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Angst vor dem Tod
Hallo liebe Foren-Gemeinde,
ich bin männlich, 20 Jahre alt, und lese hier schon etwas länger mit, nachdem sich ein Problem bei mir aufgetan hat, was hier viele zu haben scheinen und ich es beim Lesen beruhigend fand, dass es anderen auch so geht, auch wenn man bei diesem Unterfangen am Ende leider jeder auf sich allein gestellt ist. Vielleicht kann man durch einen weiteren, näheren Austausch sich gegenseitig noch ein wenig mehr helfen.
Vor etwa drei oder vier Monaten an einem Abend wurde mir plötzlich bewusst, dass ICH irgendwann mal sterben werde.
Klar war mir das schon immer irgendwie, aber nicht so stark wie an diesem Abend. Ich habe letztes Jahr mein Abitur gemacht, war in den Planungen fürs Studium, saß gemütlich abends am Esstisch, blickte hinaus und mir wurde klar, dass ich eines Tages NICHT MEHR DA SEIN WERDE UND STERBEN WERDE. DIE REISE OHNE WIEDERKEHR. Ich dachte erst, dass das alles ein schlechter Scherz sei, aber es war real und so einen Terror hab ich noch nie gespürt. Ich habe mich gefühlt, als säße ich in einem Flugzeug, voller Zuversicht, was die Zukunft bringt und dann auf einmal stürzt man in den sicheren Tod. So erschlagen war ich von dem Gedanken. Bisher war die Information, dass ich sterben werde immer etwas hinten in einem Kopf gelagert, aber da kam sie zum Vorschein wie noch nie. Ich habe schon immer viel über den Tod und die Vergänglichkeit des Lebens nachgedacht, man sollte im Moment leben, das viele Zukunftskonzepte einfach Illusion sind, aber so stark hatte ich das ehrlich gesagt noch nie. Denke so ziemlich jeder schiebt den Gedanken auch mehr oder weniger beiseite. Jedenfalls begann dann erstmal die Leidenszeit. Ich dachte, dass ich 2016 nicht mehr erlebe werde, wie auch eine andere Userin hier meinte. Lag weinend und deprimiert in meinem Bett, habe mich nicht mehr rausgetraut, kaum was gegessen. Wollte Kontakt zu Gott suchen, auf ein Zeichen hoffen, unzählige Nahtodberichte gelesen, ob da noch was kommt, obwohl ich gar nicht so religiös bin und hatte später dann so eine große Angst, dass ich einfach nicht mehr aufwachen wollte, um es hinter mir zu haben. War in der Zeit auch völlig desillusioniert. Ist das alles real hier. Warum bin ich ich und gerade in meinem Körper. Warum bin ich 1995 geboren und nicht jemand anders. Warum sehe ich alles aus der Ego-Perspektive, Theorien zum Solipsismus gelesen. Dabei bekam ich Schwindelzustände, Schweißattacken.
Dieser Zustand hat sich mittlerweile wieder beruhigt und ich hatte auch etwas zu Hypochondrie geneigt, was sich wieder gelegt hat.
Mittlerweile bin ich noch immer hier, aber die Angst vor dem Nicht-Mehr-Existieren bleibt. Dass ich irgendwann nicht mehr da bin, für immer weg, in einem Sarg unter der Erde liege macht mich irgendwie fertig. Ich glaube deswegen kann ich auch insgeheim gar keine richtig engen Freundschaften oder Partnerschaften eingehen, weil das Konzept des Todes mich so fertig macht.
Habe dann mit meinem Cousin drüber gesprochen, der meinte, dass er keine Angst hätte, weil er an ein Leben nach dem Tod glaubt.
Als ich meiner Mutter weinend davon berichtet habe, dass ich so deprimiert bin, dass sie und ich eines Tages nicht mehr sein werde, meinte sie, dass sie den Gedanken nicht so an sich heran lässt, weil sie viel arbeitet.
Dass der Zustand, den ich und andere User hier so fürchten, gerade Menschen erreichen oder auch in den letzten Monaten, wo ich gedacht habe, dass es mit mir soweit ist, macht mich fertig. Die Zeit ist auch so gerast, auch wenn ich das auf viele schlimme Ereignisse beziehe vor vielen Jahren. Manchmal denke ich mir dann die wussten doch auch nicht, dass es jetzt vorbei sein wird für sie und wenn ich sehe was für Persönlichkeiten gehen mussten, die an sich viel mehr bewegt haben als wir es je tun werde, jetzt aber tot sind und die Welt sich einfach weiter ohne sie dreht, weiß ich, dass dieses Schicksal mich eines Tages auch ereilen wird. Ein komischer Gedanke. Fällt mir vor allen Dingen dann auf, wenn man sieht wie bestimmte Promis Beerdigungen beiwohnen und dann irgendwann sie selbst es sind, die beerdigt werden. Die ganzen Medien füttern die Ängste bezüglich Tragödien auch immer weiter, wenn sie einfach schildern, wie Personen vom Charakter her waren, was vorher am Tag noch passiert ist, letzte Interviews und Facebook-Einträge zeigen oder wenn es plötzlich passiert ist, dass man das direkt auf seinen Alltag projizieren kann. Wenn ich sehe was hier in den letzten Jahren für unnötige Unfälle passiert sind und die Kreuze sehe, dann wird mir auch immer ganz mulmig, weil diese Personen einfach zur falschen Zeit am falschen Ort waren. Was meine Todesängste dann noch geschnürt hat, war die Tatsache, dass eine Studentin von der Universität auf dem Rückweg einen Unfall hatte und verstarb. Erst die plötzliche Angst vor dem Tod und dann so eine Nachricht. Erst noch in der Universität und dann tot. In der Universität ging es dann einfach weiter. Da frage ich mich manchmal dann warum wir im Angesicht des Todes alle weitermachen und was das für einen Sinn alles hat wenn wir sterben und die Welt sich ohne uns auch weiterdreht. Da kommt mir manchmal irgendwie alles extrem lächerlich vor und die Angst vor der Nicht-Existenz bleibt. Warum jeden Tag zur Arbeit oder zur Uni mühen, dann eventuell auf dem Weg ums Leben kommen und wenn die Nicht-Existenz kommt, wovon ich leider ausgehe, ist doch alles wie vor der Geburt und jegliches Wissen, alle Erfahrungen und Erinnerungen werden dann ausgelöscht und eigentlich macht es noch nicht mal einen Unterschied wie alt man wird, weil alles auf Null ist.
Wie geht ihr mit dieser Angst vor dem Tod um, was motiviert euch oder treibt euch an, vor allem als Nicht-Gläubiger?
16.01.2016 05:15 •
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