App im Playstore
Pfeil rechts
12

Guten Tag, mangels eigener Erfahrung, persönlichem Interesse und einigen Gesprächen hier im Forum bzgl. Trauma, Depressionen, Verhaltensänderung und KI erstelle ich hier einen Thread zum Gedanken/Erfahrungsaustausch über Therapie.

Was macht einen guten Therapeuten aus?

Was sind gute bzw. schlechte persönliche Erfahrungen?

Was würdet ihr euch persönlich wünschen? Gerne sowohl allgemein, als auch auf eure persönlichen Bedürfnisse hin zugeschnitten.

Ich wünsche ein erholsames Wochenende.

Gestern 11:42 • 12.01.2025 x 1 #1


16 Antworten ↓


Kann man ganz schwer allgemein sagen, finde ich.

Ich hatte Therapeuten, die ich für sehr professionell und gut gehalten haben, die bei mir langfristig aber wenig bewirkt haben.

Meinen jetzigen Therapeut wollte ich schon gefühlt 4 x aufgeben, weil ich das Gefühl habe, die Sitzungen sind immer die Selben und er erzählt mir immer die gleiche Leier. ABER: Im Vergleich zu allen anderen Therapeuten vor ihm ist mein Zustand seit langem relativ stabil, auch wenn ich bewusst keine Wirkung spüre.

Damit wären wir dann auch beim Thema der Wünsche.
Mein jetziger Therapeut ist der erste, der trotz einer wesentlichen Verbesserung mit mir weiter arbeiten möchte.
Vorher wurde ich immer vertröstet a la Sie sind doch jetzt stabil und ich müsste einen langen Bericht schreiben, wenn die Therapie weiter laufen soll. Probieren Sie es doch erstmal so.
Ich weiß, Therapieplätze sind rar gesät und Wartelisten lang. Aber Patienten zu früh zu entlassen geht halt oft nach hinten los, so war zumindest meine Erfahrung, sonst hätte ich ja nur eine oder zwei Therapien machen müssen.

Wichtig ist , das mir ein Therapeut Verständnis entgegen bringt. Ich muss mich wohl fühlen, sowohl in den Räumlichkeiten als auch im Umgang mit mir als Patient. Was mein Therapeut sehr gut kann ist loben. Positive Erlebnisse mindestens genau so lange betrachten wie negative. Und wenn ich was gut mache, verabschiedet er mich immer mit den Worten:
Frau x., machen Sie weiter so, Sie sind auf einem guten Weg. Wertschätzung. Sehr wichtig!

A


Therapie: gute, schlechte Erfahrungen/Wünsche

x 3


Zitat von Obscuria:
Wichtig ist , das mir ein Therapeut Verständnis entgegen bringt.

War mir insbesondere bei meiner zweiten Therapie auch mit am wichtigsten, dass die Chemie stimmt und es auf der zwischenmenschlichen Ebene passt.

Scheint nicht umsonst so zu sein, dass Therapieforschung immer wieder zeigt, dass die therapeutische Beziehung am meisten Anteil (meistens wohl um 30 bis 35%) am Therapieerfolg hat. Irgendwelche spezifischen Methoden haben anscheinend einen deutlich geringeren Anteil.

Für mich ist nicht nur ein guter Therapeut, sondern auch ein guter Psychiater sehr wichtig, besonders wenn man eine Behandlung möchte mit der Kombination aus Medikation und Therapie.

Und genau da wird es oft schwierig beides in zufriedenstellender Qualität zu erhalten. Meiner Meinung nach wird eine gute Therapie durch einen miserablen Facharzt sabotiert und umgekehrt genauso. Es sei denn man verzichtet bewusst auf Medikamente. Dann dauert zwar die Behandlung länger, aber kann wenigstens sich positiv entwickeln, wenn die Chemie passt.

Allerdings würde ich einem Therapeuten und Facharzt niemals sofort bestimmte Diagnosen wie z. B. ADHS, Autismus oder FASD auf die Nase binden. Dadurch sehe ich die Gefahr, dass man sofort den Stempel schwierig bekommt. Außerdem muss erstmal eine vertrauensvolle Basis entstehen, weil es darf nicht selbstverständlich werden jemanden blind zu vertrauen.

Ein guter Therapeut respektiert die Grenzen des Patienten, auch wenn bestimmte Themen dringend angesprochen werden müssten. Übt er zuviel Druck aus und suggeriert sogar Schuldgefühle, dann sind das schlechte Voraussetzungen, um Vertrauen in die Behandlung zu gewinnen.

Ganz wichtig: Wenn man Medikamente ausprobiert, dann bitte darüber informieren, ob diese ausgeschlichen werden müssen, weil das abrupte Absetzen sehr gefährlich werden kann. Viele Psychiater vergessen diese Aufklärung und übernehmen keine Verantwortung, wenn etwas passiert. Das habe ich schon gehabt.

Zitat von Schwarzes_Klee:
Allerdings würde ich einem Therapeuten und Facharzt niemals sofort bestimmte Diagnosen wie z. B. ADHS, Autismus oder FASD auf die Nase binden.

Das macht man ja auch nicht, weil dafür sind die Leute die Fachmänner.
Habe in Erstgesprächen noch nie irgendwelche Diagnosen angesprochen, außer ich kam quasi schon mit einer fachlichen Voreinschätzung hin.

Mein Therapeut ist sich bspw. 100 % sicher, dass ich Borderline habe, mein Psychiater verbürgt sich für die bipolare Störung.
Den Stempel schwierig kann man allerdings auch ohne Diagnosen bekommen. Wurde auch schon mehr als 1 x abgelehnt von Psychotherapeuten, die der Meinung waren, meine Problematiken kann man nicht in einer ambulanten Therapie behandeln.

Das Wichtigste nach meiner Erfahrung in der Therapie ist, natürlich, die zwischenmenschliche Chemie muss stimmen, ist jedoch vor allem, dass ich als Klient weis, wo mein seelisches Problem liegt und genau das gegenüber dem Therapeuten anspreche. Denn ich möchte Lösung für mein Problem. Wenn ich weiß, es liegt an der Prägung in der Kindheit, dann bitte ich den Therapeuten darum, dies genauer anzuschauen. Dann kann es nicht passieren, dass die Therapiestunden mit Smalltalk verstreichen und ich am Ende denke, war nett, aber hat nichts gebracht. Ich als Klient möchte Lösungen für mein Problem und darauf weise ich den Therapeuten hin. Dem Therapeuten geht es gut, auch ohne mich, aber ich möchte für mich Veränderung bewirken und der Therapeut weiß, wie das geht. Deshalb versuche ich genau das mit ihm zu erarbeiten. Ich habe einige Gesprächstherapien hinter mir, bin aktuell in einer Erhaltungstherapie und bin seit langem stabil.

Zitat von realo:
wo mein seelisches Problem liegt und genau das gegenüber dem Therapeuten anspreche.

Wenn es dir hilft, ist das das Wichtigste.

Für mich wäre das der falsche Weg, denn ich bin der Meinung, dass ich nicht das Fachwissen habe, die Zuordnung zu treffen.
Ich war lange überzeugt, mein Problem lag in der Kindheit, wir haben ewig die Kindheit bearbeitet, aber es wurde nicht besser.
Erst jetzt, wo ich meinen Therapeut einfach machen lasse, merke ich Fortschritte.
Oft sind es Zusammenhänge, die ich gar nicht erfasse, der Therapeut aber schon. Würde ich ihn dann im Behandlungsrahmen einschränken, wäre es für mich wohl die 6te , erfolglose Therapie.

Aber wie gesagt, jedem hilft was anderes und das ist auch gut so!

Ich stimme eigentlich allen Posts hier zu. Es wurde schon viel echt Gutes geschrieben finde ich bzw. ich sehe es genauso.

Ergänzen möchte ich noch eine mMn wichtige Sache:
Ein wirklich guter Therapeut schafft eine sehr gute Balance zwischen Verständnis/ Einfühlvermögen und dem leider auch so nötigen A....tritt.
Was meine ich damit? - Es gibt Therapeuten, die immer nur voll Verständnis für den Patienten haben, ihm gut zuhören, tolle Gespräche führen, sich aber nicht richtig trauen, auch mal Dinge anzusprechen, die der Patient nicht so gerne hören will. Das ist aber wichtig finde ich, gleichzeitig aber sehr schwer, weil viele Patienten in Abwehrhaltung gehen, sobald ihnen sozusagen Vorwürfe gemacht werden. Und genau dann entscheidet sich aber oftmals, ob die Therapie wirklich gut wirkt oder sich was tut.
Wenn ein Therapeut diese Balance nicht schafft (und das ist glaube ich wirklich nicht einfach), dann dauert es länger oder man kommt am Ende doch nicht richtig weiter.
Dinge also so rüberzubringen, dass der Patient nicht abspringt und das Handtuch wirft (z.B. Patient sagt: Mein Therapeut hat mich nur kritisiert und mir Vorwürfe gemacht!), gleichzeitig aber kapiert, dass er (der Patient) der ist, der aktiv werden muss, auch schmerzliche und anstrengende Schritte gehen muss und (sehr wichtig) aus seiner reinen Opferrolle herauskommen muss - DAS ist die Königsdisziplin glaube ich in Sachen Therapeuten-Qualität.

Ich habe in meiner Laufbahn mittlerweile an die Dutzend Therapeuten kennengelernt (manche nur mit den 5 probatorischen Sitzungen, einige sehr lange und auch Heilpraktiker für Psychotherapie waren dabei) und die meisten haben diesen schweren Spagat nicht geschafft. Das wundert aber nicht, weil die Gefahr, in den üblichen, systemischen Fliesbandmodus zu verfallen, leider sehr groß ist (zu viele Patienten, zu viel Stress, zu wenig Kraft aus Sicht der Therapeuten). Interessant, aber auch irgendwo logisch war übrigens, dass Heilpraktiker (auch da gibt es echt miese, aber auch ein paar Perlen) diesem Fliesbandmodus weitaus weniger unterliegen als die akademischen Psychotherapeuten/Psychiater mit Therapie-Sternchen. Das System halt...ist oft wie eine Zange.

Wer einen Therapeut findet, der diese beschriebene Königsdisziplin beherrscht, hat enormes Glück finde ich und ja .... es ist dann nicht immer angenehm (manche Stunden tun weh und man muss AUSHALTEN), aber das Ergebnis am Ende ist dann meist besser als z.B. mit Therapeuten, die immer nur gutmütig sind und das sagen, was man hören und ertragen kann.

Zitat von Volatilität:
auch mal Dinge anzusprechen, die der Patient nicht so gerne hören will. Das ist aber wichtig finde ich, gleichzeitig aber sehr schwer, weil viele Patienten in Abwehrhaltung gehen, sobald ihnen sozusagen Vorwürfe gemacht werden. Und genau dann entscheidet sich aber oftmals, ob die Therapie wirklich gut wirkt oder sich was tut.

Finde ich auch sehr wichtig.

Eine Freundin von mir ist Psychologische Psychotherapeutin (Verhaltenstherapie) und meinte zu genau diesem Thema mal: Wenn man eine/n Patienten/in nicht (mehr) konfrontieren kann, ist man selbst erstmal reif für Supervision.

Allerdings sollte man auch im Hinterkopf haben, dass Psychotherapie immer nur ein Angebot ist. Es hängt auch sehr viel daran, was Patienten/innen dann daraus machen. Selbst wenn Therapeuten/innen diese Balance beherrschen, nützt es nicht so viel, wenn die andere Seite nicht mitzieht.

@gabehcuod
Völlig richtig, was du schreibst.
Dass der Patient der ist, der sich heilen kann/sollte und nicht der Therapeut der ist, der wie der Orthopäde sozusagen das Problem wegoperiert, kommt aber leider bei einigen lange bis nie an. Das finde ich aber auch wichtig, dass der Therapeut das klarstellt deutlich...am besten ziemlich am Anfang.

Ansonsten finde ich es immer etwas schwer, das ganze System manchmal zu durchschauen.
Was mir aufgefallen ist in meiner Laufbahn.
Therapeuten haben oft keinen Bock, Befundberichte oder gar Gutachten zu schreiben. Ich verstehe das, weil sie damit viel Arbeit haben, aber kaum was verdienen, aber manchmal ist es eben nötig, damit z.B. Therapiestunden überhaupt genehmigt werden.
Auch hatte ich manchmal das Gefühl, dass Therapeuten nicht riskieren wollen, dass ihnen der Patient abspringt. Dann muss man ja wieder einen neuen Patienten nehmen und das scheint wohl auch wieder anstrengender zu sein (wieder neue Geschichte, neuer Mensch usw). Ich will da nichts unterstellen, aber manchmal hatte ich einfach den Eindruck, dass einige Therapeuten auch bisschen zu sehr in der Komfortzone bleiben. Es ginge mehr sozusagen, aber es ist halt Arbeit wie bei jedem Job und manchmal nervt dieser Job und man macht nur Dienst nach Vorschrift. Habt ihr da manchmal ähnliche Erfahrungen gehabt?

Zitat von realo:
Das Wichtigste nach meiner Erfahrung in der Therapie ist, natürlich, die zwischenmenschliche Chemie muss stimmen, ist jedoch vor allem, dass ich als Klient weis, wo mein seelisches Problem liegt und genau das gegenüber dem Therapeuten anspreche. Denn ich möchte Lösung für mein Problem. Wenn ich weiß, es liegt an der Prägung in der Kindheit, dann bitte ich den Therapeuten darum, dies genauer anzuschauen. Dann kann es nicht passieren, dass die Therapiestunden mit Smalltalk verstreichen und ich am Ende denke, war nett, aber hat nichts gebracht. Ich als Klient möchte Lösungen für mein Problem und darauf weise ich den Therapeuten hin. Dem Therapeuten geht es gut, auch ohne mich, aber ich möchte für mich Veränderung bewirken und der Therapeut weiß, wie das geht. Deshalb versuche ich genau das mit ihm zu erarbeiten. Ich habe einige Gesprächstherapien hinter mir, bin aktuell in einer Erhaltungstherapie und bin seit langem stabil.

Ich werde bei Gelegenheit auf eure Beiträge teils eingehen. Hier nur der Hinweis, dass ich deine Aussage gerne unterstreichen möchte @realo. Ich habe mir das auch für andere Ärzte angewöhnt: Im Vorfeld meine Symptome und Anliegen notieren und (auch wenn es sich komisch anfühlt) Notizzettel mit ins Gespräch nehmen. Zu leicht vergesse ich in der Gesprächssituation Details, die mir zuvor wichtig waren.

Zitat von realo:
dass die Therapiestunden mit Smalltalk verstreichen und ich am Ende denke, war nett, aber hat nichts gebracht.

Was hier als Smalltalk im Sinne von Zeitverschwendung abgetan wird, ist zuweilen aber eine wichtige Vorarbeit:
Insbesondere bei Patienten/innen mit Traumafolgestörungen und/oder Bindungsstörungen ist es immens wichtig, erstmal eine tragfähige therapeutische Beziehung zu schaffen. Das fängt oft mit Gesprächen über vermeintlich belangslose Dinge, in denen man Betroffene dort abholt, wo sie gerade sind, damit sie erst einmal andocken können.

Zitat von Volatilität:
Ein wirklich guter Therapeut schafft eine sehr gute Balance zwischen Verständnis/ Einfühlvermögen und dem leider auch so nötigen A....tritt.

Gebe ich dir recht, möchte aber ergänzen, dass es da auf das nötige Fingerspitzengefühl ankommt und auf die Problematik des Patienten.

Ich bin die Sorte Patient, die sich eh selber wegen allen möglichen Belangen fertig macht, weil das nicht geschafft wurde, es da hängt oder dies und dies nicht umgesetzt wurde. Habe ich jetzt einen Therapeuten, der bei solchen Sachen evtl. noch mit einem A****tritt interveniert, bin ich schnell in einem Loch drin, in das ich nicht hätte reinfallen müssen.

Habe ich aber bspw. einen Patienten, der sich konsequent weigert, mitzuarbeiten, Hausaufgaben zu machen oder Vorschläge umzusetzen, wird dieser A****tritt benötigt, um die Deutlichkeit klarzumachen, dass sich nichts ändern wird, wenn der Patient nicht mitmacht.

Ich hatte mal eine Therapeutin, die meinte, sie kann mich nicht behandeln, weil ich die ganze Zeit mit Nebelkerzen um mich schmeißen würde. Ich habe nie verstanden, was sie gemeint hat, weil ich war immer offen und habe (zumindest nicht bewusst) irgendwas verheimlicht. Für mich wiederum konnte die Dame kein Gespräch führen, sie hat mich einfach 40 Minuten reden lassen und meinte dann: Bis nächste Woche. Das war für uns beide völlig sinnlos, denn ich habe keine Lösung bekommen und sie hat ihre Zeit verschwendet.
Ein Therapeut muss wortgewandt sein, damit er genau die Quellen aufstoßen kann, die schmerzhaft sind. Und das passiert bei 90 % der Patienten nicht durch einfach reden lassen, sondern durch konkretes Einhaken.
Ich bin sehr schnell im Denken und hätte pro Termin gefühlt 30 Geschichten zu erzählen. Meistens schaffe ich nicht eine, weil mein Therapeut bei jedem 3ten Satz eine Rückfrage stellt. Das hilft mir, nicht nur runterzurattern, sondern zu reflektieren, warum sich was wie ergeben hat.

@Obscuria

Auch einem Fachmann vertraue ich nicht sofort blind. Allgemein muss man sich das Vertrauen verdienen.

Nur weil einer sich Experte nennt, ist das kein Freifahrtschein.

Oder steigst du bei einem Fremden ins Auto ein?

Zitat von Schwarzes_Klee:
Oder steigst du bei einem Fremden ins Auto ein?

Kann man nicht vergleichen.

Ist es ein fremder Autofahrer oder ein Fahrlehrer?

Bei einem Fahrlehrer steige ich ein, bei einem Fremden nicht.

Zitat von Obscuria:
Kann man nicht vergleichen. Ist es ein fremder Autofahrer oder ein Fahrlehrer? Bei einem Fahrlehrer steige ich ein, bei einem Fremden nicht.

Wenn ein Fremder sagt: Ich bin Fahrlehrer, steig ein.?

Ist ja nicht mein Leben.

@Schwarzes_Klee

Du vergleichst hier Äpfel mit Birnen.

Wenn ich zu einem Fachmann gehe, ist er ein FACHMANN.
Das heißt, er kann Qualifizierungen vorweisen. Um nichts anderes geht es hier.

A


x 4






Prof. Dr. med. Thomas Hillemacher
App im Playstore