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Hallo,

bei mir lief es jahrelang nicht so toll, bis ich mich beruflich als Selbständiger etabliert hatte. Jetzt bin ich endlich da angekommen, dass ich keine existenzbedrohenden Schulden mehr habe. Dafür habe ich mich jahrelang abgerackert. Dann kommt Corona dazwischen und sorgt dafür, dass das Projektangebot, was in den letzten 12 Monaten richtig gut war, regelrecht implodiert ist. Diverse Agenturen, die mich mit Projekten versorgt hatten, raten mir um Gottes Willen da zu bleiben, wo ich bin, denn danach wird wohl nichts mehr kommen. War zwar nicht so abrupt wie bei diversen Künstlern, die jetzt keine Auftritte mehr haben, oder Privatlehrern, die nicht mehr unterrichten durften, aber bei mir kommt es zeitversetzt. Ich hatte das letzte Projekt kurz vor dem Lockdown abgeschlossen, als bei Kollegen schon abgeschlossene Verträge storniert wurden. Ich bin ausgerechnet in eine Branche gegangen, deren Geschäft damals schon absehbar zusammenbrach. Genauer gesagt im Messebau.

Die ganzen Mitarbeiter dort sind mit wenigen Ausnahmen in Kurzarbeit. Ich weiß nicht, wie lange das maximal geht, aber ein Großteil davon wird wohl in die Arbeitslosigkeit geschickt, Ich frage mich, was auf die gesamte Gesellschaft da für ein Tsunami zurollt. Das kann in dem gigantischen Maßstab nicht folgenlos bleiben. Ich lese in der Zeitung, dass die Sparkasse der nächstgelegenen Großstadt Tausende Kredite für drei bis 9 Monate tilgungsfrei gestellt hat. Aber was ist danach, und wann fangen die ersten Banken an, zusammenzubrechen? In der Finanzkrise ging das doch innerhalb kürzester Zeit.

Ich habe keine konkreten Angst- oder Panikattacken. Nur massive Schlafprobleme, weswegen ich schon einige Tage ausgefallen bin. Warum musste mir das in die Quere kommen?

14.06.2020 22:33 • 22.08.2020 #1


8 Antworten ↓


Ich glaube das fragen sich sehr viele im Moment. Hast du denn Alternativen um über die Runden zu kommen? Bzw die Zeit überbrücken?
Ich bin mir ziemlich sicher dass es der Wirtschaft bald wieder besser gehen wird. So wie man es sieht in den Nachrichten läuft ja bald alles wieder wie vor Corona auch.

Hast du die Möglichkeit umzusatteln? Also andere Projekte in deinem Arbeitsbereich?

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Existenzangst und Wirtschaftlicher Kollaps durch Corona

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Ja,ich verstehe dich .
Wie das fuer Selbstaendige aussieht ,will ich mir gar nicht vorstellen,wie die ihre Einkommensverluste wieder aufholen sollen.
Koenntest du in ein Angestellenverhaeltnis wechseln?

Zitat von Safira:
Ich glaube das fragen sich sehr viele im Moment. Hast du denn Alternativen um über die Runden zu kommen? Bzw die Zeit überbrücken?Ich bin mir ziemlich sicher dass es der Wirtschaft bald wieder besser gehen wird. So wie man es sieht in den Nachrichten läuft ja bald alles wieder wie vor Corona auch.Hast du die Möglichkeit umzusatteln? Also andere Projekte in deinem Arbeitsbereich?

Ich habe mir für morgen vorgenommen, alle Agenturen anzurufen. Ich kann kurzfristig noch was mit der Mehrwertsteueränderung machen, denn viele Unternehmen brauchen da Unterstützung. Und danach könnte ich mich bei Insolvenzverwaltern anbieten.

Zitat von Mariebelle:
Ja,ich verstehe dich .Wie das fuer Selbstaendige aussieht ,will ich mir gar nicht vorstellen,wie die ihre Einkommensverluste wieder aufholen sollen.Koenntest du in ein Angestellenverhaeltnis wechseln?

Nein, fast unmöglich, denn die ganzen Arbeitslosen drücken ja jetzt in den Markt, und die sind viel billiger als ich.

Zitat von Ibreaktogether:
Nein, fast unmöglich, denn die ganzen Arbeitslosen drücken ja jetzt in den Markt, und die sind viel billiger als ich.

Ja,das ist natuerlich ein Problem und auch altersabhaenging,da will man nicht fuer Einstiegsgehalt anfangen muessen,wenn man schon x Berufsjahre hat.

Zitat von Mariebelle:
Ja,das ist natuerlich ein Problem und auch altersabhaenging,da will man nicht fuer Einstiegsgehalt anfangen muessen,wenn man schon x Berufsjahre hat.

Könnte sein, dass ich jetzt ein Angebot kriege, dass ich für den selben Stundensatz wie vor fünf Jahren abrechnen könnte. In Anbetracht der Lage, dass viele Freiberuflerkollegen jetzt rausgeflogen und auf H4 und/oder pleite sind, vielleicht doch nicht die schlechteste Lösung.

Ich frage mich allerdings wirklich, wo nach all den Arbeitslosen und Kurzarbeitern die Privatinsolvenzenwelle geblieben ist. Man hört überhaupt nichts darüber. In der Zeitung stand, dass die Sparkasse der nächsten Großstadt sehr viele Firmenkredite bis zum Jahresende gestundet hat. Warum krachen die dann nicht reihenweise zusammen wie 2008/09? Oder bei den Fußballvereinen, und was da alles dranhängt? Im März hieß es noch, ein Stadion würde umgehend pleite gehen, wenn es einen Monat keine Tickets verkaufen könnte? Was fließen da wohl für heimliche Stützungszahlungen aus welchen Schattenhaushalten, um den Laden weiter am Laufen zu halten? Vor einem Monat hieß es noch, 60% der Busunternehmen stehen unmittelbar vor der Zahlungsunfähigkeit, weil es keine Busreisen mehr gibt. Es reicht ja nicht einfach, die Kredite nicht mehr zu bezahlen. Es hängen ja auch noch andere Kosten dran. Selbst meine Gemeinde musste einen Notkredit aufnehmen, um die Ausgaben weiter zu bezahlen.

Kommt da ein Tsunami auf uns zu? Ich habe noch kein pleite gegangenes Restaurant gesehen. Fragt sich nur, wie die das so lange ausgehalten haben ohne Umsätze. Normalerweise leben die doch von der Hand in den Mund, und die 9000 EUR Soforthilfe für so kleine Gewerbebetriebe war ja auch nur ein Tropfen auf den heißen Stein.

Kennt jemand ein Unternehmen, was wegen Corona zugrunde gegangen ist?

Wenn 10 Millionen Arbeitnehmer in Kurzarbeit sind und 40% weniger Gehalt beziehen, würde das normalerweise bei dem größten Teil zur sofortigen Zahlungsunfähigkeit führen, denn 40% weniger Einkommen kann eigentlich niemand einfach so wegstecken.

Allerdings arbeiten die Gerichte momentan gar nicht, so dass auch kaum einer von einem Gläubiger in die Insolvenz getrieben werden kann.

Weiterhin gibt es eine Frist bis 30.09.20, in der die Pflicht zur Insolvenzantragstellung von Unternehmen ausgesetzt worden ist. So versucht die Regierung, Insolvenzen mit Gewalt zu verhindern.

Wasser, Strom und Telefon dürfen bis auf weiteres trotz Zahlungsunfähigkeit nicht abgestellt werden. Es fragt sich nur, was passiert, wenn diesen Versorgungsbetrieben selbst das Geld ausgeht, denn Zahlungsfähigkeit kann man nicht per Gesetz erzwingen, wenn kein Kredit mehr verfügbar ist. Als die Türkei im April Entlassungen und Insolvenzen per Gesetz verboten hat, hat man hierzulande noch geschmunzelt. Aber völlig unbemerkt von der Öffentlichkeit sind wir hier auf dem selben Stand. Das böse Erwachen dürfte also spätestens im Herbst kommen.

Zum Glück habe ich es erst mal geschafft. Ich kann mich weiter am Markt verkaufen, aber die Belastung ist extrem, weil der Einsatzort über 400 km von meinem Wohnort entfernt ist, und ich im Hotel wohnen muss, sowie jedes Wochenende heim fahre. Eigentlich ist das eher ein Luxusproblem, aber die Begleitumstände in dem Unternehmen sind sehr aufreibend. Ich habe da ja in meinem Strang mit der Selbstbehauptung drüber geschrieben. Gleichzeitig habe ich noch eine Zusage für eine Festanstellung. Ich hatte mich dort Anfang Juli beworben. Die würden mich auch zum 1.11. noch nehmen. Die Bezahlung ist zwar nur die Hälfte von dem, was ich jetzt habe, aber der Stress und der Kampf mit den Kollegen würde endlich aufhören. Ich könnte alles so gestalten, wie ich es für richtig halte, denn ich wäre der einzige Buchhalter, der alles von A bis Z macht...





Mira Weyer
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