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Hallo, ich habe das Gefühl, mein Therapeut kann sich in meine Situation nur sehr oberflächlich hineinversetzen. Tiefgehende, schmerzliche Gefühle werden nicht als solche erkannt, sondern eher als leichtes Unwohlsein gesehen.

Da mein Therapeut einen humanistischen Ansatz vertritt, werden auch Menschen, die mir heftig in ihrer Toxizität schaden/geschadet haben, nicht als solche benannt, sondern alles eher 'gleichgemacht' a la 'wir haben alle Fehler' (der andere mobbt, Ihr inneres Kind leidet - also sind beide Parteien gleich neurotisch und damit quitt).

Ich wünschte mir aber 'Nachfühlen-können' des schmerzhaften Zustands und weiterhin eine gewisse Parteinahme für mich als Patient.

Mir ist durchaus bewusst, dass 'fiese ' Menschen auch aus psychologischem Druck handeln. Aber wenn, als krasses Bespiel, ein Sexualstraftäter mein K. vergewaltigt und tötet und mir der mich betreuende Psychologe erzählen würde, dass der 'arme Täter' ja auch selbst vergewaltigt wurde als Kind und alle Menschen ihre Fehler haben, dann wäre das ja auch nicht im Verhältnis. Es gibt einem Sexualstraftäter nicht die Berechtigung solche Taten auszuüben, auch wenn er selbst Schlimmes erlebt hat. Und es macht die seelischen Schmerzen für mich nicht geringer. Da würde ich auch Mitgefühl und Parteinahme erwarten, um seelische Heilung zu fördern.

Mit würde eine mitfühlende Haltung und ein Bestärken 'meiner Position' gut tun, da ich als Kind gelernt habe, es immer allen anderen, nur mir nicht, Recht zu machen. Ist es der falsche Psychologe für mich?

27.06.2022 08:38 • 27.06.2022 #1


2 Antworten ↓


Zitat von Nixa:
Tiefgehende, schmerzliche Gefühle werden nicht als solche erkannt, sondern eher als leichtes Unwohlsein gesehen.


Er versucht anscheinend,Dein Leid zu relativieren aber auf diese Weise funktioniert das nicht.

An erster Stelle sollte immer die Akzeptanz dessen was ist stehen nämlich Dein tiefer Schmerz,der erst einmal wahr genommen,ernst genommen und angenommen werden will.
Seine Aufgabe wäre es,Dich in diesem Prozess zu begleiten,anzuleiten und Dir Sicherheit zu geben.

Schliesslich ist Dein Therapeut Dein Anwalt,so hat es mal ein Therapeut wörtlich zu mir gesagt.
Ich bin IHR Anwalt sagte er und das hat mir Sicherheit gegeben.

Natürlich hat er Recht damit,wenn er sagt,dass Menschen,die andere traumatisieren selbst auch Opfer sind.
Wenn man den Proszess des durch - den - Schmerz -gehens duchlaufen hat,ist es auch richtig das zu thematisieren.
Nicht um die Täter zu entlasten sondern um zu erreichen,dass man im Leiden nicht stecken bleibt und sich dadurch selbst in der Opferrolle verfängt.

Das Wichtigste hat er leider übersprungen:
Dein Leid anzuerkennen und Dir Beistand zu leisten,um mehr geht es vorerst nicht.
Auch ,um eine vertrauensvolle Basis zu schaffen.

Daher fehlt jetzt das Fundament,die Vertrauensbasis,die für eine effiziente Therapie unerlässlich ist.

Ich würde ihm das rückmelden und mich umorientieren.

Zitat von Nixa:
dass der 'arme Täter' ja auch selbst ... wurde als Kind und alle Menschen ihre Fehler haben

Das mag richtig sein, macht die Tat aber weder ungeschehen noch besser.

Der Therapeut darf diese Meinung haben, jedoch so was seinen Patienten zu erzählen halte ich für ein NO-GO.




Prof. Dr. med. Thomas Hillemacher
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