Mein Studium fängt an und zugegebenermaßen ist das mein dritter Versuch hinzugehen.
Ich bin jetzt seit einem Jahr in Therapie und habe recht große Fortschritte gemacht.
Dazu muss ich sagen, dass meine Angststörung oder überhaupt meine Angst nicht so ist, wie das normale Krankheitsbild. Ich habe in meinem Alltagsleben inzwischen durch die Therapie überhaupt keine Angst mehr. Vorher auch nur sehr, sehr vereinzelt. Wenn dann hat sich das nur als soziale Phobie geäußert und auch nur abgeschwächt. Inzwischen selbst das kaum noch. Das heißt, abseits von dem Studium kann ich ein ganz normales Leben leben. Ich habe kein Problem damit allein auszugehen, regele alle meine Angelegenheiten selbstständig, war alleine in Australien, treffe mich mit Freunden etc. etc.
Darüber sollte ich eigentlich glücklich sein, aber tatsächlich fühle ich mich dadurch eher schlechter. Es kommt mir vor, als wäre es meine Schuld, dass das mit dem Studium nicht funktioniert. Alles andere klappt doch. Mein Fachabi habe ich mit Einserschnitt absolviert und klar, zwischendurch war das mal stressig, aber ich hatte nie das Gefühl, es nicht bewältigen zu können.
Und jetzt? Ich hatte mich so auf ein Studium gefreut. Ich weiß auch, dass es die richtige Wahl für mich ist und trotzdem...
Sobald es losgeht kommt da ein riesiger Block. Ein unüberwindbarer Widerstand, den ich nicht erklären kann. Mir nicht erklären kann. Weil alles läuft, alleine leben läuft, ich traue mir das zu. Ich weiß, dass ich es kann. Und doch, wenn ich es soll, funktioniert es nicht. Ich verzweifele langsam aber sicher. Ich weiß, dass es hier schon Beiträge gibt, die dieses Thema behandeln, aber irgendwie gibt es dort keinen, der auf meine Situation passt.
Ich habe dieses Mal extra vorgesorgt, im Wissen, dass es eventuell wieder nicht klappen könnte und mich zu einem weiteren Jahr Schule angemeldet in dem ich mein allgemeines Abi erwerben könnte. Ich weiß, dass ich das kann. Und so hätte ich dann quasi etwas, was ich tun könnte, wenn es nicht klappt, damit ich nicht völlig ohne alles dastehen würde. Allerdings wäre ich dann 26 wenn ich mein Abi hätte. Andere Leute sind da schon fest im Berufsleben, heiraten, bauen Häuser und bekommen Kinder. Und in meinem Lebenslauf sähe das auch furchtbar aus. Ich wäre dann ja erst mit ungefähr 30 Jahren fertig. Eher mit 31, wenn ich meinen Master mache.
Da kommen wir zu meinem zweiten Problem. Von meiner Familie aus, im speziellen von meinem ältesten Bruder und früher meinem Vater, der jetzt aber verstorben ist, stand ich immer unter einem großen Druck Karriere zu machen. So früh wie möglich, so schnell wie möglich und das Beste war gerade gut genug. Zugegebenermaßen habe ich mir das auch aufdrängen lassen. Ich fand das gut. Eine gute Arbeitseinstellung, denn wenn man schließlich etwas anfängt, dann sollte man es auch mit Bestnoten abschließen. Also es ist nicht so als ob ich hier das Opfer wäre, das darunter gelitten hat. Obwohl ich das wahrscheinlich schon irgendwie bin. Denn die Probleme und meine Angst fingen dadurch erst an. Und meine Angst ist auch nur rein auf das berufliche bezogen. Meine soziale Phobie, die durch früheres mobben entstand, habe ich gut gemeistert, bin nahezu vollends gesund. Aber die andere Angst, von der ich nicht weiß, wie ich sie bezeichnen soll ist umso stärker.
Mein Bruder sagte mir außerdem, dass mein Fachabi nichts wert wäre. Er sagte, er würde mich nicht einstellen und ich wäre schon viel zu alt.
Mein Therapeut sagt, dass solche Aussagen totaler Quatsch sind und versucht den Druck von mir zu nehmen, indem er meint, ich soll versuchen meinen eigenen Weg zu gehen und nicht den meines Bruders. Und ich soll es nicht so hart nehmen, wenn das mit dem Studium nicht klappt oder es sich verzögert, denn momentan würde ich das nicht für mich machen, sondern für meinen Bruder, also dass es Teil meines Krankheitsbildes ist und ich deshalb davon erstmal wegkommen soll. Aber irgendwie kann ich das nicht glauben. Ich kann nicht es nicht lockerer sehen und einfach mal machen. Ich habe immer das Gefühl, ich versaue mir mein Leben, wenn ich jetzt nicht in die Puschen komme und bisher habe ich den Eindruck, auch von Beiträgen im Internet, die ich dazu lese, dass alle anderen es auch so sehen. Aber gerade, wenn ich mir denke: Los jetzt. Mach doch einfach wird mein Widerstand größer und meine Angst auch. Ich verstehe es einfach nicht. Alles andere in meinem Leben klappt so gut.
Ich würde ganz gerne das allgemeine Abi noch nachmachen, aber dann weiß ich auch wieder nicht, ob da mein Bruder aus mir spricht oder ich. Ich weiß auch nicht, ob ich dann bloß fliehe. Das will ich auch nicht. Ich könnte mich da echt selbst ohrfeigen. Wenn ich das Studium nicht schaffe, komme ich mir vor als hätte ich im Leben versagt und sei nichts mehr wert.
Aber ich kann gleichzeitig auch nicht einfach hingehen, weil der Widerstand zu groß ist.
Ich komme mir deshalb vor wie das größte Weichei überhaupt.
Was sagt ihr? Was wäre euer Tipp? Ich weiß ehrlich nicht mehr, was ich machen soll.
Danke an jeden, der bis hierhin gelesen hat und mein ganzes durcheinander reden ertragen hat.
Ich würde euch bitten vorsichtig beim Beantworten des Beitrages zu sein, einfach, weil ich harte Worte gerade schlecht ertrage. Formuliert es einfach nett, aber sagt schon an wenn ihr meint, ich mache etwas falsch.
Liebe Grüße,
Weißichauchnicht
18.03.2018 17:45 • • 19.03.2018 #1