Hallo Joy,
ich kann Dir auch, wie viele meine Vorredner, nur raten: Genieß' die Zeit mit Deinen Eltern und sei dankbar, dass Du sie noch hast.
Und zerstöre sie Dir nicht durch solche Gedanken.
Ich habe meine leibliche Familie so gut wie vollständig verloren, als ich Anfang 30 war, alle gestorben in einem sehr engen Zeitraum, zuerst meine Mutter, dann mein Vater, dann meine Tante und dann meine Oma (und dann noch mein Schwiegervater), alles innerhalb eines sehr kurzen Zeitraums (wenige Jahre). Seitdem habe ich gar keine leibliche Familie mehr, die Familie war eh sehr klein, die Eltern meiner Mutter waren bereits sehr früh verstorben und sie war ein Einzelkind, also gab es nur die Familie meines Vaters, und die ist dann halt sehr schnell hintereinander verstorben, 3 Leute (nur aus dieser Familie) in 4 Jahren, direkt davor halt meine Mutter und direkt danach (direkt nach meiner Oma) noch mein Schwiegervater. Ich kann Dir sagen, dass war wirklich eine Phase in meinem Leben, die ich nur schwer in Worte fassen kann. Ich wusste echt nicht, wo mir der Kopf stand und bin mit der Organisation von Beerdigungen, Nachlassverwaltungen und der Pflege von hinterbliebenen Familienmitgliedern (meine Oma starb als Letzte in dieser Kette, meine Tante und mein Schwiegervater hatten Krebs) fast durchgedreht, zu der Zeit habe ich auch noch voll gearbeitet und zusätzlich meine Multiple Sklerose - Diagnose bekommen, das war schon echt hart irgendwie...Und ich war schon angeschlagen, als diese Phase begann, da der Tod meiner Mutter noch nicht lange her war und sie über einen sehr langen Zeitraum sehr qualvoll langsam gestorben ist und langjährige häusliche Pflege schwerstkranker Menschen auch ihren Tribut fordert.
Ich kam damit nicht gut zurecht, ich habe viel verdrängt, habe mich in die Arbeit geflüchtet, alle Emotionen unterdrückt, Zeichen meines Körpers und meiner Seele ignoriert...
Das alles ist jetzt ein paar (wenige) Jahre her, und ich kann sagen:
Man lernt, auch mit so einer Situation einen Umgang zu finden.
Es hat mich zu der Zeit zusätzlich belastet, dass ich mich so wenig über diese Dinge austauschen konnte, in meinem Freundes- und Bekanntenkreis gab es niemanden, der ansatzweise nachempfinden konnte, wie es mir ging, weil die wenigsten Anfang 30jährigen damit Erfahrungen haben. Häusliche Pflege, mehrere Todesfälle, Beerdigungen und Nachlässe organisieren und das alles als Hauptverantwortliche, das konnte niemand nachempfinden. Ich war halt noch recht jung, als das alles passierte, und selbst bei den älteren Bekannten war es eher so, dass die mich um Rat gefragt haben und nicht umgekehrt.
Aber wie gesagt: Man findet auch mit so einer Situation einen Umgang.
Darum, um nochmal genauer auf Deine Fragen zu antworten:
Zunächst nochmal: Genieße die Zeit mit Deinen Eltern, sei dankbar, dass Du sie noch hast und zerstöre Dir die Zeit nicht.
Wie @Stefanie75 auch schon sagte: Die Zeit kannst Du nicht aufhalten. Irgendwann passieren gewisse Dinge einfach. Und das bedeutet umso mehr, dass man das Hier und Jetzt bestmöglich nutzen und genießen sollte, solange es geht. Konzentriere Dich auf die schönen Momente mit Deinen Eltern und zerstöre Dir die Zeit nicht unnötig. Sei dankbar, dass sie noch da sind und bislang noch keine schweren Krankheiten vorliegen.
Und wenn es irgendwann dazu kommt, wirst Du einen Weg finden, damit umzugehen. Aber darüber solltest Du Dir erst Gedanken machen, wenn es soweit ist. Zerstöre Dir nicht selber das Hier und Jetzt, die Zukunft passiert so oder so.
Darum, und das sage ich Dir als jemand, der schon sehr viele Menschen verloren hat und der Tod und Krankheit schon in vielen Facetten kennengelernt hat (auch am eigenen Leib):
Niemand weiß, was die Zukunft bringt. Niemand weiß, was kommen wird und wann (oder ob überhaupt) es kommen wird. Darauf hast Du nicht viel Einfluss.
Aber Du hast sehr viel Einfluss darauf, wie Du Deine Zeit im Hier und Jetzt gestaltest. Nutze und gestalte sie bestmöglich und betrachte sie als Geschenk, wie wertvoll sie ist, erkennen viele Leute leider viel zu spät.
LG Silver
04.08.2022 00:00 •
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