Zitat von Sinnsucher: Kannst Du mir das vielleicht noch etwas erläutern? Das habe ich noch nicht ganz verstanden.
OK, da muss ich jetzt ein wenig ausholen... . Ich werde dabei mitunter Textbausteine aus älteren Beiträgen nutzen, also bitte nicht erschrecken über den Umfang...
Um die Verbindung von Gefühlen mit Gedanken zu durchschauen, erstmal zu Letzteren:
1. Gedanken und Denken sind zwei verschiedene Dinge!Gedanken sind
im Geist gespeicherte Sinneseindrücke, die aus bereits stattgefundenen Sinneskontakten (Sehen, Hören, Riechen, Schmecken, Tasten) entstanden. Der Unterschied zu den Sinneskontakten ist lediglich, dass sie von innen (aus dem Geist) kommen.
Denken ist
aktives geistiges Gestalten und findet in aller Regel unbewusst statt. Unbewusst bedeutet hier, dass Denken nicht bewusst erlebt und schon gar nicht
beobachtet werden kann. Nur sehr weit fortgeschrittene Meditierende sind z. B. in der Lage, den Beginn und das Ende des geistigen Gestaltens zu erkennen, doch ich schätze, das ist bei keinem hier im Forum der Fall
Daraus folgt, dass das was Du oben als wiederholtes Denken beschreibst, lediglich ein
Beobachten von Gedanken darstellt.
2. Weshalb die Angst? Einer der Gründe, weshalb uns wirre Gedanken ängstigen, ist der (vermeintliche!)
Kontrollverlust. In Wahrheit ist es aber kein Verlust von Kontrolle, sondern Unwissenheit über Punkt 1 (s.o.).
Da wir glauben, Gedanken seien gleichbedeutend mit Denken beziehen wir die Gedanken
auf uns! Es fühlt sich so an, als hätten
wir etwas mit unseren Gedanken
gemeinsam, wären
dafür verantwortlich, ja sogar manchmal
schuld daran...
Niemals würden wir so über die anderen Sinneseindrücke (Gesehenes, Gehörtes, Gerochenes etc.) denken! Weshalb ist das so? Weil diese Sinneseindrücke (vermeintlich!) von
außen kommen, Gedanken jedoch, wie oben beschrieben, von
innen. Der unachtsame Geist meint deshalb,
er wäre der Schöpfer derselben.
Ich glaube, soweit ist das relativ gut verständlich? Nun zum Fühlen und Wahrnehmen:
3. Aus Sinneskontakten entstehen Wahrnehmungen.Das Phänomen der
Wahrnehmung stellt nun das gefühlte Innen und Außen in Frage: Ein Sinneskontakt bedarf immer dreierlei: a) Sinnesorgan (z. B. Auge), b) Sinnesobjekt (z. B. Farbe, Form) und c) Sinnesbewusstsein (z. B. Sehbewusstsein). Nur wenn alle diese drei Faktoren zusammenkommen entsteht
Sinneskontakt.
Das geistige Erfassen des Sinnesobjekts nennt man
Wahrnehmung. Ich verwende gerne die Begriffe Interpretation oder Vermeinung (von zu meinem machen). Beispiel: Die gesehene Farbe und Form wird als Ding wahrgenommen. "Ding" ist ein Begriff (von Er-Greifen), ein Zugriff, eine Bezeichnung meinerseits. "Das Ding" ist also bereits Ich-gefärbt, sobald er wahrgenommen wird. Ohne Wahrnehmung wäre ein Ding lediglich Farbe und Form, ja, letztlich nicht mal das, sondern nur genau so...
Die letzten beiden Absätze sind wichtig für das Verständnis, dass letztlich sämtliche Wahrnehmung (und damit sowohl Ich als auch Welt)
vom Geist ausgehen! Es ist also keine Frage von Innen und Außen. Deshalb haben auch sämtliche Erscheinungen keine Wertigkeit, sie sind
leer.
Angstgefühle und ihr Wesen (Begleiter von Gedanken)Wenn Du nirgends einen begründeten Anlass für Deinen Verdacht findest, solltest Du Deinem Gefühl nicht weiter Beachtung schenken. Gefühle werden bei den meisten Denkvorgängen miterzeugt, sie sind fast immer Bestandteile des Denkens. Trotzdem sind sie meist irrational.
Wenn man sich dieser Tatsache nicht bewusst ist, nimmt der Anteil der Gefühle beim Wahrnehmungsvorgang u. U. einen überrelativ großen Raum ein. In der Folge führt dieses Ungleichverhältnis dazu, dass der Sch wanz mit dem Hund wackelt: Die Gefühle bestimmen die Wahrnehmung und steuern somit die Gedanken.
Um das bildhafter zu verstehen, kannst Du dir ein Kreisdiagramm aufzeichnen. Das kleine Küchenstück stellt normalerweise den Gefühlsanteil dar. Bei Dominanz der Gefühle ist es genau umgekehrt.
Der Weg zurück zum richtigen Kuchenverhältnis führt über eine bewusste Umerziehung des Geistes. Zuerst guckst Du, ob bei anderen Wahrnehmungen auch die selben Gefühle (hier: Angst) mitschwingen. Mache Dir eine Notiz über sämtliche dergestaltigen Denkvorgänge und prüfe, in wieweit die Ängste da begründet (berechtigt!) waren.
Je öfter Du die Unangemessenheit der Ängste beim jeweiligen Thema (z. B. Verbindung Motorrad/Freund)
erkennst umso schwächer wird die Angst insgesamt.
Du tust Dich leichter, wenn Du Angst als sozusagen ungerichtete Emotion verstehst: Angst hat keinen echten Bezug, sondern sie ist einfach nur ein Begleitaspekt unserer Wahrnehmung. Letztendlich ist sie neutral.
Um die Position der Gefühle richtig einzuordnen, möchte ich das
Ineinander-Wirken und Gegenseitig-bedingen der
Fünf Geistes-Faktoren und somit den Aufbau der Persönlichkeit schildern:
1. Sinneskontakt
2. Gefühle
3. Wahrnehmung
4. Gestaltungen
5. Bewusstsein
Obwohl sie nummeriert sind, ist es
kein chronologischer Ablauf der hier stattfindet. Wir neigen dazu, ein Schema oder eine Struktur erkennen zu wollen. Das ist hier schlechterdings unmöglich. Es ist vielmehr eine Art gleichzeitige Verflechtung oder besser Verfilzung. So wie beim Filzen aus einzelnen Fasern z. B. ein Tassenuntersetzer entsteht, wird aus den 5 Geistesfaktoren ein Ich, ein Selbst
ge-wirkt (- von Wirken!).
(Wir dürfen hier nicht den typisch menschlichen Fehler machen, sofort zu fragen: Von
wem denn gewirkt? Diese automatische Reaktion entspringt bereits wieder der Ich-Illusion (ich nenne sie ab hier mal der Einfachheit halber das Ego). Das Ego kann gar nicht anders, als von einem Zentrum - nämlich sich selbst - auszugehen).
Aufgrund dieser Verflechtung kann man seine Untersuchung an fast jedem beliebigen Faktor (1.- 5.) beginnen, denn wie bei einem Hologramm wird sofort die Wechselwirkung ersichtlich. Jeder Faktor wirkt auf die anderen ein und wird gleichzeitig von ihnen beeinflusst.
Da die Gefühle (2.) den Bereich darstellen, an dem bei der Geistesarbeit
echte Veränderungen erreicht werden können (und müssen), fange ich mal dort an.
Im folgenden Beispiel werde ich nun immer die jeweiligen Faktoren nummerieren, damit es übersichtlich bleibt:
Irgendeine Behauptung eines Bekannten (1.) löst einen Gedanken (1.) bei uns mit aus. Denken (4.) und Gedanken (1.) sind zwei verschiedene Dinge - nichtsdestotrotz gehen sie Hand in Hand. Diese Unterscheidung ist wichtig für das Verständnis der Geistesfunktion. Am Denkvorgang (4.) sind neben den Gedanken(objekten) (1.) idR immer auch Gefühle (2.) und damit verbundene Bewertungen (3.) beteiligt. Ebenso bilden und verändern sie die Wahrnehmung (3.) und das Bewusstsein (5.).
Das Bewusstsein (5.) beinhaltet u. a., dass sich irgendeine Sache (1.) so und so verhält - es wurde eine Meinung (3.) gebildet welche für richtig (3.) gilt.
In Wirklichkeit ist aber diese Meinung rein subjektiv - sie hat mit der objektiven Lage der Dinge überhaupt nichts zu tun.
Obgleich der letzte Satz bestimmt einleuchtet, verhält sich das Bewusstsein (5.) völlig anders, da nämlich die
Gefühle (2.) nun ihren großen Auftritt haben: Im Fall von gegensätzllichen Behauptungen anderer entstehen (automatisch und unbewusst) Gefühle (2.) unangenehmer Art (das Ego fühlt sich bedroht). Hingegen im Fall von bestätigenden Äußerungen von außen entstehen (ebenfalls automatisch und unbewusst) Gefühle (2.) angenehmer Art (das Ego fühlt sich bestätigt).
Unmittelbar mit den Gefühlen (2.) entstehen die o. g. Bewertungen (3.).
Gefühl bedingt automatisch Bewertung! Unsere (Für-)Wahrnehmung (3.) ist bereits von diesen Bewertungen (3.) gefärbt und somit alles andere als neutral oder objektiv. Das alles ist der
passive und idR
unbewusste Part des Vorgangs.
Der
aktive Part sind - und jetzt kommt´s - oftmals sogar
bewusste Reaktionen (4.). Diese Reaktionen (4.) können in dreierlei Gestalt erfolgen: Erneutes Denken, Rede und/oder Taten. Sie kann mehrgestaltig auftreten, aber niemals ohne Denken.
Wenn man nun ganz genau hinschaut, erkennt man dass diese Reaktionen (4.) eigentlich eine Art Kompensations- oder Zwangshandlung (4.) darstellt. Wir wollen (müssen!) (4.) uns dazu äußern. Das ist auch der Grund, weshalb viele Psychologen sagen dass wir unserer Meinung Luft machen sollen indem wir sowohl verbal als auch körperlich Klartext reden. Das Bewusstsein (5.) ist also eigentlich ständig
getrieben! Getrieben von was? Von den Sinneseindrücken (1.) und der unbewussten, passiven, automatischen (internen) Beantwortung durch Gefühl (2.), Bewertung (3.) und Gestaltungen (4.). Und dies seit anfangslosen Zeiten, wie wir später noch besprechen werden.
Das Ego setzt sich aus diesem o. g.
unbewussten Ablauf zusammen.
Aus diesem unbewussten Wirkens-Komplex entsteht das Ego. Es ist ein Nebenprodukt dieses Vorgangs und nährt und erhält sich selbst durch ständige Wiederholung. Das ganze Erleben ist durch das Ego Ich-gefärbt, die Welt wird ins Verhältnis zum Ich gesetzt,
alles wird vermeint. Hier liegt das ganze Problem begründet.
Aus diesem Ich-Bewusstsein heraus leben wir unser (vermeintliches) Leben, bilden unser Weltbild, unseren Glauben, politische Überzeugungen, ethische Einstellungen etc.
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Wenn Du jetzt noch nicht komplett verwirrt bist und eine Frage dazu hast - nur zu. Ich neige zur Detailiertheit, was oft nur schwer zu verdauen ist. Andererseits fehlt mir leider die Fähigkeit, diese Dinge in kurze, griffigere Formulierungen zu pressen. Sorry for that...und schönen Sonntag!