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Hallo alle zusammen

In einem anderen Thread tauchte die Frage auf, ob Autogenes Training, Progressive Muskelrelaxation und Meditation bei Angststörungen wirklich sinnvoll sind oder eher als Vermeidungsverhalten zu betrachten sind.

Uns würde mal interessieren, wie Ihr und Eure Therapeuten das sehen. Ich kopiere mal die wichtigsten Ausschnitte aus der Unterhaltung hier rein.

Zitat von Watermelon:
Ich habe auch den Weg zur Meditation gefunden. Auch AT, PMR und yoga haben mir in den letzten Jahren geholfen.
Dachte ich zumindest.
Seit ca 6 Wochen habe ich einen Therapeuten und er sagte mir das alles sei Vermeidungsverhalten weil es mich von meiner Angst ablenken soll.
Finde es noch schwierig rauszufinden was ich alles falsch gemacht hab, oder besser gesagt was ich alles getan hab um die Angst aufrecht zu halten.


Zitat von Spaceman:
Interessant, das höre ich zum ersten Mal.

Ich habe über die Jahre so einige Selbsthilfebücher (auch von psychologisch/psychiatrischen Fachleuten) sowie (populär-)wissenschaftliche Fachliteratur gelesen. AT, PMR, Mediation werden fast immer als wirksame Maßnahme für die akute Angstbewältigung angesehen sowie als eine Therapie unterstützende Maßnahme für langfristige Veränderungen.

Mich würde interessieren, was er im Falle akuter Angstzustände empfiehlt. Da sind meiner Erfahrung nach die besagten Methoden kaum zu schlagen.


Zitat von Watermelon:
Er sagt im Grunde das für die Therapie die Angst erwünscht ist und ich sie annehmen soll. Durchhalten ohne Sicherheitsverhalten bis die Angst auf ein erträgliches Maß runter ist.

Ich habe auch viel gelesen und war immer der Meinung das PMR, AT und Meditation ein wirksames Instrument sind. Darum war ich sehr irritiert als er mir das sagte und auch wenn ich vertrauen in ihm habe, es fällt mir schwer die Angst auszuhalten

Hatte anfangs auch mit mir gehardert ob diese Therapie die richtige für mich ist.
Ich fange quasi bei 0 an, denn mit meinen kleinen Helferchen konnte ich zumindest noch etwas machen.
Jetzt habe ich die Expos und da muss ich halt durch die Angst durch.

Er sagte auch zu einem späteren Zeitpunkt sind diese Techniken wieder erlaubt. Momentan aber eher als Vermeidung zu bewerten.

22.07.2021 18:19 • 23.07.2021 x 1 #1


10 Antworten ↓


Ich finde es völligen Schwachsinn Entspannungstechniken als Vermeidung zu sehen. Du kannst diese Techniken ja nicht den ganzen Tag machen. Angst hast du doch so oder so. Ich lege mich ja nicht bei einer akuten PA im Supermarkt auf den Boden und mach PMR. Entspannen ist ja dazu da im Alltag mal durchzuatmen und mal kurz loszulassen. Denn Dauerstress führt auch zu körperlichen Folgen, was die Angst noch extremer anheizt. Ich seh das für mich eher als kurze Auszeit.

A


AT, PMR, Mediation Sinnvoll bei Angststörungen oder nicht?

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Hi,
ich habe auch mit starken Ängsten, Panikattacken, etc. zu kämpfen und mir wurde von allen Therapeuten, Psychiatern, etc. geraten, die oben genannten Dinge auszuprobieren. Ich finde es auch sehr wichtig, dass man regelmäßig Entspannungstechniken anwenden, wie PMR, Yoga, etc.
Ob man dadurch vermeidet, ist jedoch sehr individuell und ich würde sagen, dass es in den aller meisten Fällen nicht zutrifft, da man es ja nicht dauerhaft macht.
Ich hatte jedoch auch mal eine Phase, wo ich mir einen täglichen Plan erstellt habe mit Dingen, die ich alle tun muss, damit es mir endlich wieder besser geht. Da ging es dann morgens los mit Meditation, dann Sport, Yoga, PMR, etc. und Pausen habe ich natürlich nicht eingeplant (nur je 30 min. fürs Essen). Da war dann der komplette Tag gefüllt und ich musste mich nicht mit den negativen Gefühlen auseinander setzten.
Da hat meine Therapeutin dann auch gesagt, dass ich damit komplett alles vermeide und im Nachhinein ist mir es jetzt auch bewusst. Aber auch da haben wir uns dann geeinigt, dass ich es reduziere, aber komplett weglassen sollte ich es auch nicht, da Entspannung nunmal sehr wichtig ist.
Es stimmt auch, dass man lernen muss, die Angst auszuhalten und damit umzugehen. Aber dabei sind die o.g. Dinge meiner Meinung nach auch eine große Hilfe.

Ich habe vor ein paar Jahren ein Fernstudium zur Entspannungstrainerin begonnen weil mir die verschiedenen Techniken auch sehr geholfen haben.
Leider habe ich das Studium nicht beendet, meine Angst und private Probleme haben mich quasi klein gekriegt.

Ich habe die Techniken meist Abends und /oder morgens gemacht um gut in den Tag zu starten und die Nacht zur Ruhe zu kommen.

Ich bin überzeugt das ich damit nicht vermeiden wollte, sondern schlicht zur Ruhe kommen.

Keine Ahnung warum er das so vehement ablehnt.
Ich mache ja eine Therapie der KK und dazu gab es ein Online Selbsthilfe Programm mit Entspannungsübungen und Erste Hilfe Tipps wie Zählen Rechnen wenn man in einer Attacke ist.
Auch diese sollte ich laut Therapeuten weglassen.
Wenn die Zeit es beim nächsten Termin zulässt frag ich evtl noch mal nach.

SolcheTechniken gehören zu den Standardtherapien in der stationären Psychotherapie. Sie wären es nicht, wenn man sie als Vermeidung ansehen würde.
Nur, ob sie für einen selbst geeignet sind, ist eine andere Geschichte. Für mich sind sie ungeeignet, weil ich dabei Angstzustände bekomme, die ich normalerweise nicht habe. Für mich ist körperliche Betätigung in Form von Sport die beste Methode.

Ich war in einigen Kliniken und hatte mehrere Therapien hinter mir. Jedesmal wurde dazu geraten, für sich selbst eine Entspannungsmehthode zu finden. Je öfter ich das übte, umso besser komme ich mit Dingen, die mir Angst machen zurecht.
Wir wissen, dass Distress kontraproduktiv ist im Gegensatz zum Eustress.
Für mich kann ich sagen, dass mir die Mediationen, Yoga usw. geholfen haben, meine Angst zu reduzieren. Nicht immer ist die Konfrontation mit den Ängsten gut. Da muss jeder für sich selbst abwägen, mit welcher Angst er sich konfrontieren kann (Fahrstuhl, Menschenmengen u. ä.).
Wenn die Angst aber so tief sitzt z. B. in Form von Verlustangst, Sterbensangst usw. wie soll man das bitte vermeiden? Man kann lernen damit besser umzugehen, aber eintreffen wird es sowieso, also ist die Vermeidung in dieser Angelegenheit nicht zu vermeiden... Es wird leider oft vergessen, dass, was der Therapeut studiert hat, nicht bei jedem seiner Patienten der richtige Tipp ist.

Zitat von Schlaflose:
SolcheTechniken gehören zu den Standardtherapien in der stationären Psychotherapie. Sie wären es nicht, wenn man sie als Vermeidung ansehen würde. Nur, ob sie für einen selbst geeignet sind, ist eine andere Geschichte. Für mich sind sie ungeeignet, weil ich dabei Angstzustände bekomme, die ich normalerweise ...

Ich kenne das auch. Autogenes Training fand ich am schlimmsten. Die einzige Entspannungstechnik mit der ich einigermaßen klar kam war Qi Gong, weil man sich dabei aktiv bewegt und nicht nur rumliegt.

Zitat von Spaceman:
In einem anderen Thread tauchte die Frage auf, ob Autogenes Training, Progressive Muskelrelaxation und Meditation bei Angststörungen wirklich sinnvoll sind oder eher als Vermeidungsverhalten zu betrachten sind.

Gegenfrage - warum sollte das so sein?

Vermeidung/Vermeidungsverhalten ist was absolut völlig anderes als AT usw..

Ob diese Techniken geeignet sind ist völlig individuell. Faktoren sind z.B. Therapiestatus, Diagnose, Traumafolgestörung oder nicht.

Griasam und danke für die Themeneröffnung an Euch beide @Watermelon @Spaceman !

Zitat von Watermelon:
Ich bin überzeugt dass ich damit nicht vermeiden, sondern schlicht zur Ruhe kommen wollte.


Es kommt darauf an, welche Art von Meditation jemand praktiziert. Natürlich gibt es sogenannte reine Ruhemeditationen die vordergründig nur einen Zweck verfolgen - den Geist zu beruhigen. Doch auch sie haben längerfristig einen bedeutenden Lerneffekt: das Erkennen des Unterschiedes zwischen bewegtem und ruhigem Geist.

Zitat von Watermelon:
Durchhalten ohne Sicherheitsverhalten bis die Angst auf ein erträgliches Maß runter ist.


Die meisten Verhaltenstherapeuten bauen mittels dieser Strategie auf den Effekt, dass der Patient sich der Angstreduktion von allein bewusst wird und somit die Angst vor der Angst verringert. Dabei handelt es sich mehr um körperliches Durchleben anstelle diskursiver Einsicht. Insofern halte ich diese Idee für einige Patienten passend. Parallel dazu erarbeiten Patient und Therapeut idealerweise ein Verständnis, wie sich in der Vergangenheit die Ängste aufgebaut haben und u. U. auch, woher sich diese ursächlich ableiten lassen (Kindheit, Elternhaus etc.)

Zitat von Watermelon:
Ich habe auch viel gelesen und war immer der Meinung das PMR, AT und Meditation ein wirksames Instrument sind. Darum war ich sehr irritiert als er mir das sagte und auch wenn ich vertrauen in ihm habe, es fällt mir schwer die Angst auszuhalten
Hatte anfangs auch mit mir gehadert ob diese Therapie die richtige für mich ist.
Ich fange quasi bei 0 an, denn mit meinen kleinen Helferchen konnte ich zumindest noch etwas machen. Jetzt habe ich die Expos und da muss ich halt durch die Angst durch.
Er sagte auch zu einem späteren Zeitpunkt sind diese Techniken wieder erlaubt. Momentan aber eher als Vermeidung zu bewerten.


Obgleich ich persönlich eine völlig andere Sicht auf Meditation als Instrument habe, verstehe ich den Ansatz Deines Therapeuten schon. Es ist nur die Frage, ob er Deine Meditationspraxis versteht?
Offenbar interpretiert er Deine bisherigen Helferchen als Krücken, die Du nun vorübergehend ablegen solltest. Das ist einen Versuch wert. Für Dich ist nun wichtig, Dir während dieser Phase darüber klar zu werden, was Meditation, Yoga etc. tatsächlich für Dich waren!
Waren es wirklich nur Instrumente die einen Zweck verfolgt haben, könnte Dein Therapeut nämlich Recht haben. Das jetztige Weglassen soll prüfen, ob der Zweck tragfähig bzw. zielführend war/ist.

Zitat von Schlaflose:
SolcheTechniken gehören zu den Standardtherapien in der stationären Psychotherapie. Sie wären es nicht, wenn man sie als Vermeidung ansehen würde.


Korrekt - sehe ich genauso. Ein Problem stellt m. E. allerdings die Instrumentalisierung durch die westliche Herangehensweise insgesamt dar - nicht nur im psychotherapeutischen Kontext.

Meditation war und ist in ihrem asiatischen Ursprung jahrtausendelang kein Werkzeug sondern ein essentieller Bestandteil der sinn- und heilsuchenden Lebenspraxis. Ethik und Bemühen um ein Verständnis der Gesetze des Daseinskreislaufes, um karmische Abläufe, Selbst-Verständnis etc. gehörten dazu. Es geht also ums Ganze...!

Sich nun zu Therapiezwecken nur eine klitzekleine Nische des umfangreichen Komplexes Meditation rauszupicken und damit zu beabsichtigen, einen Menschen wieder gesellschaftlich funktionsfähig zu machen, birgt nicht nur absehbares Scheitern sondern auch Gefahren an Körper und Geist.

Zitat von Schlaflose:
Für mich sind sie ungeeignet, weil ich dabei Angstzustände bekomme, die ich normalerweise nicht habe. Für mich ist körperliche Betätigung in Form von Sport die beste Methode.


Das kann ich gut nachvollziehen und habe es zu Beginn meiner Meditationspraxis oft genug erlebt. Ein bedeutender Schritt ist es jedoch, diese Angst während der Meditation nicht nur auszuhalten (denn Aushalten ist hier letztlich nichts anderes als vor ihr zu fliehen!), sondern die Angst zu verstehen, zu durchschauen, sie zu kontemplieren!

Genau hier beginnt nämlich (tragfähige) Weisheit und endet ein Teil der Verblendung. Dieses weise Verstehen der Emotion Angst wirkt sich längerfristig auf sämtliche Geistesfunktionen und Emotionen aus. Es ist quasi eine Blaupause für alle Belange unseres Daseins. Wer dies wirklich erlebt und versteht, dessen Wahrnehmung richtet sich zunehmend anders aus.

Zitat von -IchBins-:
Es wird leider oft vergessen, dass, was der Therapeut studiert hat, nicht bei jedem seiner Patienten der richtige Tipp ist.


Genau! Sich im Laufe seiner Therapie(n) eine gewisse Autonomie hinsichtlich dessen zu erarbeiten, was funktioniert und was nicht, sollte für Patient und Behandler das Hauptziel sein.

Zitat von cube_melon:
Gegenfrage - warum sollte das so sein?

Da musst Du Watermelons Therapeut fragen, der sagt das (genauer nachzulesen in den von mir eingefügten Zitaten ganz oben)

Ich fand das interessant, weil ich diese Auffassung noch nie gehört hatte und sie im totalen Widerspruch zu allem steht, was ich sonst überall lese und höre. Aber ich dachte mir, vielleicht gibt es ja Situationen (z.B. wie von flowergirl und moo beschrieben), in denen da was dran sein könnte.

Zitat von Spaceman:
(genauer nachzulesen in den von mir eingefügten Zitaten ganz oben)

Das habe ich gelesen.

Die Biografie, Genetik, Komplexität jedes Menschen und seiner Geschichte ist noch unterschiedlicher als ein Fingerabdruck.
Sicher, es gibt spezielle Therapien für manch Diagnose. Der Feinschliff ist aus meiner Erfahrung dann wieder individuell.

Wenn ich mich immer in eine Yoga-Welt flüchte, um die reale mit ihren Emotionen nicht zu ertragen, ist das auf Dauer unzuträglich.
Anfangs packt man Menschen tendenziell in Watte um eine gewisse Grundstabilität zu ermöglichen und bis man sie einschätzen kann.
Danach geht es kontinuierlich und in angepasster Schrittweite in das Aushalten von Angst, bis irgendwann zur Konfrontation.

Es zu lernen immer stärkere Emotionen auszuhalten, ist elementar wichtig. Sonst wird es schwierig die eigene Resilienz in einem Maße aufzubauen, wo ein Mensch eigenständig im Leben zurecht kommt.

Diese Übungen zähle ich zu den Dingen die wichtig sind für (innere) Achtsamkeit, innere und äussere Grenzen, Korpergefühl, Ingetration in sich selbst, Erdung usw..

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Mira Weyer
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