Ja, Batman. Irgendwo gibt es immer noch einen, dem es schlechter geht. Hilft uns das? Leider nein!
Weißt du, was das Problem ist? In der Regel ist man mit psychischen Krankheiten ganz alleine! Denn niemand, der noch keine Panikattacke hatte, kann das nachvollziehen.
Angenommen, wir hätten nun Krebs, nen Schlaganfall oder Hirntumor. Die Anteilnahme wäre riesig! Alle würden darüber reden, Mitleid zeigen, Hilfe anbieten. Dann wäre es kein Thema, dass der Partner daheim bleiben kann, um sich zu kümmern. Alle würden hoffen, dass man wieder gesund wird usw. Man würde geschont und umsorgt.
So. Und was ist, wenn man eine Angsterkrankung hat? Nix. Wenn man sich jemandem anvertraut, kann man Glück haben, auf ein bisschen Verständnis zu stoßen. Das war es dann aber auch. In den meisten Fällen wird hinter dem Rücken über einen spekuliert. Hinter vorgehaltener Hand getuschelt. Und derjenige wird für bekloppt abgestempelt. Nicht umsonst ist doch das Wort Klapse noch sehr gängig. Bestenfalls hat man es mit den Nerven. Aber wenn es dicke kommt, dann heißt es XY ist nicht normal. Soll sich nicht so anstellen, hat doch einen Knall. Und ich wette, dass selbst die, die sich vorn herum verständnisvoll zeigen, hintenrum reden. Wenn man psychisch was hat, soll man sich nicht so anstellen, sich zusammen reißen, nicht bekloppt spielen usw.
Ich glaube, es wird nie dazu kommen, dass solche Krankheiten wirklich gesellschaftlich anerkannt sind. Anderen Leuten ist es am Liebsten, damit nicht konfrontiert zu werden. Sie erwarten, dass man sich zusammen reißt und die Klappe hält. Damit will doch keiner was zu tun haben.
Deshalb erzähle ich niemandem davon. Außer meinem Mann. Auch meine Mutter weiß es nicht wirklich und auch Freundinnen sage ich nichts. Es ist mir peinlich. Ich will nicht, dass ich für alle Zeiten als bekloppt gelte. Ich will nicht, dass man hinter meinem Rücken über mich redet und tuschelt. Ich versuche es also zu überspielen. Dinge zu vermeiden, wenn es geht. Ausreden zu erfinden. Und zu hoffen, dass es mir irgendwann wieder besser geht. Es tut einfach weh, wenn man sowas hat und niemanden interessiert es.
Ich hatte das vor zehn Jahren schon mal. Als ich meiner Chefin ansatzweise davon erzählt habe und mehrmals krank geschrieben war, bekam ich die Kündigung! Dabei hatte sie zuerst Verständnis geheuchelt. Und auch meine Kolleginnen, die ich sonst immer wegen jedem Mist gebraucht haben, haben sich nicht mehr gemeldet. Haben sich einfach abgewendet. Jahrelang war ich die erste Kraft in diesem Büro. Habe für alle mit gearbeitet. Als ich Panikattacken bekam, war ich nur noch die Irre, mit der niemand mehr was zu tun haben wollte. Ich gehe heute noch ungerne an diesem Gebäude vorbei. Gott sei Dank bin ich den Chefs und Mitarbeitern nicht mehr begegnet.
Komischerweise arbeitet eine ehemalige Kollegin, mit der ich VOR den Attacken zusammen dort gearbeitet habe, nun nach über zehn Jahren wieder dort. Und seitdem meldet sie sich nicht mehr bei mir.
Ich kann mir nur denken, dass das selbst nach zehn Jahren noch ein Thema war und man ihr erzählt hat, dass ich sie nicht alle habe...
Man ist abgestempelt auf alle Zeiten bei den Leuten, die es wissen. Würde man jemandem mit einer körperlichen Krankheit so etwas antun? Würde man von jemandem, der Krebs hat verlangen, sich gefälligst mal zusammen zu reißen und sich nicht so anzustellen? Würde man irgendwas von demjenigen verlangen? Nein.
09.10.2012 07:42 •
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