Hallo Muskelbiber, willkommen zurück .
nach meiner Erfahrung ist die Zeit unmittelbar nach einem Klinikaufenthalt stets sehr herausfordernd. Das hat mehrere Gründe:
1. In der Klinik zählte nur die Therapie. Du warst quasi auf Urlaub - und hast dort gemeinsam mit Anderen an Dir geistig gearbeitet. Die Alltagssorgen waren weitestgehend eingefroren und wurden ggfs. analysiert.
2. Das Gelernte muss sich jetzt erst mal setzen und die Schlussfolgerungen die Du aus dem Gelernten zogst, bedürfen nun der realen und praktischen Umsetzung.
3. Sowohl der Patient als auch sein Umfeld ist evtl. der Ansicht, man kommt gesund wieder heim und funktioniert wieder so wie vorher. Doch dem ist nicht so und sollte auch nicht so sein (siehe Punkt 2).
4. Je nach Beschwerdebild und Diagnose bedarf es einer weiteren therapeutischen Begleitung. Wenn diese nicht absehbar vorhanden ist, kann es zu einer mitunter Angst erzeugenden Hängepartie kommen.
5. Das soziale Umfeld ist ggfs. nicht vertraut mit dem Gelernten des Patienten. Die Annahme und Integration der notwendigen Veränderungen seitens des Umfelds stellen oft einen Konflikt dar.
6. Das Pensum an Arbeit und Verantwortung in Familie und Beruf wirkt - wie bei den meisten längeren Abwesenheiten als z. T. überwältigend.
7. Hochgeholte Themen stellen erstmal einen
zusätzlichen Erlebenshorizont dar, der sich erst auch in den Alltagshorizont integrieren muss. Das dauert seine Zeit.
Zitat von Muskelbiber: Und was versteht Ihr eigentlich unter bearbeiten?
Oder wie soll man es verstehen?
Ich verstehe darunter die Bearbeitung der o. g. Punkte 2, 4, 5 und v. a. 7.
Zitat von Muskelbiber: Das ist mir manchmal ein Rätsel, gibt es da ein richtig oder falsch?
Eigentlich nicht. Es gibt eher ein passend oder unpassend. Jeder Mensch und jedes Beschwerdebild sind letztendlich einmalig und unsere Bemühungen werden in den seltensten Fällen auf Anhieb die Ideallinie finden. Das sollte man auch so akzeptieren. Geduld, Weitsicht, Planung, Etappendenken, Rekapitulation des Erreichten, Gespräche, Geistesarbeit etc. sind alles Disziplinen, die viele von uns erst mal (bzw. zum ersten Mal!) entwickeln und v. a. auch beibehalten müssen.
Arbeit in diesem (therapeutischen) Sinne ist letztendlich
jeder bewusste(!) Augenblick. Wir arbeiten an unserem Erleben, an unserer Wahrnehmung, an unserer Reaktion auf Erlebtes, auf Sinneseindrücke und in der Folge an nichts Geringerem als an unserem Bewusstsein.
Das hat in Summe weniger mit Malochen zu tun als mit Achtsamkeit und Gegenwärtigkeit. Das Erkennen von Ursache(n) und Wirkunge(n) im Kleinen wie im Großen Ganzen - und ggfs. sogar noch drüber hinaus, wenn man die spirituelle Komponente mitdenkt.