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Hallo,

ich hatte im Oktober 2019 das Glück sehr schnell eine Therapeutin gefunden zu haben. Seit Anfang 2019 habe ich mittelstarke Depressionen, die ich mittlerweile jedoch gut zuordnen kann, woher sie stammen. Ich bin eine Kämpfernatur und bin immer bereit zu arbeiten und mich nicht unterkriegen zu lassen. So hatte ich mir von der Therapie gewünscht, dass ich auch praktische Unterstützung erhalte. Zu lernen, wie ich das Erlebte verarbeiten kann. Einen Plan, ein Ziel, Übungen zwischen den Terminen gibt es nicht. Ich gehe zu den Gesprächsterminen und habe häufig das Gefühl, das hätte ich auch einer Freundin erzählen können, weil ich so wenig Resonanz erhalte. Manchmal antwortet sie auch gar nicht und wird dann ziemlich ruhig. Das setzt mich sehr unter Druck. Ich habe das Gefühl, dass sie glaubt, dass es mir durch das Reden allein schon besser gehen müsse. Gedankenkreisen habe ich allerdings sowieso schon dauerhaft. Da hilft mir das alleine reden auch nicht weiter.
Ich habe zwar das Gefühl, verstanden zu werden, weil sie meine Probleme gut ausdrücken kann, aber wie ich damit umgehen kann, wird kaum besprochen. Sie sagt meist Dinge wie, da müssen sie abwarten, Zeit bringt Vertrauen oder das müssen sie wissen, wie sie entscheiden. Damit fühle ich mich jedoch weiterhin sehr hilflos, weil sie mir das Gefühl gibt, selbst keine Lösung zu wissen.
Ich hatte es auch schon einmal angesprochen und ab und zu haben wir dann auch gute Gespräche und ich komme zuversichtlicher von den Terminen.
Daher bin ich mir unsicher, ob ich mir eine neue Therapeutin/ einen neuen Therapeuten suchen soll. Ich frage mich, ob diese Therapieform vielleicht auch nichts für mich ist (Tiefenpsychologie, Gesprächstherapie) oder ich zu ungeduldig bin und zu viel erwarte.

Vielen Dank für eure Unterstützung.

Julia

18.05.2020 06:39 • 18.05.2020 #1


4 Antworten ↓


Hallo, wie du bereits bemerkt hast, übt deine Therapeutin eine spezielle Therapieform aus. In der Psychotherapie gibt es viele unterschiedliche Therapieformen. In einigen versucht sich der Therapeut selbst so stark es geht rauszuhalten. Wenn du lieber eine praxisorientierte Therapieform willst, wäre wohl die kognitive Verhaltenstherapie eher was für dich.

Unter den Psychologen herrscht teilweise auch eine Art Glaubenskrieg welche Form der Therapie nun die effektivste ist. Aber ich denke schlussendlich hängt das wohl sehr stark vom Patienten ab. Ich sehe den Sinn von Psychoanalyse und Tiefenpsychologie auch nicht wirklich ein, mir ist das ganze ebenfalls viel zu passiv. Aber ein Freund von mir ist Psychologe und der schwört darauf, wohingegen die kognitive Verhaltenstherapie seiner Meinung nach viel zu agressiv vorgeht, aber nicht den Kern des Problems behebt.
Z.B. würde sich seiner Meinung nach eine soziale Phobie nicht abschwächen nur weil man sich mit der Angst konfrontiert, und nur durch das herausarbeiten des Kerns des Problems würde sich die Angst auflösen. Ich hatte schon ein paar Diskussionen mit ihm darüber, aber Fakt ist, die wenigsten Therapeuten gehen nur stur in eine Richtung. Auch ein Verhaltenstherapeut wird in der Regel die Herkunft der Angst bzw. Depression mit einem erarbeiten aber danach liegt der Fokus auf der Konfrontation der Angst bzw. dem Ändern der Verhaltensweisen und Denkmustern.

A


Unsicher mit der Therapeutin

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Hey
Ich würde mich meinem Vorredner anschließen wollen. Bin allerdings der Meinung, dass verhaltenstherapeutische Interventionen nicht unbedingt supernachhaltig sind, wenn es um die langfristige Aufdeckung bzw. Eliminierung tiefgreifender Probleme geht. Aber das ist nur meine subjektive Meinung.
Ich selbst hab beide Therapieformen ausprobiert und komme mit der Verhaltenstherapie nicht wirklich zurecht. Rein kognitiv war ich mir ohnehin immer darüber im Klaren darüber, was bei mir schief läuft, allerdings konnte ich meine emotionale Reaktion trotz diverser Übungen und Expositionen nicht entsprechend anpassen. Derzeit mache ich eine tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie und hab das Gefühl, dass dieser Prozess zwar recht langwierig und darüber hinaus ziemlich schmerzhaft ist bzw. auch weiterhin sein wird, ich aber letztlich gesünder und reflektierter aus der Therapie hervorgehen werde.
Dass man zunächst glaubt, es ginge nicht schnell genug voran, ist übrigens ganz normal - hab ich auch so wahrgenommen. Man muss leider schon einiges an Geduld aufbringen, wenn man Psychoanalyse durchhalten möchte. Aber dass du mit deiner Therapeutin offen darüber sprichst und auch deine Bedenken äußerst, ist schon mal super, vor allem, wenn dich das in deiner Entscheidungsfindung bestärkt. Wenn du allerdings das Gefühl hast, wirklich nur auf der Stelle zu treten und bemerkst, dass du praxisorientiert arbeiten möchtest, ist eine Verhaltenstherapie, die ja wie schon erwähnt eher auf akute Symptombekämpfung denn auf Ursachenerforschung ausgelegt ist, für dich vielleicht doch besser geeignet.
Ich hoffe, ich konnte dir damit etwas helfen.
So oder so wünsche ich dir alles Liebe!

Eigentlich läuft in einer Therapie alles darauf hinaus, dass man wirklich selbst entscheidet. Und wenn du der Meinung bist, deine Therapeutin gibt dir zu wenig, würde ich nach dem Grund fragen.

Das Wort Warum ist sehr wichtig. Warum habe ich eine Problematik, warum setzt mir xy so zu, warum bin ich nicht in der Lage, ... ... . Usw.

Therapeuten lenken. Und der Patient kann dann darüber nachdenken, warum er als Beispiel nicht weiss, wie er sich entscheiden kann oder soll. Und darüber kann man dann wieder reden.

Nützt ja nichts, das zu tun, was jeder ohne Probleme hinbekommt, viel wichtiger wäre es, zu erkennen, warum man dazu nicht in der Lage ist. Und was geht oder eben nicht geht und wann Stress einsetzt.

Zitat von CCJD:
weil sie mir das Gefühl gibt, selbst keine Lösung zu wissen.

Ziel einer Psychotherapie ist es nicht, dass du deine Probleme erzählt und die Therapeutin Lösungsvorschläge unterbreitet sondern üblicherweise werden mit dir die Schwierigkeiten besprochen, reflektiert, aufgearbeitet. Geboten wird Hilfe zur Selbsthilfe. Du hast keinen Zen Meister vor dir sitzen der zu allen Problemen auf Gottes Erde eine gute Antwort hat.

Primär sind nicht Taktiken und Techniken wichtig sondern ein gutes zwischenmenschliches Arbeitsverhältnis. Hätte ich das Gefühl ich rede immerzu von A und der Therapeut von B dann kann das zu keinem Erfolg führen. Desweiteren ist der Therapeut auch nur ein Mensch. Ein Mensch der Informationen vielleicht anders verarbeitet als du, die Situationen anders einschätzt und bewertet.

Ich halte es für wichtig, dass du deine Gedanken und Bedenken gegenüber der Therapeutin offen ansprichst. So hat sie Möglichkeit darauf zu reagieren und dir vllt. zu erklären warum sie eben so handelt wie sie es tut. Und dann musst du dir überlegen ob das für dich das Richtige ist oder ob es besser wäre den Therapeuten zu wechseln.





Prof. Dr. med. Thomas Hillemacher
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