Als jemand der Flugangst hat, hier meine Erfahrungen von meinem einzigen Flug bisher:
Flugangst zu haben ist nichts schlimmes oder verwerfliches, im Gegenteil. Viele Menschen, auch wenn sie viel fliegen, haben ein mulmiges Gefühl in ein Flugzeug zu steigen. Meine Frau möchte so gerne irgendwo hin fliegen und fühlt sich durch mich und meine strikte Ablehnung ein Flugzeug zu besteigen in ihren Urlaubsmöglichkeiten eingeschränkt. Irgendwann dann habe ich den Entschluss zu einem Selbsttest gefasst und habe ein Ticket für mich von Düsseldorf nach München hin und zurück gebucht. Ich habe mir in der Zeit bis zum Tag des Flugs alles mögliche ausgemalt. Flugzeugabsturz, Enge, was passiert wenn ich mittendrin ausflippe usw. Als Kind bin ich nie auf eine Achterbahn gegangen, da ich wahnsinnige Angst davor hatte. Ewig lang hat man im Freizeitpark an der Schlange gestanden und wenn es ans einsteigen ging, habe ich gekniffen. Dieses Verhaltensmuster drohte mir dann natürlich auch beim bevorstehenden Flug. Ich finde es schlimm irgendwo drin zu stecken, worüber ich keine Kontrolle habe. Obwohl ich als IT'ler sehr technikaffin bin, vertraue ich der Technik nie 100%. Trotzdem bin ich zum Flughafen gefahren. Check-In, dann warten bis das Boarding losging, glücklicherweise hatte ich zwei Leute im WhatsApp mit denen ich Kontakt gehalten und über meine Empfindungen sprechen konnte (meine Frau sollte es später als Überraschung erfahren).
Dann gings los, als Nichtflieger hat man sich den Flieger natürlich größer vorgestellt. Aber Inlandsflüge nutzen meist nur die Ölsardinen. Daher war es sehr beengt und wirkte wie eine Cessna (war eine Boeing 737). Ich hatte einen Fensterplatz, neben mir 2 Plätze frei die auch prompt befüllt waren. In dem engen Sitz hatte man auch nicht sonderlich viel Spielraum, es war also soweit, dass ich in der Situation gefangen war. 20 Minuten hat es gedauert bis die Türen geschlossen wurden und der Flieger zur Startbahn rollte. Auch hier, die ganze Zeit Angst vor einem Panikausbruch, mein Herz pochte, konnte mich aber soweit im Griff behalten. Keiner merkte etwas. An der Startbahn angekommen setzte die Beschleunigung ein, man wird in den Sitz gepresst und hat ansich keine Zeit sich über seine Gefühle klar zu werden, außer: Okay, das musst du jetzt aushalten. Was soll passieren?
Der Flieger hob ab, ich schaute raus, das Gefühl war merkwürdig, unwirklich und doch irgendwie beruhigend. Kurz ins Smartphone geschaut und wieder aus dem Fenster und alles war schon so unfassbar winzig von da oben. Und plötzlich war die Anspannung weg. Auf Reisehöhe und den angepeilten 780 km/h fühlte sich das nur noch an wie in einem Reisebus. Ich war stolz auf mich, endlich dieses Kapitel einmal durchgelebt zu haben. Kaum 45 Minuten später, ging es auch schon wieder abwärts um in München zu landen. Als Erstflieger sind die Kräfte und Gefühle auf den Körper äußerst ungewöhnlich und unvorbereitet kann es für ängstliche Personen schon bedrohlich wirken. Ist es aber nicht. Man muss es nur erlebt haben.
Ich würde jetzt nicht sagen, dass mir der Trip die Flugangst genommen hat. Aber man weiß nun worauf man sich einlässt und kann ein wenig entspannter mit der Situation umgehen. Das wichtige ist, dass man sich nicht selbst unter Druck setzt. Nicht gerne zu fliegen ist keine Schande. Auch ich nutze nach wie vor die Möglichkeit eines Autos um irgendwo hin fahren zu können. Sollte es aber mal nach Schottland gehen, dann werde ich wieder in einen Flieger steigen müssen. Und genau dafür habe ich das gemacht. Ich kann mich dann eher auf die Tage in der Ferne freuen, als dauernd dran zu denken wie fliegen sein wird und wieviel Angst mir das machen könnte.
Fazit: Tu es. Danach kannst du dich noch immer entscheiden ob du davor Angst haben möchtest oder nicht.
02.05.2016 11:11 •
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