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machte. Ich hatte vor über 20 Jahren eine besondere Zukunftsangst aufgebaut. Vor 3 Tagen verzog sich schlagartig diese Angst und ich konnte wieder atmen.

An meinem 21. Geburtstag verunglückte meine große Liebe. Noch tags zuvor schickte er mir ein extra-Glückwunschtelegramm, was zu der Zeit ähnlich war, wie ein Blumenbote heute ist. Wir lebten schon fast ein Jahr zusammen und ich hatte häufig Angst davor, daß ihm etwas passieren würde. Er war Polizist. Am Abend vor meinem Geburtstag kam er Heim und ich hatte ja schon sein Tele bekommen und kochte unser Lieblingsessen. Die wohl beste Paella meines Lebens. Ich kochte Paella nie wieder. Ich hatte liebevoll gedeckt. Wir verkrochen uns in die Kissen und nie wieder im Leben erlebte ich solche Innigkeit.
Am nächsten Morgen verabschiedeten wir uns, wie immer ziehmlich hecktisch, denn wir hatten ja beide unsere Jobs. Am Abend kam er nicht heim. Aber er hatte ausserdem noch eine Geburtstagspostkarte geschickt, die ich nun aus dem Briefkasten holte, und...es kam ein Telegram seiner Mutter. Mein Freund war schwer verletzt und wurde zu der Stunde notoperiert. Er lebte noch fast 3 Wochen und verstarb an den Folgen einer schweren Lungenentzündung. Er war nie wieder bei Bewußtsein. Das war am 24.6.1989.

Ich führte mehrere Gespräche mit seiner Mutter und seinen Geschwistern in der Zeit und auch danach. Ich war niemals an seinem Grab und wurde auch nicht zur Beerdigung eingeladen.

Immer hatte ich das Gefühl, das mein Leben glücklich verlaufen wäre, wenn dieses nicht geschehen wäre. Immer hatte ich den Gedanken daran, daß es überhaupt nicht hätte passieren dürfen. Ich fühlte mich über 20 Jahre schlecht, in der Trauer ganz alleine. Aber vor 3 Tagen bekam ich ein Papier in die Hand (in meinem Job), das alles veränderte. Ein Papier darüber, was aus seiner Familie geworden war. Ich empfand zum ersten mal Glück darüber, daß ich nicht Teil dieser Familie wurde. Das Leben hat doch manchmal wirklich seltsame Erkenntnisse parat. Meine Liebe zu ihm ist ungebrochen, aber zum ersten mal ist sie um einiges leichter geworden. Die hätten mich und ihn gebraucht, um normal zu funktionieren.

Heute klagt der Neffe den Onkel an, die Großmutter/Mutter ist überfordert und auch ihnen fehlt mein Freund, der Sohn, der Bruder.

Ich bin froh, daß aus meiner 20jährigen Tochter ein aufrechter Mensch geworden ist. Trotzdem tut es alles sehr weh, aber aus Ungewissheit ist Gewissheit geworden. Ich kann endlich dabei Frieden finden, weil ich mich nicht habe zum Teil dieses Zirkus machen lassen.

Für uns ging das Leben ganz anders weiter und das war, wenn schon meine Jugendliebe starb, gut so-das weiß ich heute.

Grüsse

13.11.2010 17:40 • 03.12.2010 #1


8 Antworten ↓


Ich habe ein kleines unwesentliches Detail vergessen: ich habe die Chance, die verknufften Verwandten am 30.11. zu treffen, ohne das die was davon wissen. Denn sie wissen ja so vieles nicht...Mein Jugendfreund hätte gesagt: wenn du das Echo verträgst, dann mach es.

Ich würde echt was um dieses Echo geben. Den Preis sollen sie bezahlen-die gehasste Fast-schwieger und die weiß auch noch über diese Peinlichkeite bescheid. Na oh gott-oh gott, wie ungehörig.

Booooiiiiiiiiiing.

Danke ihr lieben, durch euch weiß ich erst wirklich, was Klaustrophobie bedeutet.

...tut mir leid, aber so ist es und das alles fällt von mir ab...

A


Eine besondere Vergangenheit, die über 20 Jahre Angst.

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Ein neuer Tag.

Ich habe heute viele Entscheidungen getroffen und habe auch viel hier in meiner direkten Umgebung verändert. Mein Neffe war kurz da und hat einen alten Rechner, ganz viel Zubehör und eine riesen Kiste Kabel, Netzteile, Lüfter usw. abgeholt, von dem ich mich vorher nicht trennen konnte. Das schafft Platz und nun ist auch meine finsterste Ecke endlich mal aufgeräumt.

Gestern war meine Entscheidungsfreude schon recht groß und ich habe mich mal nach 20 Jahren umgesehen, was Frauen heute eigentlich noch etwas attraktiver machen kann. Wäre mir vorher nie passiert.

Nach dem ich gestern durch ein sehr heisses Essen auch noch die Platte meines Wohnzimmertisches ruiniert habe, kann ich mich heute auch dazu bewegen, den schon seit 16 Jahren überfälligen Tisch durch einen neuen zu ersetzen.

Ein wenig Kopf zerbrechen macht mir morgen noch die Arbeit-aber auch da habe ich gestern entschieden, werde ich es nun darauf ankommen lassen. Ich habe mich so viele Jahre versteckt und gebückt-das sollte vorbei sein. Egal was dann als nächstes kommt. So geht das alles nicht weiter.

Zwar bin ich noch nicht so weit, heute zu sagen, daß ich morgen ins Kino gehen würde oder in ein Konzert, noch bin ich weit davon entfernt, öffentliche Verkehrsmittel zu erklimmen, aber mit mir ist etwas passiert, was nach 20 Jahren endlich gut und richtig ist, statt ständig dieses lästige falsche Gefühl der Enge. Ich habe Kraft gewonnen.

Liebe Grüsse

Nachträglich herzliches Beileid zum Tod deines Freundes.

Ist er also der Vater deiner Tochter?



Und ich wünsche dir, dass du dich jetzt richtig befreien kannst.

hallo GastB,
du hast richtig gelesen.

Ich glaube es nicht. Heute nach der Arbeit war ich noch zum Arzt, wegen meiner Arthrose und habe mir meine Quartalsphysiotherapie abgeholt. Danach ging ich ganz unbeschwert durch die Gegend und nicht schnurstracks zum Auto...ich spazierte durch belebte Geschäfte, unterhielt mich nett in der Apotheke und hielt in der Fußgängerpassage inne-inmitten vieler Menschen, betrachtete sie und fühlte mich gut. Zum ersten mal nach so vielen Jahren wollte ich gar nicht mit dem Auto nach Hause fahren. Ich suchte ganz entspannt in einem belebten Kurzwarengeschäft mit einer Verkäuferin eine Weihnachtstischdecke aus-ganz in Ruhe.

Ich würde natürlich morgen immer noch nicht ins Kino gehen oder Bus/Bahn fahren-nein, das werde ich wohl erst noch lernen müssen. Aber ich bin dabei, emotional wieder zu mir zu finden.

Achso und ich war kurz sogar beim Frisör, weil da stand eine Frisörin in der Fussgängerzone und rauchte gelangweilt. Ich kam gleich dran und wir quatschten über die Kraft 'nein' sagen zu können und sich nicht von anderen Menschen seine Zeit stehlen zu lassen. Eh' ich mich versah, war der Stuhl neben mir schon mitten in unserem Gespräch...es tat alles unheimlich gut.

Ich mache mir nichts vor, aber ich habe auch nicht vor, mich wieder in den Selbstschutzmechanismus zurück zu begeben. Meine Tochter will mit mir morgen meinen Schrank ausmisten und am Freitag nachmittag oder Samstag mal Mama neu einkleiden. Ich hoffe, ich werde dabei nicht einbrechen.

Seid mir nicht böse, wenn ich diesen Thread gelegentlich wie ein Tagebuch weiter schreibe. Vielleicht liest das jemand, dem es etwas geben kann. Vielleicht wird am Ende der Geschichte auch nichts herauskommen, aber wem könnte ich mich sonst so mitteilen?

Liebe Grüsse

hallo,
ich habe nervöse Bedenken wegen morgen. Ich soll ein Kaufhaus besuchen, so richtig mit Ankleidekabinenbesuch. Im moment macht der Gedanke mich sehr nervös-geradezu nervig. Ich schwanke zwischen 'kann ich nicht' und 'will es aber'. Die letzte Woche ist so gut verlaufen. Dieses ständige Alarmgefühl hat nach gelassen. Was ist, wenn es morgen plötzlich wieder kommt? Was ist, wenn es morgen gar nicht kommt? Was ist, wenn ich morgen gar nicht klar komme?

Irgendetwas in mir sagt ständig: mach dir keine Gedanken und das sage ich mir mehrmals und dann kommt dieses Gefühl plötzlich, daß sagt: versuche es erst gar nicht.

Liebe Grüsse

hallo,
shopping fällt aus. Unsere alte Kaninchendame ist letzte Nacht böse gestürzt und wurde heute Mittag in der Tierklinik erlöst. Sie wurde 8 1/2 Jahre alt und wir sind alle sehr betroffen und traurig.

Aber ich hatte meine Klaustrophobie in dem Geschehen jederzeit unter Kontrolle, keine Attaken - nur so beginnende Wallungen, die ich aber gut weg geatmet habe. Im Röntgenraum der Klinik dachte ich beim Betreten, daß ich gleich pumpen würde-aber ich habe es einfach weg geatmet. Unglaublich!

Trotz dieses schlimmen Ereignisses geht es mir relativ normal. Nur shoppen werden wir heute lieber nicht-ich muß mich doch erst einmal wieder neu sortieren.

Grüsse

mist mein Text ist weg...

hallo,
ich will gar nicht mehr darauf eingehen, wie das Wiedersehen mit dieser Familie gelaufen ist, denn ich wurde tatsächlich erkannt.

Nein, es geht mir gut und ein ganz großer Knackpunkt in meinem Leben hat sich geklärt. Die Klaustrophobie ist noch da, aber hat sich so sehr minimiert, daß ich selbst mich davon distanzieren und lösen kann.

Ich werde einige Dinge (öffentliche Verkehrsmittel, Kino, Kaufhäuser) langsam angehen können. Dennoch immer aber in meiner eigenen Vorgabe und Geschwindigkeit. Das wird noch viel Zeit brauchen.

Es ist etwas passiert durch diese Geschichte und hat mir Sicherheit gebracht, die ich vorher nicht hatte. Meine Trauer um meinen Freund ist geblieben, aber heute hat niemand anders sonst Zugriff dazu.

Ich liebe das Leben!

Grüsse





Mira Weyer
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