Für mich war das wichtigste Hilfsmittel, meine Ängste kennen zu lernen und ihren Sinn, ihren Mechanismus zu verstehen.
Ich bin viele Jahre gut damit zurecht gekommen, und nur eine Phase vor 3 Jahren, bei der ich wirklich alles über Bord geworfen habe, hat mir einen Rückschlag beschert, aus dem ich mich aber mittlerweile wieder herausgearbeitet habe.
Meine Ängste funktionieren wie ein Warnlicht. Wenn sie aufkommen (oder auch depressive Verstimmungen), dann weiss ich dass etwas nicht stimmt. Das hat aber niemals oder nur ganz selten etwas mit der Angst selbst zu tun.
Die Angst zeigt mir, dass etwas nicht stimmt - was das ist muss ich selbst herausfinden. Meist ahne ich es dann aber schon.
Es kann zum Beispiel passieren, dass ich morgens da sitze und meinen Kaffee trinke, und plötzlich merke dass ich schlecht Luft bekomme. Das kann wirklich so sein, weil ich mich nachts etwas verlegen habe und der Rücken ein bisschen steif ist. Oder ich habe ein bisschen Schwindel oder kann heute mal schlecht sehen. Was der Körper grade zufällig so macht. Alles nichts schlimmes und nichts, weswegen ich Angst haben müsste und normalerweise habe ich die auch nicht. Aber die Angst kommt auf einmal trotzdem.
Sie will mich eigentlich auf was ganz anderes aufmerksam machen, aber da ja zufällig schon ein kleines Symptom da ist, nehme ich das automatisch und ohne darüber nachzudenken als Grund an. Ich habe also plötzlich Angst vor Atemnot, obwohl ich vielleicht nur eine Entscheidung getroffen habe, mit der ich insgeheim und ohne dass ich mir das eingestehen will nicht einverstanden bin.
Oder es gärt irgendein Problem vor sich hin, an das ich mich nicht herantraue.
Das ist auch der Grund, warum mir sowas in der Vergangenheit meist passiert ist, wenn es mir doch eigentlich gut ging. Gut hat dann aber für mich bedeutet, meine Ängste und Probleme zu verdrängen und mein altes Leben zu leben. Die Strafe für diese Nichtbeachtung kommt dann in Form neuer Ängste die mir - wenn ich es nur lange genug schleifen lasse - den Boden unter den Füssen wegziehen können. So geschehen vor ein paar Jahren, als ich eine extrem stressige Phase im Beruf hatte die mich auch in meinen schon verschobenen Urlaub begleitet hat.
Ich habe die Zeichen wohl erkannt, aber ignoriert und irgendwann ist das Fass übergelaufen.
Meine Strategie vor diesem Rückschlag und auch heute ist, die aufkommende Angst erstmal zu akzeptieren und anzunehmen und nicht dagegen zu kämpfen. Ich akzeptiere, dass irgendwas nicht in Ordnung ist (und was wie gesagt in der Regel eine ganz andere Sache betrifft) und kümmere mich dann darum. Ich kümmere mich nicht direkt um das, wovor ich grade Angst habe, weil die Angst meist nur ein Symptom für irgendein anderes Problem ist.
Schöner wäre es natürlich, solche Probleme erst gar nicht aufkommen zu lassen. Aber das liegt mir einfach nicht, ich komme besser damit zurecht, meine Angst einfach als Hilfsmittel zu nutzen. Sie ist mein Freund, der mir hilft und durch meinen Umgang damit kommen schlimme Ängste dann gar nicht mehr auf.
Es sind schon die ersten kleinen Zeichen wie leichte Unruhe oder Unwohlsein oder Lustlosigkeit, die mich lange bevor es wirklich übel wird in den Hintern kneifen und sagen schau mal, da ist noch was...
Ich muss nur darauf achten und die ersten Zeichen auch schon ernst nehmen.
26.05.2024 12:09 •
x 5 #11