auch progressive Muskelentspannung gelernt. Es ging mir wieder richtig gut und die schlimme Zeit war schnell vergessen.
Dann kam der Rückschlag im Oktober 2017.
Ich hatte einen Unfall, bin in unserer Tiefgarage so unglücklich gestürzt, dass ich mir den linken Oberarm regelrecht zertrümmert hatte. Ich musste operiert werden, mir wurde eine Platte eingesetzt (die Angst vor der OP war der blanke Horror für mich). Zum Glück ist alles gut gelaufen und der Arm ist wieder ganz in Ordnung. Aber der Unfall und die ganze Angst drumherum hatte mich wieder total traumatisiert, bald fingen wieder Symptome an. Diesmal mit diffusen Magenbeschwerden, im Verlauf dann auch auch wieder Angst, Unruhe, Schlafstörungen und Katastrophengedanken. Wieder Arzt, Bestätigung dass nichts organisches ist, sondern nur die Psyche. Bin wieder bei meiner Psychologin gelandet (diesmal konnte ich ganz schnell mit einer sogenannten Akuttherapie anfangen). Sie fand heraus, dass ich aufgrund des Unfalls eine posttraumatische Belastungsstörung erlitten hatte, dazu gesellte sich dann noch eine mittelgradige Depression. Ich bekam dann als Medikation morgens Sertralin und abends Opipramol. Auch diesmal bin ich aus der Misere ziemlich schnell wieder heraus gekommen, nach ca. vier Monaten ging es mir wieder ganz gut und ich war so froh.
Leider fing der ganze Mist vor zwei Monaten wieder an. Es begann total schleichend, in der Zeit als es so heiss und schwül war habe ich immer wieder furchtbar geschwitzt (tu ich sowieso wegen der Wechseljahre) aber ich habe mich da total reingesteigert, dachte, dass kann doch nicht normal sein, angefangen zu googeln und hab dann schnell Herzkrankheiten gefunden und mir eingeredet, ich hätte was am Herzen. Und zack: plötzlich ein neues Symptom: Herzstolpern! Das hat mich völlig aus der Bahn geworfen, ich war am Boden zerstört und dachte ich bin schlimm krank. Schnell gesellten sich die anderen Symptome (Schlafstörungen und Unruhe) wieder dazu und ich war in dem verdammten Angstkteisel gefangen. Bin dann panisch zum Arzt, alles abgecheckt, einschließlich Langzeit EKG mit dem Ergebnis keine organische Störung. Es sind nur harmlose extrasystolen, die mehr oder weniger jeder hat, nur die meisten merken davon nix. Nachdem meine Ärztin mir das alles ausführlich erklärt hatte und mir versichert hat dass ich ganz bestimmt nicht herzkrank bin, war ich sehr erleichtert und komischerweise wurde das stolpern weniger und jetzt merke ich gar nichts mehr. Das sollte mich doch eigentlich sehr freuen, aber blöderweise hat sich die Angst wohl wieder so gefestigt, dass ich immer noch schlecht schlafe und auch die Unruhe immer wieder kommt. Dazu habe ich auch immer noch Angstgefühle, Katastrophengedanken und bin dadurch in meinem Alltag ziemlich eingeschränkt weil ich die Gedanken und auch die Angst vor der Nacht nicht abschütteln kann. Daher hab ich gestern bei meiner Psychologin angerufen und sie gebeten wieder zu ihr kommen zu dürfen. Zum Glück habe ich nächsten Dienstag schon das erste Gespräch, das gibt mir ein wenig Sicherheit. Dann war ich gestern morgen auch nochmal bei meiner Hausärztin um mir wieder Opi verschreiben zu lassen; ich will eigentlich gar keine Medikamente nehmen aber ich merke dass es mir hilft.
Nun hoffe ich sehr, dass ich rasch wieder in die Normalität zurück finde. Letzte Nacht habe ich zum Glück für meine Verhältnisse ganz gut geschlafen und da geht es mir nervlich ein klein wenig besser.
Ich mache auch seit kurzem Meditation, habe mir da einiges aus dem Netz rausgesucht und ich finde dass es mir guttut. Ich mache das zweimal am Tag, es klappt zwar nicht immer aber man muss am Ball bleiben. Es hilft mir, ruhiger zu werden und auch die dazugehörigen Atemübungen können mich gut runterfahren.
Was macht ihr so um euch zu beruhigen?
Ach, der Text ist jetzt doch sehr lang geworden, sorry. ich hoffe, es liest ihn trotzdem jemand.
Eins muss ich noch sagen: Ich habe zu meinem großen Glück einen sehr verständnisvollen Partner, der immer für mich da ist und immer ein offenes Ohr für mich hat. Das tut mir sehr gut, ich wüsste nicht was ich ohne ihn täte.
So, das war es jetzt aber wirklich, es hat gutgetan, sich alles mal von der Seele zu schreiben. Ich hoffe auf Austausch, vielleicht kann ich ja auch dem ein oder anderen Tipps oder Ratschläge geben.
Ich wünsche allen hier einen angstfreien Tag.
LG Petrella
10.09.2019 11:06 • • 11.09.2019 x 2 #1