Zitat von Painfull:Zitat von chaosdenkerin:Ein Zuhause richtig schön einrichten, Bestätigung erfahren, sich ein stabiles Umfeld aufbauen - das ist es, was fehlt und dabei geht es nicht so sehr darum, ob man das als Akademiker oder Handwerker erlebt. Stattdessen ging es zumindest bei mir seit vielen Jahren darum zu lernen, mit Krankheit Behinderung zu leben, um Therapie und darum, den Alltag irgendwie bewältigen zu können und das ist nicht fair.
ehrlich gesagt kann ich Deine Meinung nicht ganz verstehen. ich hab u.a. zwei Krebserkrankungen hinter mir, bin 80% scherbehindert ,und es trotzdem geschafft mein Leben weiter im Griff zu haben - niemals hatte ich das Gefühl dass es mir an Bestätigung oder an einem stabilen Umfeld mangelt. ganz im Gegenteil, ich bin durch den ganzen Mist nur noch stärker geworden.
warum Ihr das negativ alles betrachtet verstehe ich nicht. vielleicht wollt Ihr das auch alles so negativ betrachten. verstehen kann ich das aber nicht. das Leben ist nunmal ein täglicher Kampf. und rumjammern weil Ihr nicht das bekommt was Ihr wollt bringt nix. ganz im Gegenteil, damit schottet Ihr Euch nur ab - denn wer will schon mit so negativ eingestellten Menschen etwas zu tun haben ?
Hallo @painfull,
ich finde es schwierig, zu deiner Antwort etwas zu sagen und empfinde deinen Ton als sehr angreifend. Du vergleichst Lebensgeschichten miteinander und urteilst darüber, wie andere Menschen mit ihrem Lebensweg umgehen dürfen - und gehst sogar so weit, dass du unterstellst, mit jemandem wie mir wolle ja eh niemand was zu tun haben. Es geht mir nicht darum, dass ich mein gegenwärtiges Leben furchtbar finde - ich liebe mein Studium und meinen Job, auch wenn mir beides im Moment sehr, sehr schwer fällt und habe nach den Jahren der schweren Depression auch wieder einige Freunde gefunden. Aber ich weiß zB, dass ich aufgrund meiner Erkrankungen keine eigenen Kinder mehr kriegen kann, das Zeitfenster hat sich für mich bereits jetzt, mit 29, geschlossen. Dass es Adoptionen etc gibt, ist mir bekannt - dennoch tut es manchmal weh, dass es eben ist, wie es ist. Und ich finde, das darf es auch, weil jeder anders damit umgeht. Dass du dir trotz allem dein Leben aufgebaut hast und gut damit zurecht kommt, freut mich. Das ist aber kein Maßstab für alle Menschen mit Krankheiten und Behinderungen. Die Grundvoraussetzungen sind bei jedem anders verteilt und glaub mir, dass das Leben ein Kampf ist, musst du mir nicht sagen. Nicht jeder Kampf geht aber zugunsten des Kämpfenden aus, manchmal kannst du so sehr kämpfen wie du willst und verlierst dennoch. Und ich denke nicht, dass man das gut finden muss, sondern eher, dass man sich auch mal auskotzen darf.
Wenn du sagst, dass dich das alles nur noch stärker gemacht hat, kommt mir der Resilienz-Begriff in den Kopf. Resilienz ist ein psychologisches Konstrukt, das unter anderem zu erklären versucht, warum manche Menschen nach einem Ereignis eine posttraumatische Belastungsstörung entwickeln (z.B. ich, nach massiver Gewalt), andere aber nicht (z.B. du, nach schweren Erkrankungen). Man geht davon aus, dass es eine Reihe von Faktoren gibt, die vorherbestimmen, wie gut Menschen mit etwas umgehen können. Wer ein stabiles soziales Umfeld hat, kann vieles besser wegstecken; wer genug Geld hat, ist weniger anfällig; wer gelernt hat auf Hilfe zu vertrauen, kann besser mit belastenden Situationen umgehen. Das trifft aber alles nicht auf alle Menschen zu. Daraus einen Vorwurf im Sinne von ich konnte mein Leben ja trotzdem immer meistern, ihr jammert nur zu machen, geht insofern tendenziell ziemlich an der psychologischen Realität vorbei. Natürlich ist jeder seines eigenen Glückes Schmied; wie wir dieses Glück versuchen zu finden, wie schwer es uns fällt und wie erfolgreich wir dabei sind, können wir aber nicht immer beeinflussen und es hängt auch nicht nur davon ab, welche Hürden uns akut in den Weg gelegt werden.
Bedauerlich finde ich, dass in einem Forum für Menschen mit psychischer Erkrankung so hart über typische Symptome solcher Erkrankungen geurteilt wird. In diesem Unterforum geht es um Zukunftsangst; und genau darum geht es im Endeffekt hier: Um die Angst davor, wie die Zukunft nach einer Vergangenheit aussehen soll, die so sehr davon geprägt war, immer weiter zu kämpfen und am Ende doch gefühlt nirgendwo anzukommen. Betrachtet man diese Angst einmal als Teil der Angsterkrankung oder einer Depression, dürfte auf der Hand liegen, dass es nicht damit getan ist, einfach mal positiv zu denken. Am Ende ist eine positivere Einstellung nämlich auch Erfahrungssache: Wenn du die Erfahrung gemacht hast, dass Menschen zu dir halten wenn du krank bist, wirst du diesen Menschen künftig vertrauen und positiv in die Zukunft blicken. Machst du die Erfahrung, dass du verlassen und verspottet wirst, wenn du am Boden liegst, wirst du künftig das erwarten. Jemand, der vor allem letztere Erfahrung gemacht hat, braucht oft Hilfe dabei, wieder ein anderes Bild von der Welt zu entwickeln, einfach weil es an was Grundlegendem fehlt. Zu sagen mit dir will dann ja eh keiner was zu tun haben, änder dich erst mal ist da eher kontraproduktiv.
Und, weil du das Wort fair aufgegriffen hast: Ja, das ist durchaus das, was ich als Weltschmerz bezeichne. Es geht nicht um Fairness im Leben, das stimmt. Das Schicksal ist nicht fair. Aber manchmal darf man das halt auch zum kotzen finden. Ohne, dass man gleich immer nur jammert. Davon, wirklich aufzugeben, habe ich nämlich nichts gesagt. Mir hilft es aber durchaus dabei zu erkennen, wie ich meinen Weg weiter gehen kann, wenn ich mich mit meiner Vergangenheit auseinandersetze - und die war nicht schön, die verpassten Chancen machen mich traurig, das Leben war nie leicht für mich, das kannst du mir gerne glauben. Gerade in einem Forum wie diesem sollte ein einfach mal auskotzen aber auch drin sein. Wie der neue Beitrag von Moz zeigt, steckt da wohl vor allem gerade Frust hinter. Und ganz ehrlich: Wer wäre nicht frustriert, wenn so viel auf einmal, immer wieder, schief geht? Wo sonst, wenn nicht im Umfeld anderer psychisch kranker Menschen sollten solche Äußerungen dann auch mal erlaubt sein?
Hallo @TheSmiths / Moz,
wir haben da einige Gemeinsamkeiten, glaube ich. Vielleicht kann ich dich auch darum so gut verstehen. Auch meine Kindheit und Jugend war geprägt von einer nicht diagnostizierten Störung bzw Behinderung: Ich bin Autistin. Mobbing habe ich auch erlebt, aber vor allem Gewalt innerhalb der Familie, weil ich anders war und man mir das austreiben wollte. Aber genau so wie du nicht einfach das ADHS ablegen kannst, kann ich den Autismus nicht loswerden. Ich warte außerdem im Moment ängstlich auf eine Mail eines Profs, die darüber entscheiden kann, ob ich mein Studium noch beenden kann oder nicht. Ich wollte ihn persönlich sprechen, leider hat der hohe Herr sich nicht bequemt, seine Sprechstunde tatsächlich selbst zu besuchen oder immerhin abzusagen. Also habe ich ihm eine Mail geschickt und hoffe jetzt das beste, habe aber natürlich trotzdem Angst. Und währenddessen droht mein geliebter Traumjob, der meine Zukunft sichern sollte, daran zu scheitern, dass Autismus mit einer Reizfilterstörung einher geht. Und dass mein Arbeitsplatz sich verändert hat, sodass das auf einmal zu richtig großen Problemen führt, die nicht einfach so zu lösen sind. Und da Autismus bei mir auch noch bedeutet, dass ich große Probleme mit Veränderungen habe, kann ich mir nicht einfach mal eben so einen neuen Job suchen und gleichzeitig mein Studium beenden - um diesen Job anzufangen, musste ich mein Studium pausieren, das geht nicht noch einmal...
Es ist wirklich bitter, dass du so häufig an Jobchancen scheiterst, aber ich finde es gut, dass du jetzt eine andere Richtung einschlagen möchtest! Ich glaube auch, dass es dir leichter fallen könnte, im Labor einfach für dich zu arbeiten bzw nur von ein paar Kollegen umgeben zu sein. Ich drücke dir ganz fest die Daumen, dass du eine Chance auf deine Ausbildung bekommst!
Dass es dir manchmal einfach schlecht geht, verstehe ich. Ich glaube, das gehört irgendwie auch dazu. Man kämpft so sehr darum, irgendwie vorwärts zu kommen und scheitert doch immer wieder. Und das muss man ja auch verarbeiten. Ich kann das auch nicht besonders gut, aber mir wurde in einer Therapie mal gesagt, dass es darum geht, auch negativen Emotionen einen Ausdruck zu verleihen, der es möglich macht, mit ihnen umzugehen und sie zu verarbeiten. Und wenn das für dich einfach das Auskotzen ist, sodass du das alles mal richtig rauslassen kannst und dann wieder Bewerbungen schreibst: Warum nicht? Spricht doch nichts dagegen.
LG,
Chaosdenkerin