Ich antworte nochmal etwas grundsätzlicher vorab.
Und ja, wenn man als Kind die Umwelt, das Leben, die Zukunft, prinzipiell als etwas unsicheres kennenlernt und so in das Leben startet, weil die Eltern sehr umsorgt sind bzw. auch jede Entscheidung abnehmen, dann steht man im jungen Leben plötzlich davor und weiss gar nicht so richtig, was man will, wie man es angehen kann und hat auch Angst vor Entscheidungen, vor den Konsequenzen, kann sogar Partner oder andere Menschen suchen, die einem das abnehmen.
Man kommt so nie zu
seinem Leben.
Und die Frage ist auch, ganz ernst gestellt, WELCHES Leben lebt man denn da? Das Eigene oder das der Eltern? Diese Erkenntnisse können mitunter relativ bitter sein und werden, so dass ich eine therapeutische Hilfe unbedingt empfehle, denn sowas sollte ggf. auch professionell aufgefangen werden.
Das mit der Bestätigung von außen habe ich mehr oder weniger auch schon vermutet...ein Großteil der Gesellschaft hat mittlerweilen dieses Symptom. Da ist so wenig Selbstliebe da, dass diese von außen kommen muss und auch alles getan wird, um sie zu bekommen.
Allerdings ist das so eine Sache mit der Botschaft: Du bist für mein Glück verantwortlich, insb. dann, wenn man zB. in einer Beziehung ist. Denn der Partner ist nicht dafür da (geschweige denn verantwortlich), um Glück zu erfahren. Für mich ist aber zB. dieses Verhaltensmuster in sehr vielen Beziehungen zu beobachten. Aber natürlich auch in versch. Lebensbereichen wie Job und Karriere. Denn man ist abhängig von einem Lob, von der Gunst und man tut u.U. viele dafür, genau das zu bekommen ,weil man damit sozusagen seine Selbstbestätigung auch findet und befriedigt. Dramatische Folgen kann das haben.
Dieses tief erlernte Sicherheitsdenken ist schon ein ziemlich grundsätzliches Problem. Denn das Leben ist nicht sicher, nichts ist sicher, aber man tut so viel dafür und es treibt auch Stilblüten mittlerweilen, weil die Gesellschaft alles tut, nach meiner Beobachtung, um diese Angstschürerei weiter zu treiben. Eine Katastrophenmeldung nach der Nächsten und bereits 20 oder 25 jährige machen sich Sorgen um ihre Altersabsicherung.
Ich könnte mir auch gut vorstellen, dass diese Überfürsorglichkeit nicht das einzige Problem ist. Denn man muss sich fragen, woher hat die Mutter oder der Vater das? Genau...und da sind wir schnell bei einem transgenerationalen Problem, welches über die einzelnen Generationen weitergegeben wird.
Bei Eltern, die u.U. ein hohes Maß an eigener ungelöster Problematik mitbringen, ist es mehr als verständlich und auch nachvollziehbar, dass das Kind, welches ja nur EINZIG EINE CHANCE hat (nämlich die Eltern) sich an den Vorbildern zu orientieren, ebenso belastet (mitunter auch hochbelastet) ins eigene Leben startet.
Wie geht man nun konkret vor?
Nun, für mich ist der Weg, anfangs über den kognitiven Ansatz (z.B. mit Verhaltenstherapie) viel zu verstehen von den Abläufen, Symptomen usw.
Dazu können auch Medikamente Co. gehören, die über eine begrenzte Zeit Stabilität bieten und überhaupt erstmal therapiefähig machen.
Aber und das ist das entscheidende Verständnisproblem vieler Betroffener, ist Angst und/oder Depressionen NICHT einfach so da im Leben. Das hat Gründe (gute und auch u.U. massive Gründe!) und die wollen herausgefunden werden. Genau an diesem Punkt macht aber meiner Beobachtung nach der Großteil der Betroffenen Halt und ist in einer Schleife gefangen. D.h., eine Verhaltenstherapie nach der nächsten, ein Tagesklinikaufenthalt nach dem nächsten usw., trotzdem sind weiterhin Ängste oder Depressionen im Leben da. Schnell werden dann Medikamente zur Lebensperspektive, mitunter verschlimmert sich auch noch alles, weil die Betroffenen erkennen, dass ihnen nicht geholfen werden kann oder sie auch nach dem x-ten Ratgeber zum Themenbereich, sie es immer noch nicht schaffen, zu meditieren, zu entspannen oder was auch immer...
Was muss also her?
Richtig!
Ängste sind Gefühle. Also muss eine Therapieform her, die in ausreichendem Maße diese auch berücksichtigt.
Das tut z.B. eine kognitive Verhaltenstherapie nicht bzw. nur in einem geringen Maße.
Wie nähert man sich den Gefühlen bzw. wie kommt man auf mögliche Ursachen?
Das kann relativ einfach geschehen über Biographiearbeit/System- oder Familienaufstellungen usw. (da gibt es eine ganze Reihe an Möglichkeiten, die aber natürlich erfahrene Therapeuten voraussetzen. die einen auch emotional aufgangen können, wenn da mitunter Erkenntnisse aufkommen, die einem so noch gar nicht bewusst waren).
Einen Königsweg für die weiterführende Therapie gibt es allerdings nicht, denn die Ursachen und Gründe sind natürlich extrem individuell und auch von vielen Faktoren abhängig.
Ich kenne Fälle, da sind in einer entsprechenden Therapie wahre Abgründe aufgegangen an Schicksalen. Aber die Betroffenen haben vorher stetig betont, eine wunderbare und gut behütete Kindheit gehabt zu haben. Will sagen, es gibt zahlreiche Problematiken, in denen zB. Erlebnisse abgespalten werden, weil diese so schlimm waren (nicht körperlich, sondern emotional), dass die Psyche da in ein Selbstschutzprogramm fährt.
Sowas dauert natürlich, bis man das in ganzer Bandbreite erkennt und angehen kann. Aber nur das macht Sinn, denn sonst beschränkt es sich auf reine Symptomverbesserung, aber nicht Ursachenbehebung.
Die Loyalität zur eigenen Familie und Herkunft spielt dabei auch eine große Rolle, die es anfangs u.U. schwer machen, Einstiegspunkte zu finden, weil: Meine Kindheit war super!
Ein weiterer Zweig sind tiefe Bindungsproblematiken. Insb. wenn das Kind eine ambivalente (also nicht konstante, liebevolle, immer verfügbare) Beziehung zur Mutter hatte oder sonstige Dinge (z.B. Suchtproblematiken) eine Rolle spielten, äußert sich das im späteren Leben des Kindes bzw. des Erwachsenen mit geringem Selbstvertrauen, Perfektionismus (bis zum Burnout), Ängste, Depressionen usw. (die Liste lässt sich praktisch unendlich weiterführen). Selbst Geschwisterkonstellationen und Geburtenreihenfolge (also welches der 4 Kind war man) können große Probleme machen!
Hilfreich ist auch Literatur und in breitem Maße das Selbstudium zu betreiben. Nur dann können z.B. auch mögliche selber Ursachen erkannt werden. Meine Erfahrung mit vielen Betroffenen ist auch, dass mögliche Ursachen als solche gar nicht erkannt werden! Wie auch, denn man hatte ja nur EINE Kindheit und kann nicht vergleichen...
Die Ausprägung von Ursache und Wirkung ist also sehr individuell und maßgeblich auch vom sozialen Umfeld bestimmt und abhängig. Das macht es eben so schwer, pauschale Aussagen anhand einiger bekannter Symptome oder Umstandsbeschreibungen (wie oben) zu machen. Es kann also nur sehr intensiv und therapeutisch angegangen werden. Es macht auch überhaupt keinen Sinn, sich im klein klein der Symptombeschreibungen zu verlieren bzw. diese sind auch egal, in welcher Ausprägung auch immer. Sie sind nur ein bloßer Hinweis darauf, dass da tiefe Denk- und Verhaltensmuster sind, die z.T. auch SEHR (!) destruktiv sein können. Im Außen Umstände, Tipps, Tricks usw. dafür zu finden, ändert an den Ursachen nichts. Es sind REINE Symptombekämpfungsmaßnahmen bzw. der pure Wunsch, doch etwas im Außen zu finden, was verantwortlich sein könnte für die eigenen Ängste, Depressionen usw.
Aus meiner Ansicht heraus muss es das aber, da sich sonst an den tiefen Ursachen nichts ändert und man in o.g. Schleife gefangen ist und bleibt (das Forum hier ist voll genau von den Leuten, die fast alle schon Verhaltenstherapie Co. hinter sich haben). Für mich können Denk- und Verhaltensmuster auch nicht nur rein kognitiv über Verhaltenstherapie verändert werden, da das auch keine adäquate Methode ist, um überhaupt an die Ursachen heranzukommen (wenn z.B. Traumata oder tiefe Bindungsproblematiken vorliegen), da einfach verschiedene Hirnareale betroffen sind, wo diese Informationen abgespeichert sind. Das würde aber zu weit führen und gehört ggf. in eine gute Therapie hinein, die sowas leisten kann.
Zuletzt muss auch klar sein, dass die Ängste und/oder Depressionen überhaupt der Grund sind, sich auf den Weg der Selbsterkenntnis zu machen. Ich bin fest überzugt davon, OHNE (!) Drama keine Veränderung. Es gäbe keinen Grund dafür, über sich und sein Handeln nachzudenken, wenn man es nicht aus handfesten Gründen (z.B. körperliche oder psychische Erkrankungen) müsste. Das aber wiederum bedeutet, dass z.B. Ängste genau dafür da sind und auch so lange nicht wieder weggehen (egal wieviele Tabletten man nimmt, egal wieviel Sport man treibt usw.) bis man das wirklich tut (also sich mit sich selber beschäftigen). Ist für mich relativ logisch, für viele aber offensichtlich ein großer Erkenntnisschritt.
Fragen?
Gerne!