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Hallo zusammen,

ich bin bestimmt nicht der einzige, der darunter leidet aber ich kann irgendwie sehr selten einfach entspannt oder gar glücklich sein für den Moment, auch wenn alles so scheint als wäre mal alles in Ordnung.

Seit den letzten Schicksalsschlägen die jetzt aber auch 2-3 Jahre sind.
Habe ich immer Angst, dass jemand erkranken könnte der mir wichtig oder das ich erkranke.

Oder etwas gravierendes passiert, dass das Leben komplett umschmeißt, kennt ihr das Gefühl?
So dass ich mir fast schon nicht erlaube entspannt oder glücklich zu sein, so als müsste ich mich auf das nächste vorbereiten?

Ich versuche aktuell zu meditieren und mir bewusst zu machen, dass eigentlich alles okay ist und selbst wenn es mal anders sein sollte, ich es mit meinen Vorgedanken ohnehin nicht ändern oder verhindern kann.

Habt ihr Tipps ich bin neu hier und erhoffe mir das jemand das ganze verstehen kann oder im optimal Fall mir gute Tipps an die Hand geben könnte.

Freu mich auf eure Antworten.

P.S. Therapieplatz ist nicht in Aussicht.

04.08.2023 14:25 • 04.08.2023 #1


2 Antworten ↓


Hallo Mindlesss,

willkommen hier im Forum!

Ich kenne solche Gedanken/Befürchtungen sehr gut und mir hilft es, den Mechanismus dahinter zu verstehen.

Ich schreibe Dir mal das auf, was meine Therapeuten mir dazu erklärt haben:

Das, was Du dort erlebst, ist sogenanntes magisches Denken (so wird es in der Psychologie bezeichnet).

Es ist der Glaube daran, dass man mit seinen eigenen Handlungen/Gedanken/Emotionen Einfluss auf das nehmen kann, was in der Welt passiert, auch wenn rational keinerlei Verbindung zwischen dem, was Du tust oder denkst und dem, was in der Welt passiert, besteht.
Es werden dabei Zusammenhänge zwischen Dingen hergestellt, die nicht in Beziehung zueinander stehen. Das wird auch als Beziehungswahn bezeichnet, was bedeutet: Es besteht ein wahnhaftes (also pathologisches) Denken darüber, dass es Beziehungen zwischen Ereignissen gibt, die rational nicht existiert. Deine Gedanken können nicht beeinflussen, ob etwas Schlimmes passiert.


Also wie in Deinem Beispiel:
Wenn ich mir ganz viele Sorgen und Gedanken mache, kann ich damit vielleicht (unterbewusst) verhindern, dass schlimme Dinge in meinem Umfeld passieren.
Ich darf nicht glücklich sein, denn wenn ich Glück empfinde, passiert immer etwas Schlimmes.
Nicht selten entwickeln sich daraus aus Zwangshandlungen:
Wenn ich 20x auf Holz klopfe, kann ich Unglück abwenden.
Wenn ich jedesmal 10 mal den Lichtschalter an- und ausschalte, wird xy nicht passieren.
Wenn ich nicht auf Fugen zwischen Fliesen trete, wird Person xy vielleicht nicht sterben.


Warum macht unsere Psyche so etwas? Es ist ein Schutzmechanismus. Ein Schutzmechanismus vor schlimmen Gefühlen, die wir nicht haben wollen.
Eines der schlimmsten Gefühle, die ein Mensch empfinden kann, sind Ohnmacht, Hilflosigkeit und das Gefühl, ausgeliefert zu sein.
Man fühlt sich dem, was in seinem Umfeld und in der Welt passiert, hilflos ausgeliefert, und das macht Angst.
Darum kommt es zu einem paradoxen Effekt:

Wir fühlen uns lieber schuldig als ohnmächtig.

Denn wir wir Schuld empfinden, bedeutet das ja, dass wir die Möglichkeit haben, Einfluss zu nehmen.
Und das ist leichter auszuhalten als das Gefühl, ohnmächtig und ausgeliefert zu sein.

Darum ist es für die Psyche vermeintlich leichter auszuhalten, zu denken Dieser Mensch ist gestorben, weil ich Glück empfunden habe, mir nicht genug Sorgen gemacht habe/ beim Verlassen der Wohnung nicht bis 20 gezählt habe/ ....

Darum könnte es sein, dass Du denkst: Wenn ich mir ganz viele Vorgeganken mache, kommt es vielleicht nicht zu einem schlimmen Ereignis.


Ich habe es bei mir so erlebt, dass es helfen kann, sich diesen Mechanismus vor Augen zu führen. Sich zu sagen: Meine Psyche möchte mich schützen, darum denke ich so.

Und wenn diese Gedanken kommen, sich dann zu sagen: Es ist meine Angst vor Ohnmacht, die mich so denken lässt.
Es ist meine Erkrankung, die mich so denken lässt.
Zwischen den schlimmen Ereignissen und meinen Vorgeganken besteht in der Realität kein kausaler Zusammenhang, meine Psyche gaukelt mir da etwas vor, um mich zu schützen und mich vor dem Gefühl des Ausgeliefertseins zu schützen.

Und zu akzeptieren, dass im Leben schlimme Dinge passieren werden, das ist leider so. Aber die passieren völlig unabhängig davon, was Du denkst.
Wenn etwas Schlimmes passiert, dann hat das nichts damit zu tun, dass Du Dir nicht genügend Vorgeganken gemacht hast.
Dass Du so denkst, ist ein Symptom einer Erkrankung.

Soweit erstmal, ich hoffe, dass meine Ausführungen halbwegs verständlich waren, mein Gehirn arbeitet heute leider nicht so wirklich auf Hochtouren.

Vielleicht können meine Erfahrungen und der Input/ die Erklärungen meiner Therapeuten Dir ja etwas helfen, das würde mich freuen.

Alles Gute,

LG Silver

Hallo silverleaf,

vielen lieben dank, dass du mir deine Erfahrungen und Informationen so gut und offen dargelegt hast.

Tatsächlich fand ich den Ansatz sehr interessant, da ich mich beim lesen bei einigen wieder erkenne.

Und versuche mal beim nächsten mal darauf zu achten, was ich genau denke und vor allem dabei empfinde.





Mira Weyer
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