2002 beging ich einen Suizidversuch (es war nicht der erste und auch nicht der letzte, nur konnte ich das verheimlichen) und bekam zwei Monate Zwangsurlaub. Seitdem ist mein Asthma chronisch geworden und ich leide ständig an Panikattacken, Unruhe, Angst.
2005 habe ich mich durchgerungen, einen Therapeuten aufzusuchen. Nach ein paar Monaten brach ich ab, dann wollte ich wieder und er nahm mich auch wieder auf. Hauptsächlich bin ich bei ihm wegen erwähnter Panikattacken, Ängsten, Unruhe, Autoaggressionen und Suizidalität.
Im Mai dieses Jahres kam meine Mutter ins Krankenhaus. Sie wurde hin und her verlegt, von Krankenhaus zu Krankenhaus. Es fand ein ständiges Wechselspiel zwischen Normal- und Intensivstation statt. Ich habe alles mögliche auf mich genommen, auch Dinge, die ich normalerweise für niemanden, auch nicht für mich, zumindest versucht hätte, bspw. Zugfahren, durch unterirdische Gänge laufen, über Brücken, v.a. fremde Umgebungen jagen mir Panik ein. Irgendwo unterwegs, das war die Zugstrecke, kam, nachdem ich mich einigermaßen beruhigt hatte, noch ein Tunnel. Es blieb nichts, aber auch gar nichts aus.
Am 6. August ist sie dann verstorben. Und nun hat mich alles endgültig aus der Bahn geworfen, denn jetzt erst, im sogenannten Alltag, fällt mir auf, dass ich eigentlich erst Recht ein nutzloses Stück Dreck bin, weil ich niemanden mehr habe, den ich versorgen, um den ich mich kümmern kann und ich habe immense Schuldgefühle, weil ich, wie sollte es anders sein, alles falsch gemacht und alles falsch entschieden habe. Die letzten fünf Jahre hatte ich meine Mutter gepflegt.
Vor 15 Jahren verstarb mein Vater. Ich war ein Papakind. Über seinen Tod bin ich bis heute nicht weg, das mag für andere vielleicht lächerlich klingen. Und nun fange ich, zu allen anderen Problemen, noch mal von vorne an.
Ich nehme seitdem ein AD, nur stimmungsaufhellend wirkt es immer noch nicht. Nun habe ich noch eine Sprachstörung entwickelt, d.h. wenn ich unter Stress gerate, dann kriege ich die Worte nicht mehr raus, es verkrampft, blockiert sich einfach. Letzten Mittwoch war die Therapiestunde dermaßen stressig, weil er immer weiter bohrte wegen eines bestimmten Themas, über welches ich mit ihm in über zwei Jahren nicht sprach. Hinzu kam noch, dass hier Leute im Umfeld mich noch mehr unter Stress gesetzt haben durch ihr dämliches Verhalten und Fehlinterpretation. Als ich ihm das auch noch sagte, war ich so fertig, dass ich so gut wie gar nicht mehr flüssig sprechen konnte, ich geriet in einen Zustand, der selbst ihn irgendwie irritierte. Er meinte, es läge bei mir keine Nebenwirkung bezüglich der Sprachstörung vor, sondern es käme daher, weil ich derzeit unter erheblichem Stress und Anspannung leide. Aufgrund dessen gab er mir noch ein AD, mit dem soll ich dann wenigstens abends die Nerven runterfahren.
Dienstag fragte ich ihn, ob es nicht eine Therapie gäbe, bei welcher man sich stückweise einfach auflöst, bis nur noch ein ganz kleines Stückchen von einem da wäre, das könnte er dann von mir aus sonstwohin entsorgen. Natürlich gibt es eine solche Therapie nicht, leider. Es war nur eine der Phantasien, wie man sich selbst entsorgen könnte.
Es scheint nichts wirklich zu funktionieren, im Gegenteil. Ich bekomme nun auch regelmäßig Freitags diese Attacken, was wohl daher rührt, dass meine Mutter in den letzten vielen Wochen merkwürdigerweise immer wieder zwischen Freitagabend und Samstagmorgen plötzlich auf Intensiv verlegt wurde.
Angst vor Menschen, menschlicher Nähe, begründete Panik davor, dass mich jemand anfasst, Angst vor engen/geschlossenen Räumen, Aufzügen, Höhenangst... all das kenne ich schon seit Jahren. Nicht, dass es nun mal gereicht hätte, dass ich vergangenen Mittwoch näher dran war als jemals zuvor und ich, v.a. wegen meiner Tiere, noch mal umlenken konnte. Nein.
Gestern überkam mich plötzlich eine Panik, dass ich vielleicht noch 10, 20 Jahre leben könnte/müsste. Oder wenn ich so richtig Pech hätte, würde ich 80 Jahre oder älter. Dieser Gedanke hat sich so festgefressen, die Angst davor, ich müsste dieses Leben vielleicht tatsächlich noch so lange aushalten, mich so lange selbst ertragen... zumal ich sowieso schon erhebliche Schwierigkeiten habe, nur ein paar Monate im voraus zu denken. Diese Vorstellung ist so grausam, und ich bin nun ständig unter Angst, Unruhe und zittere zeitweise so, dass ich nichts mehr ruhig halten kann. Es kommt anscheinend gerade jetzt alles auf einmal.
Zudem habe ich irgendwie gar kein Zeitgefühl mehr. Leben heißt für mich, dass man die sogenannten Vitalfunktionen aufweist, mehr nicht. Ansonsten ist es für mich nur noch ein Absitzen, jeden Tag irgendwie überstehen. Einmal fühlt und spürt man überhaupt nichts mehr, dann muss ich mich schneiden, einerseits zum beruhigen, oder auch, um mich zu bestrafen, anderenfalls um zu checken, ob ich wenigstens außen noch Schmerz und Gefühle wahrnehme, die sich innerlich entweder verflüchtigt oder aber verstärkt in diese Angst und Panik und die absurdesten Gedanken verwandelt haben.
Hören diese Ängste und Panik, diese Unruhe denn niemals auf? Warum muss immer noch etwas neues hinzukommen? Ich nehme nun schon alles mögliche ein, aber ausschließlich für die Nacht. Wenigstens kann ich dann einigermaßen schlafen. Aber sobald ich aufwache, geht das ganze Programm von vorne los und lange kann ich diesen Zustand nicht mehr aushalten. Wofür und für wen auch?
08.11.2007 19:46 • • 13.09.2020 #1