ich heiße Felix und bin 24 Jahre alt. Ich durchlebe jetzt seit einigen Wochen mal wieder eine Phase in der es mir sehr schlecht geht. Ich leide nach meiner Einschätzung unter einer generalisierten Panik- beziehungsweise Angststörung, sowie einer akuten hypochondrischen Phase die von intensiver Angst vor dem Sterben begleitet wird. Eine Depression kann ich ebenfalls nicht ausschließen. Soweit ich weiß bin ich körperlich gesund, auch wenn mein Körper mir bei jeder Gelegenheit andere Signale gibt die mein von Angst geplagter Verstand dann umgehend als medizinische Notfälle fehlinterpretiert. Aufgrund dieser Problematik ist es mir kaum noch möglich ein normales Leben zu führen. Ich befinde mich derzeit an einem Punkt an dem ich das Gefühl habe selbst nicht mehr mit diesen Problemen fertig zu werden, und ich will es auch nicht mehr. Leider ist es so das ich von den wenigen Menschen in meinem Leben nur sehr wenig Rückhalt erfahre. Wenn ich ihnen meine Ängste und Sorgen anvertraue werde ich meistens nicht ernstgenommen, belächelt und immer häufiger auch verspottet. Ich bin es leid mich vor ihnen erklären zu müssen, sie verstehen es ja doch nicht, wie könnten sie auch.
Mein Leben war bis hierhin sehr bewegt. Ich hatte eine schwierige Kindheit mit mehreren Umzügen, Schulwechseln und Heimaufenthalten. So etwas wie Stabilität war mir meine gesamte Kindheit lang fremd. Ich war mein ganzes Leben lang allein. Meine Mutter hat seit dem ich denken kann selber psychische Probleme sowie seit einigen Jahren massive Suchtprobleme. Meinen leiblichen Vater habe ich nie kennengelernt. Ich habe außerdem zwei Halbschwestern die beide nach der Geburt zur Adoption freigegeben wurden und zu denen ebenfalls kein Kontakt besteht.
Meine Lebenssituation hat sich bis heute leider nur wenig gebessert. Ich habe bis vor kurzem noch bei meiner Mutter gewohnt und bin derzeit quasi obdachlos da die Situation Zuhause aufgrund ihrer Suchtprobleme für mich nicht mehr tragbar war und ich daraufhin ausgezogen bin. Ich beziehe seit kurzem Leistungen vom Staat, was zwar äußerst unangenehm ist, mir allerdings kurzfristig das überleben sichert. Ich habe einen Hauptschulabschluss und keinerlei berufliche Ausbildung. Gelebt habe ich bisher von Gelegenheitsjobs in der Gastronomie.
Wie ihr euch sicher denken könnt ist es mir aufgrund der oben geschilderten Schwierigkeiten momentan einfach nicht möglich irgendeiner beruflichen Tätigkeit oder Ausbildung nachzugehen. Selbst ganz alltägliche Dinge werden für mich zu einer echten Herausforderung und Sachen die für andere selbstverständlich sind und auch für mich noch bis vor kurzem waren, schüchtern mich plötzlich ein.
Ich leide permanent unter körperlicher Anspannung, was sich unter anderem durch verspannte Muskeln und verstärkte Atmung äußert. Ich habe fast immer das Gefühl keine oder nicht genug Luft zu bekommen. Ich wache manchmal früh morgens auf und zittere am ganzen Körper, ohne das mir kalt ist. Mir ist häufig schwindelig, ich mag nichs mehr essen, so das ich bereits mehrere Kilo an Gewicht verloren habe. Oft fühle ich mich benommen, habe Schwierigkeiten mich auf die einfachsten Dinge zu konzentrieren und bin auch ansonsten völlig anteilnahmslos. Dann tauchen immer wieder kurze Zustände auf in denen die Angst besonders schlimm ist. Es beginnt meistens damit das sich mein Puls beschleunigt, dann steigt langsam Panik auf, mir wird übel, meine Hände werden kalt, fangen an zu kribbeln und schwitzen. Ich atme schneller, fange an zu hyperventilieren, bis sich alles um mich dreht und ich glaube ohnmächtig zu werden. Diese Panikattacken sind für mich nicht neu. Ich hatte in meiner Jugend bereits über Jahre hinweg Schwierigkeiten damit, war deswegen jedoch nie in Behandlung, allerdings waren die Symptome auch nie so körperlich wie heute. Irgendwann wurde es dann besser. Mir ist bewusst das es praktisch ausgeschlossen ist an so einer Attacke zu sterben, jedoch nützt mir dieses Wissen in solch einem Augenblick oft sehr wenig da diese Flut aus Adrenalin und Panikgedanken so erdrückend ist das mein Verstand sich ausschaltet und ich nur noch hilflos darauf warten kann das die Symptome langsam nachlassen.
Hinzugekommen ist auch die Angst vor dem Tod. Es gibt keinen Tag mehr an dem ich nicht daran denke. Ich habe in meinem Leben sehr viel gesehen und bin mir über all die furchtbaren Dinge die einem Menschen widerfahren können sehr bewusst. Ich fühle mich sehr verwundbar und denke oft das mir früher oder später etwas schlimmes zustoßen wird, sei es ein Unfall oder eine schwere Krankheit. Vor drei Jahren war ich dabei als mein Großvater starb. Ich habe seine Hand gehalten als er auf dem Sterbebett lag und sein Herz aufhörte zu schlagen und er ein letztes Mal einatmete. Auch wenn ich diesen Augenblick als sehr friedlich und auf eine traurige Art und Weise als schön empfunden habe, so hat es dennoch Spuren bei mir hinterlassen. Es ist gar nicht mal so sehr die Angst vor Krankheiten die mich quält, sondern die Angst davor ganz plötzlich zu sterben. Der Augenblick in dem man erkennt das das eigene Leben zu Ende ist, unwiderruflich, ohne das irgendjemand oder irgendetwas daran ändern könnte. Der ultimative und unausweichliche Verlust von Kontrolle. Diese Angst verfolgt mich auch in meinen Träumen. Ich träume beispielsweise oft das jemand versucht mich zu töten. Der Augenblick in dem ich sterbe ist dabei so real wie er nur sein könnte. Die Vorstellung das mein Bewusstsein, mein Charakter, all das was mich ausmacht, eines Tages einfach für immer erlischt, das ist für mich unvorstellbar beängstigend. Dieses Thema wirft natürlich auch viele Fragen auf, Fragen die bisher niemand für mich beantworten konnte. Ich würde unendlich gerne an irgendetwas glauben. Glauben, das das Leben wie wir es leben irgendeinen Sinn ergibt, das jeder von uns eine Aufgabe hat. Ich habe einen Freund einmal gefragt wie er sich den Tod vorstellt, woraufhin er mich fragte „Wie war es denn bevor du geboren wurdest?“. Die Vorstellung einfach nicht mehr existent zu sein lässt einen vieles in Frage stellen. Diese Erkenntnis sorgt bei mir jedenfalls schon lange für einen bitteren Beigeschmack bei allem was ich mache oder tue. Hin und wieder bekomme ich diese Unwirklichkeitsgefühle, als wäre alles um mich herum gar nicht echt. Wer weiß, vielleicht ist es das auch nicht. Bei dem was auf der Welt gerade alles wieder passiert ist das nicht mal der schlechteste Gedanke. Es drängt sich mir manchmal die Frage auf wer hier wirklich psychische Probleme hat. Als anständiger, sensibler und empathischer Mensch mit offenen Augen und klarem Verstand, muss man doch früher oder später verrückt werden.
Es tat gut meine Gedanken einmal aufzuschreiben. Ich weiß nicht genau was ich mir davon erhoffe, aber vielleicht findet sich ja irgendjemand in meinem Text wieder und hat Lust ein paar Gedanken auszutauschen. Es gibt für mich sonst niemanden mit dem ich das teilen könnte. Ich versuche mich erst einmal nicht unterkriegen zu lassen und erwarte mit Freude eure Antworten. Es tut mir leid wenn der Text etwas lang geraten ist, aber ich wollte euch zumindest einen ungefähren Eindruck davon vermitteln was bei mir los ist. Bis dahin erstmal!
Liebe Grüße, Felix.
02.07.2015 23:15 • • 18.07.2015 x 1 #1