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Hallo zusammen,

entschuldigt den leicht reißerischen Titel. Ich bin aktuell in den ersten Therapie Stunden (heute war meine zweite) bei einer Tiefenpsychologin. Und was soll ich sagen, es geht mir ziemlich arg schlechter (was ja bis einem gewissen Grad auch normal ist!). Heute hat sie mir dann allerdings allgemein etwas zu ihrer Behandlung erklärt. Vielleicht zur Info: ich habe bisher immer nur VT gemacht. Sie meinte, bei ihr läuft das so, dass sie weder was fragt, noch groß was sagt in den Stunden. Ich solle jedes Mal ein Thema mitbringen und das soll ich dann erzählen. Ohne Feedback. Mir kommt das komisch vor, wo ist der rote Faden? Werden keine Therapie Ziele definiert? Woher soll ich selbst entscheiden, was ich mit mir selbst besprechen möchte während sie mir zuhört? Das ist doch komplett komisch, ich bin sehr arg verwirrt. Kann mir bitte jemand erklären, was mir das bringen soll? Vielleicht kann ich den Sinn noch nicht sehen, da ich von der VT noch so geprägt bin (?). Oder hat jemand positive Erfahrungen mit einer tiefenpsychologischen Therapie gemacht? Ich bin mir aktuell nicht sicher, ob sich dieses Format für mich eignet. Natürlich kann ich sie in der nächsten Sitzung auch persönlich fragen, ich würde mich aber bis dahin über ein paar Eindrücke von euch freuen.

Liebe Grüße
calico

26.09.2024 19:18 • 28.09.2024 #1


17 Antworten ↓


Zitat von calico:
Sie meinte, bei ihr läuft das so, dass sie weder was fragt, noch groß was sagt in den Stunden. Ich solle jedes Mal ein Thema mitbringen und das soll ich dann erzählen. Ohne Feedback.


Ich habe mich nicht intensiv mit den einzelnen Therapieformen beschäftigt, bin aber gerade auch in einer tiefenpsychologischen Therapie. Das läuft zumindest bei mir definitiv anders ab. Es ist bei mir zwar auch so, dass ich quasi das Thema mitbringe, aber wir sprechen darüber. Die Therapeutin fragt und sagt meistens relativ viel dazu. Es ist ein richtiger Dialog. Es ist keine Psychoedukation wie sie als Therapieangebote in psychiatrischen Kliniken üblicherweise vorkommt.

Es ist ein (zumindest ist das in meiner Therapie so) Gespräch über Familie, das Arbeitsleben und Alltagssituationen also alles wo es häufiger Probleme gibt oder wo zum Teil auch Ursachen für Probleme liegen können. Das Gespräch hat weder einen Unterrichtscharakter wie es bei psychoedukativen Therapieangeboten der Fall ist noch gibt es Hausaufgaben. Es sei denn ich möchte das. Im Gespräch geht (so erlebe ich das jedenfalls) es darum gemeinsam ein bestimmtes Thema, was meistens etwas Belastendes ist, zu verstehen und zu überlegen wie man damit umgehen kann damit es nicht so belastend ist. Etwas selbst zum Positiven ändern. Nicht im eigenen Saft schmoren, sondern mit etwas Abstand gucken, was sich verändern lässt.

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Was soll eine tiefenpsychologische Therapie bringen?

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@calico Das was Du da beschreibst passt zur Psychoanalyse. Bei einer tiefenpsychologischen Therapie findet im ganz normalen Gespräch statt.

Ich hatte auch eine tiefenpsychologische Therapie, die genau so war .

Ich war ziemlich irritiert, weil ich wie du aus der VT kam. Nach 10 Sitzungen haben wir gemerkt, das wir nicht miteinander auskommen. Wenn sie denn mal was zu mir gesagt hat, war das provokativ und ich habe nur noch weiter gemauert.

Sie hat am Ende die Therapie abgebrochen mit den Worten, ich würde mich nicht ändern wollen und sie könnte mit mir genauso gut 1 Stunde Kaffee trinken gehen, mehr würde es nicht bringen.

Bin mir nicht sicher, ob das komische Therapeuten sind oder ob das normal ist.

Zitat von Horizon:
Bin mir nicht sicher, ob das komische Therapeuten sind oder ob das normal ist.


Das ist nicht normal.

Zitat von Kruemel_68:
@calico Das was Du da beschreibst passt zur Psychoanalyse. Bei einer tiefenpsychologischen Therapie findet im ganz normalen Gespräch statt.

Sehe ich auch so. Aber die TP ist auch aus der Analyse entstanden und weniger Education wie es bei der VT ist.
ich denke auch, jedenfalls war es bei mir so, dass „kaum“ ja nicht „gar kein“ Feedback bedeutet und Sie schon auch was sagt, wenn sie etwas herausgefunden hat. TP ist aber auch nicht jedermanns Sache.

Zitat von Chris_ohne_BBBB:
Ich habe mich nicht intensiv mit den einzelnen Therapieformen beschäftigt, bin aber gerade auch in einer tiefenpsychologischen Therapie. Das läuft ...

Ich kann Gleiches oder ähnliches berichten. Lief bei mir in etwa auch so ab.

Zitat von Horizon:
Ich hatte auch eine tiefenpsychologische Therapie, die genau so war . Ich war ziemlich irritiert, weil ich wie du aus der VT kam. Nach 10 Sitzungen ...

Genau die selbe Erfahrung habe ich auch gemacht. Mir wurde eine tiefenpsychologische Therapie empfohlen aber diese Erfahrung hat mich viel mehr verunsichert, mich unter Druck gesetzt. Geendet ist es mit ähnlicher Begründung wie bei dir.

Zitat von sahne86:
Genau die selbe Erfahrung habe ich auch gemacht. Mir wurde eine tiefenpsychologische Therapie empfohlen aber diese Erfahrung hat mich viel mehr verunsichert, mich unter Druck gesetzt. Geendet ist es mit ähnlicher Begründung wie bei dir.


Da verstehe ich aber dann die Therapeutin oder den Therapeuten nicht. Man kann doch nicht einfach erwarten, dass Patienten anfangs genau wissen, was sie zu tun haben. Manche Patienten kommen vielleicht intuitiv und von ihrer Persönlichkeit her sofort gut mit der tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie klar und bei anderen muss der Therapeut den Patienten an das Therapieverfahren heranführen. Es kann auch sein, dass sich Patienten erstmal auf das Therapieverfahren einlassen müssen. Z.B. sehr gehemmte und in sich gekehrte Menschen oder Menschen, die es nicht gewohnt sind, dass man sie beachtet und ihnen zuhört. Therapeuten müssen sich schon auch die Mühe machen ihre Patienten da abzuholen wo diese stehen.

Zitat von Horizon:
Bin mir nicht sicher, ob das komische Therapeuten sind oder ob das normal ist.


Was du beschreibst hört sich sehr ähnlich zu der Therapeutin an, bei der ich gerade in den ersten Stunden bin. Sie ist jetzt schon sehr fordernd und sagt ich wäre zu verschlossen und zurückhaltend, was sie gleichsetzt mit keine Bereitschaft für Veränderung. Ich denke auch nicht, dass das normal ist. Womöglich passt es dann menschlich einfach nicht.

Zitat von Chris_ohne_BBBB:
Da verstehe ich aber dann die Therapeutin oder den Therapeuten nicht. Man kann doch nicht einfach erwarten, dass Patienten anfangs genau wissen, was sie zu tun haben. Manche Patienten kommen vielleicht intuitiv und von ihrer Persönlichkeit her sofort gut mit der tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie klar und bei anderen muss der Therapeut den Patienten an das Therapieverfahren heranführen. Es kann auch sein, dass sich Patienten erstmal auf das Therapieverfahren einlassen müssen. Z.B. sehr gehemmte und in sich gekehrte Menschen oder Menschen, die es nicht gewohnt sind, dass man sie beachtet und ihnen zuhört. Therapeuten müssen sich schon auch die Mühe machen ihre Patienten da abzuholen wo diese stehen.

Genau so sehe ich das auch. Für mich kam das sehr so rüber als sollte ich einfach etwas erzählen, und sie macht sich eine entspannte Stunde und hört gemütlich zu, ohne selbst etwas machen zu müssen. Das ist meiner Meinung nach nicht der Sinn und Zweck einer Therapie. Mit mir selbst rede ich schon genug, würde das ausreichend helfen, müsste ich keine Therapeutin aufsuchen :'). Klar, gibt es in der tiefenpsychologischen Therapie nicht so viele Vorgaben und Leitfäden wie bei einer Verhaltenstherapie, aber etwas Anleitung benötigt es doch immer.

Ich denke, schlussendlich werde ich bei dieser Therapeutin keine Therapie anfangen. Auch wenn ich mich gefreut hätte, zur Abwechslung mal schnell und unkompliziert einen Platz zu finden.

Zitat von sahne86:
Mir wurde eine tiefenpsychologische Therapie empfohlen aber diese Erfahrung hat mich viel mehr verunsichert, mich unter Druck gesetzt.

Den Druck kann ich gut nachvollziehen. Ich saß dann gestern auch komplett heulend in dieser Stunde, weil ich mich so unter Druck gesetzt gefühlt habe jetzt abliefern zu müssen. Im gleichen Zug schossen mir dann Gedanken in den Kopf wie Jetzt bist du nicht mal gut genug für eine Therapie, weil du nicht so viel sagen kannst. Das hat mich komplett fertig gemacht und das ist total falsch. Man sollte doch als Patient nicht unter Druck gesetzt werden, um es der Therapeutin recht zu machen.

Zitat von calico:
Für mich kam das sehr so rüber als sollte ich einfach etwas erzählen, und sie macht sich eine entspannte Stunde und hört gemütlich zu, ohne selbst etwas machen zu müssen.

Ich kann dieses Empfinden nachvollziehen, ging mir bei meiner ersten TP gedanklich ähnlich. Machen allerdings, sollte der Klient aber eher selbst. Denn zu erwarten, jetzt kommen irgendwelche Weisheiten vom Therapeuten und dann gehts einem gut, würde vermutlich in Enttäuschung münden.

Zitat von calico:
Das ist meiner Meinung nach nicht der Sinn und Zweck einer Therapie. Mit mir selbst rede ich schon genug, würde das ausreichend helfen, müsste ich keine Therapeutin aufsuchen :')

Ist es denn nicht so, dass um etwas erfassen zu können, um dann eventuell eine Beurteilung oder zumindest etwas antworten zu können, derjenige mit einem Problem, dies schildern muss? Natürlich fordert ein Therapeut etwas. Denn er braucht ja auch etwas, womit sich arbeiten lässt. Ein gewisser Druck ergibt sich dementsprechend alleine schon dadurch, dass man als Patient ja auch Erwartungen hat. Die TP ist allerdings im Vergleich zur VT weniger darauf ausgelegt, Lösungen durch Verhalten im hier und jetzt zu „liefern“, sondern eine Verarbeitung des Vergangenen zu ermöglichen. Und dazu muss der der Therapeut ja wissen, was da mal war. Je schneller man also auf den Punkt kommt, umso effizienter lässt sich vielleicht die Therapiezeit nutzen, um Selbst zu verarbeiten, was es zu verarbeiten gilt.
Zitat von calico:
Klar, gibt es in der tiefenpsychologischen Therapie nicht so viele Vorgaben und Leitfäden wie bei einer Verhaltenstherapie, aber etwas Anleitung benötigt es doch immer.

Auch die TP folgt selbstverständlich Leitlinien. Gäbe es keinen Unterschied zu denen der VT, gäbe es ja auch nicht die unterschiedlichen Therapieformen. Aber bei allen Therapieformen gilt es zunächst herauszufinden was dann erarbeitet werden soll. Dafür gibt es ja die probatorischen Sitzungen. Das einzige was der Therapeut zunächst überhaupt sagen kann ist, wie er üblicherweise vorgeht. Welche Richtung sich in der eigentlichen Therapie ergibt, liegt dann an der Dynamik die aus dem Miteinander entsteht. Punkte die schnell abgehakt werden können oder könnten, bedürfen ja eventuell auch kein tiefergehendes Betrachten. Ob das so ist, entscheidet aber nicht der Therapeut, sondern der Patient. Diesbezüglich gibt es dementsprechend keine Anleitung, der ein Patient folgen könnte, im Bezug auf dass was er in der Therapie äußert. Auch kein richtig oder falsch. Einzige Prämisse wäre, er sollte ehrlich sein, im Sinne von nicht Lügen. Inwieweit Scham oder was anderes dazu verleiten kann, etwas nicht zu äußern, dass einen bedrückt oder belastet, muss der Patient selbst entscheiden. Hat der Therapeut irgendwann das Gefühl, dass eine Therapie nichts bringt, würde er es entweder äußern oder zumindest keine weiteren Stunden beantragen wollen. Denn er kann das ohnehin nur gegenüber dem MD der Krankenkasse, wenn er prognostiziert, dass eine Genesung möglich wäre und entsprechende Fortschritte ersichtlich sind.

Angesichts der Tatsache, dass es mittlerweile so viele Menschen gibt, die einen Therapieplatz möchten, dürfte das reine Geldverdienen wollen, nicht das Problem des Therapeuten sein. Auch wenn es da womöglich schon welche geben könnte, denen es nur darum gehen könnte und nicht um den Gedanken das Möglichste zu leisten, damit der Patient selbstwirksam den Rest seines Lebens gut und zufrieden leben könnte.

Zitat von calico:
Man sollte doch als Patient nicht unter Druck gesetzt werden, um es der Therapeutin recht zu machen.

Da stimme ich Dir zu. Allerdings wäre es vielleicht hilfreich, wenn Du Druck als solchen nicht unbedingt namentlich verwenden würdest. Eventuell wäre Beweggrund ja zutreffender.
Denn ohne Beweggrund, der in deinem Fall sicher der Leidensdruck ist, den Du verspürst, wärst Du doch sicher nicht zu der Therapeutin gegangen, oder?

Den Druck „liefern zu müssen“ macht aber nicht die Therapeutin, obgleich sie natürlich einen Grund haben muss, um eine Therapie mit Dir durchzuführen. Wenn der Gedanke aufkommt, „nicht gut genug für eine Therapie sein zu können“ ist dass ja zunächst doch nur Dein persönlicher Gedanke. Den könntes Du schon mal äußern und wer weiß, vielleicht sagt die Therapeutin ja dann dazu etwas. Womöglich fragt sie, ob ein nicht gut genug zu sein, dein vorherrschendes Gefühl ist, oder aber sie fragt was ganz anderes. Jedenfalls könnte ein Dialog entstehen, den man dann weiter führt. Ohne „Druck“ besser Grund oder Willen etwas zu sagen, sagt man ja üblicherweise auch nichts, oder.

Achso, das „recht machen wollen“. Das einzige worauf in der Regel Therapeuten wert legen, dass man es ihnen recht macht, ist pünktlich zur Sitzung zu erscheinen. Darüber hinaus mögen sie vielleicht bestimmte unangenehme Dinge nicht, die aber nur ausschlaggebend wären, wenn eine konstruktive Sitzung dadurch nicht möglich wäre, beispielsweise völlig zugeballert ankommen. Ansonsten geht es nämlich nicht darum, dem Therapeuten was recht zu machen, ala, wenn Sie nicht sagen was ich gerne hören will.

Hallo calico,

bitte lies auch diese Themen für weitere hilfreiche Inhalte:

Verhaltenstherapie oder tiefenpsychologische Therapie?

Verhaltenstherapie vs tiefenpsychologische Therapie

Tiefenpsychologische Behandlung wöchentlich - Erfahrung

Tiefenpsychologische Kurklinik

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Beste Grüße
Carsten

Zitat von calico:
Den Druck kann ich gut nachvollziehen. Ich saß dann gestern auch komplett heulend in dieser Stunde, weil ich mich so unter Druck gesetzt gefühlt habe jetzt abliefern zu müssen. Im gleichen Zug schossen mir dann Gedanken in den Kopf wie Jetzt bist du nicht mal gut genug für eine Therapie, weil du nicht so viel sagen kannst. Das hat mich komplett fertig gemacht und das ist total falsch.


Ob es mit der Therapeutin Sinn macht genau darüber zu sprechen sei dahingestellt. Vielleicht ist die deine Therapeutin nicht offen dafür. Aber grundsätzlich ist es, wenn es mit der Therapie „hakt“, genau das worüber man sprechen sollte.

Was ist der Grund weshalb jemand in der Therapie nicht viel sagen kann?

Ist die Person in der Therapiestunde so angespannt, dass der Kopf „leer“ ist? Die Gedanken und Gefühle einfach „weg“ d.h. in der Situation nicht zugänglich sind?

Gibt es Hemmungen etwas zu erzählen?
Z.B. weil man sich für etwas schämt oder in der Vergangenheit die Erfahrung gemacht hat, dass andere Menschen kein Verständnis dafür haben?

Ist es grundsätzlich ein Problem Zugang zu den eigenen Gefühlen zu haben? Man hat Emotionen teilweise sogar starke Emotionen, kann diese aber nicht erfassen und es bleibt irgendwie vom „Nebel“ verschleiert?

Ist es ein grundsätzliches Problem für die Person von sich zu erzählen oder tritt die Hemmung etwas von sich zu erzählen nur (oder vor allem) in der Therapie auf? Und warum ist das so? Liegt es daran, dass die „Chemie“ nicht stimmt? Liegt es am „Leistungsdruck“ (Therapieplätze sind rar, Therapie ist teuer, Therapie ist zeitlich begrenzt und häufig relativ kurz z.B. 12 Therapiestunden)? Macht man sich den Druck selbst oder machen den Druck andere? Oder die Therapeutin oder der Therapeut? Es es eine Mischung aus Druck, den man sich selbst macht und Druck von außen? Ist der Leidensdruck und der Gedanke, dass es mit der Therapie unbedingt funktionieren muss, weil man sonst nicht weiß wie man den Tag (das Leben) durchstehen kann, so groß, dass man total blockiert ist?
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„Was brauche ich als Patient für eine erfolgreiche Psychotherapie? – Gib deiner Therapie die besondere Würze“:
https://hph-psychologie.de/was-brauche-...re-wuerze/

„Warum Patienten es nicht leicht haben – die (unausgesprochenen) Erwartungen der Therapeuten“:
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Prof. Dr. med. Thomas Hillemacher
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