Ich verfolge schon seit einigen Monaten diverse Beiträge hier in diesem Forum und an vielen Tagen habe ich in dem was hier geschrieben wurde Trost, Beruhigung und Mut gefunden.
Heute würde ich auch gerne meinen Beitrag leisten, in der Hoffnung, dass es vielleicht jemand anderem helfen kann. Zunächst einmal zu mir: Ich bin 27 Jahre alt und stecke sozusagen mitten im Leben. Seit ein paar Monaten weiß ich, dass ich an einer Depression leide und seit circa 2 Monaten wird diese sowohl mit Medikamenten (Escitalopram) als auch mit einer tiefenpsychologischen Therapie behandelt.
Meine Depression hat sich am Anfang vor allem körperlich gezeigt und ich habe wirklich sehr lange und sehr viele Ärzte gebraucht um herauszufinden was eigentlich mit mir los ist.
Begonnen hat alles mit Angstsymptomen die mir damals als solche aber nicht bekannt waren.
Atemnot, Schwindel, Benommenheit, Übelkeit, Herzrasen, Kribbeln im ganzen Körper und so vieles mehr. Mein ganzer Körper war einfach vollkommen außer Rand und Band. Immer wieder bin ich von Arzt zu Arzt gerannt: Hausarzt, Neurologe, Orthopäde, Osteopath, HNO Arzt, Chiropraktiker, Heilpraktiker. Ich kann sie gar nicht mehr alle aufzählen. Sogar ein kleiner Krankenhausaufenthalt war dabei. Ständig musste mich mein Freund in die Notaufnahme begleiten weil ich dachte ich habe einen Herzinfarkt oder einen Schlaganfall und dann dazu immer dieses Gefühl von Scharm und Enttäuschung wenn die Ärzte dir sagen „Sie sind vollkommen gesund“. Ich konnte das einfach nicht glauben. Ich konnte doch nicht gesund sein!
Mit jedem Tag an dem ich mich körperlich so schlecht fühlte, entwickelte sich auch mein seelisches Empfinden zu einer Belastung. Ich fühlte mich ausgebrannt, ich war so traurig und antriebslos und ich hatte auf einmal vor allem Angst. Angst, vor allem wegen meiner körperlichen Verfassung und weil es einfach keine Diagnose gab. Auf einmal hatte ich Angst das Haus zu verlassen weil ich mich immer gefragt habe, was mit mir passieren könnte wenn ich zum Beispiel zusammenbreche. Ich wollte auch nicht dass andere sehen wie schlecht es mir geht. Ich wollte einfach nur daheim bleiben- auf dem Sofa, unter der Decke oder im Bett. Jeden Tag entdeckte ich auf einmal ein neues Symptom oder mal war das eine weg und dafür ein anderes da. Kopfschmerzen kamen hinzu. Nicht die Kopfschmerzen die man hat wenn man mal einen über den Durst getrunken hat oder mal einen schlechten Tag hat. Diese Kopfschmerzen, die waren ganz anders und sie wollten einfach nicht gehen. So ein unheimlicher Druck auf der Stirn oder an den Schläfen und dazu immer dieses Kribbeln – im Kopf und überall. Ich konnte nicht mehr arbeiten gehen. Nichts ging mehr. Morgens wäre ich am liebsten im Bett geblieben und hätte auch am liebsten den ganzen Tag geschlafen. Dann wären die Schmerzen nicht spürbar gewesen und überhaupt- wozu denn aufstehen?
Ich habe mich zurückgezogen und wollte niemanden sehen. Mein Freund war mein einziger sozialer Kontakt und er war vor allem mehr Beschützer und Unterstützer als Lebenspartner.
Es wurde einfach nicht besser.
Ich weiß nicht ob ihr die Geschichte vom schwarzen Hund namens Depression kennt? ( Buch: Ich hatte einen schwarzen Hund) Ich hatte diesen schwarzen Hund und er war immer da. Er hat mich platt gemacht, so groß war er.
Erst als gar nichts mehr ging und mir die Kraft fehlte den schwarzen Hund zu verstecken, da hat meine Mutter erkannt was mit mir los ist und hat mich darauf aufmerksam gemacht, dass ich anfangen muss zu akzeptieren, dass der Zustand in dem ich mich Befinde vielleicht nicht primär eine körperliche Krankheit ist sondern eher etwas psychisches. Dieser Weg war so lang und hat mich fast 4 Monate gekostet.
Dann ging es auf einmal alles ganz schnell. Ich wusste ich brauche Hilfe und habe mir einen Psychiater gesucht der sofort erkannt hat was los ist. Ich weiß noch wie unglaublich befreiend dieser Moment war. Endlich eine Diagnose und endlich etwas woran ich arbeiten kann und noch viel besser – endlich wusste ich, ich kann wieder gesund werden!
Die erste Diagnose war- mittelschwere Depression bedingt durch eine generalisierte Angststörung.
Angststörung? Das hörte ich da zum ersten Mal und zum ersten Mal wurde mir auch klar, dass ich immer wieder unter Panikattacken litt. Diese Momente die sich anfühlten als würde ich an einem Herzinfarkt sterben. Auf einmal war alles so klar.
Der Psychiater hat mir dazu geraten ein Antidepressivum zu nehmen, da eine Depression auch eine körperliche Krankheit ist und die Medikamente dabei helfen die Angst in den Griff zu bekommen und auch das nächtliche Grübeln könnte so besser werden. Ich habe sofort zugestimmt. Ich wollte einfach nur gesund werden. Ich wusste aber auch, die Medikamente sind nicht alles. Eine Therapie war unumgänglich.
Die ersten 2 Wochen mit den Medikamenten waren die Hölle. Viele von euch haben das schon beschrieben. Mit jedem Tropfen um die Dosis zu erhöhen ging es mir erstmal schlechter. Meine Angst war so schlimm wie nie zuvor und mir war so unheimlich übel. Mein Körper brannte von innen, meine Muskeln schmerzten. Ich hatte Ausschlag an diversen Körperstellen aber-
Die körperlichen Symptome meiner Depression waren weg, schon nach 3 Tagen.
Durchhalten hat sich gelohnt! Schon nach 2 Wochen haben die Medikamente angefangen zu wirken und heute merke ich eine deutliche Besserung meiner Stimmung: Nicht jeden Tag aber immerhin habe ich statt nur schlechte Tage zu haben jetzt auch mal gute!
Ich hatte auch das Glück sehr schnell einen Therapieplatz zu bekommen und noch dazu habe ich auch einen Therapeuten mit dem ich auch wirklich gut reden kann. Ich glaube ganz fest, dass die Kombination aus der Therapie und der Medikamenteneinnahme mir helfen wird.
Meine Depression ist noch längst nicht überstanden aber der schwarze Hund ist viel kleiner geworden und an manchen Tagen schaffe ich es, ihn einfach wegzusperren.
Mir war es wichtig diesen Beitrag zu schreiben um zum einen loszuwerden wie es mir ergangen ist aber auch um anderen Mut zu machen sich Hilfe zu holen und sich einzugestehen, dass man eine Depression hat. Mir war nie klar, dass eine psychische Krankheit solche Ausmaße annehmen kann und den Körper tatsächlich so beeinflussen kann. Es ist wichtig das zu erkennen und etwas dagegen zu tun. Der schwarze Hund kann weggesperrt werden. Therapie und auch Medikamente helfen dabei. Ich wünsche euch allen, dass ihr so wie ich, den Mut zum Leben wiederfinden könnt.
Ich habe noch so viel vor mir und ich freue mich jetzt darauf.
25.02.2015 15:32 • • 25.02.2015 x 3 #1