Griasam und danke für die Themeneröffnung an Euch beide @Watermelon @Spaceman !
Zitat von Watermelon: Ich bin überzeugt dass ich damit nicht vermeiden, sondern schlicht zur Ruhe kommen wollte.
Es kommt darauf an, welche
Art von Meditation jemand praktiziert. Natürlich gibt es sogenannte reine Ruhemeditationen die vordergründig nur einen Zweck verfolgen - den Geist zu beruhigen. Doch auch sie haben längerfristig einen bedeutenden Lerneffekt: das Erkennen des
Unterschiedes zwischen
bewegtem und
ruhigem Geist.
Zitat von Watermelon: Durchhalten ohne Sicherheitsverhalten bis die Angst auf ein erträgliches Maß runter ist.
Die meisten Verhaltenstherapeuten bauen mittels dieser Strategie auf den Effekt, dass der Patient sich der Angstreduktion von allein bewusst wird und somit die Angst vor der Angst verringert. Dabei handelt es sich mehr um körperliches Durchleben anstelle diskursiver Einsicht. Insofern halte ich diese Idee für
einige Patienten passend.
Parallel dazu erarbeiten Patient und Therapeut idealerweise ein Verständnis, wie sich in der Vergangenheit die Ängste aufgebaut haben und u. U. auch, woher sich diese ursächlich ableiten lassen (Kindheit, Elternhaus etc.)
Zitat von Watermelon: Ich habe auch viel gelesen und war immer der Meinung das PMR, AT und Meditation ein wirksames Instrument sind. Darum war ich sehr irritiert als er mir das sagte und auch wenn ich vertrauen in ihm habe, es fällt mir schwer die Angst auszuhalten
Hatte anfangs auch mit mir gehadert ob diese Therapie die richtige für mich ist.
Ich fange quasi bei 0 an, denn mit meinen kleinen Helferchen konnte ich zumindest noch etwas machen. Jetzt habe ich die Expos und da muss ich halt durch die Angst durch.
Er sagte auch zu einem späteren Zeitpunkt sind diese Techniken wieder erlaubt. Momentan aber eher als Vermeidung zu bewerten.
Obgleich ich persönlich eine völlig andere Sicht auf Meditation als Instrument habe, verstehe ich den Ansatz Deines Therapeuten schon. Es ist nur die Frage, ob
er Deine Meditationspraxis versteht?
Offenbar interpretiert er Deine bisherigen Helferchen als Krücken, die Du nun vorübergehend ablegen solltest. Das ist einen Versuch wert. Für Dich ist nun wichtig, Dir während dieser Phase darüber klar zu werden,
was Meditation, Yoga etc.
tatsächlich für Dich waren!
Waren es wirklich nur
Instrumente die einen
Zweck verfolgt haben, könnte Dein Therapeut nämlich Recht haben. Das jetztige Weglassen soll prüfen, ob der Zweck tragfähig bzw. zielführend war/ist.
Zitat von Schlaflose: SolcheTechniken gehören zu den Standardtherapien in der stationären Psychotherapie. Sie wären es nicht, wenn man sie als Vermeidung ansehen würde.
Korrekt - sehe ich genauso. Ein Problem stellt m. E. allerdings die Instrumentalisierung durch die westliche Herangehensweise insgesamt dar - nicht nur im psychotherapeutischen Kontext.
Meditation war und ist in ihrem asiatischen Ursprung jahrtausendelang kein Werkzeug sondern ein
essentieller Bestandteil der sinn- und heilsuchenden Lebenspraxis. Ethik und Bemühen um ein Verständnis der Gesetze des Daseinskreislaufes, um karmische Abläufe, Selbst-Verständnis etc. gehörten
dazu. Es geht also ums Ganze...!
Sich nun zu Therapie
zwecken nur eine klitzekleine Nische des umfangreichen Komplexes Meditation rauszupicken und damit zu beabsichtigen, einen Menschen wieder gesellschaftlich funktionsfähig zu machen, birgt nicht nur absehbares Scheitern sondern auch Gefahren an Körper und Geist.
Zitat von Schlaflose: Für mich sind sie ungeeignet, weil ich dabei Angstzustände bekomme, die ich normalerweise nicht habe. Für mich ist körperliche Betätigung in Form von Sport die beste Methode.
Das kann ich gut nachvollziehen und habe es zu Beginn meiner Meditationspraxis oft genug erlebt. Ein bedeutender Schritt ist es jedoch, diese Angst während der Meditation nicht nur
auszuhalten (denn Aushalten ist hier letztlich nichts anderes als vor ihr zu fliehen!),
sondern die Angst zu verstehen, zu durchschauen, sie zu kontemplieren!Genau hier beginnt nämlich (tragfähige) Weisheit und endet ein Teil der Verblendung. Dieses weise Verstehen der Emotion Angst wirkt sich längerfristig auf sämtliche Geistesfunktionen und Emotionen aus. Es ist quasi eine Blaupause für alle Belange unseres Daseins. Wer dies wirklich erlebt und versteht, dessen Wahrnehmung richtet sich zunehmend anders aus.
Zitat von -IchBins-: Es wird leider oft vergessen, dass, was der Therapeut studiert hat, nicht bei jedem seiner Patienten der richtige Tipp ist.
Genau! Sich im Laufe seiner Therapie(n) eine gewisse Autonomie hinsichtlich dessen zu erarbeiten, was funktioniert und was nicht, sollte für Patient und Behandler das Hauptziel sein.