Hallo Apfeelbaaum,
ich kann Dir indirekt aus meinen Erfahrungen mit Mitpatient/innen in psychosomatischen Kliniken viel Positives berichten. Klar gibt es Regeln, aber die haben größtenteils alle ihren Sinn und werden zumeist von einem Großteil der Patient/innen als fair empfunden. Ich kann Dir nur die Meinungen von Mitpatienten weitergeben, die ich in Kliniken kennengelernt habe (ich selber war auf anderen Stationen, bei mir wurde die Essstörung quasi stations-übergreifend zusätzlich mitbehandelt, auch wenn der Schwerpunkt meiner Station ein anderer war), aber wir hatten viel Kontakt miteinander, auch beim Essen.
Wie @Icefalki schon schrieb, ja, Du musst die Entscheidung getroffen haben, etwas ändern zu wollen.
Und ja, das habe ich auch so erlebt, wer sich nicht an die Regeln hält, wird recht schnell wieder entlassen.
Du vereinbarst Therapieziele, die auch einen Korridor für Gewichtszunahme beinhalten, die Du erreichen musst. Es gibt, je nach BMI, Vorgaben für die Anzahl (und Kalorienmenge) an Zwischenmahlzeiten, die gegessen werden müssen, außerdem Richtmengen für die Hauptmahlzeiten. Die Betreuung beim Essen verläuft in verschiedenen Phasen (von viel Kontrolle am Anfang, die dann zunehmend reduziert wird), vor und nach den Mahlzeiten werden Protokolle ausgefüllt und Gespräche über die aktuelle Befindlichkeit geführt. Gibt es Schwierigkeiten bei der Gewichtszunahme, werden zunächst, je nach Grund der Problematik, Maßnahmen besprochen, das kann dann z.B. eine Einschränkung der Bewegungsfreiheit sein (Klinikgelände nicht verlassen, Klinik nicht verlassen, Station nicht verlassen), Sport-Verbot,... Gibt es Probleme mit der Richtmenge beim Essen, wird dann zumeist mit zusätzlichen Fresub**-Einheiten ausgeglichen. Ach ja, und um Sport machen zu dürfen, muss man einen bestimmten Mindest-BMI haben.
Probleme gibt es hin und wieder, wenn es bei den Hauptmahlzeiten mal nichts gibt, was man essen mag, aber das kann man zumeist mit dem betreuenden Therapeuten besprechen (und kommt auch eher selten vor).
Auch ganz grundsätzlich wird viel individuell mit den Therapeuten in auf Dich zugeschnittenen Therapie-Verträgen vereinbart. Es kann also sein, dass Du Dich in Deinem Therapievertrag zu strengeren Maßnahmen (in bestimmten Bereichen) verpflichtest als Deine Mitpatienten. Klar gibt es Stationsregeln, die für alle gelten, aber darüber hinaus hängt es auch viel davon ab, was Du persönlich erreichen möchtest.
Es ist also nicht so, dass man direkt vor die Tür gesetzt wird, wenn es mit der Zunahme mal nicht gut funktioniert, im Normalfall wird erstmal zusammen mit dem Therapeutenteam besprochen, was man noch tun kann. Falls die Therapeuten merken, dass man sich Mühe gibt und wirklich etwas verändern möchte, unterstützen diese einen meistens sehr. Nur falls sie merken, dass man gerade nicht mitarbeiten kann oder möchte, aus welchen Gründen auch immer, wird man entlassen, meistens aber auch mit der Absprache, zu einem späteren Zeitpunkt wiederzukommen.
Irgendwelche Zwangsmaßnahmen gibt es in Psychosomatiken nicht, man ist freiwillig da und kann jederzeit gehen. Man muss nur vorher wissen, welche Regeln gelten, und man muss sich darüber im Klaren sein, dass die Klinik dann auch verlangt, dass man sich an diese Vorgaben hält. Man kann also z.B. nicht für sich selber persönlich beschließen, jeden Tag 3 Stunden Sport zu machen, egal, wie das Gewicht ist, und dann erwarten, dass die Klinik das erlaubt/akzeptiert, wenn man erstmal aufgenommen ist. Kann man die Klinik-Vorgaben dauerhaft nicht einhalten, wird man entlassen. Es überrascht einige Patienten tatsächlich immer mal wieder, dass das mit der Entlassung wirklich durchgezogen wird, aber das wird es.
Insofern kann ich Dich nur ermutigen, es zu probieren. Gerade im Bereich Psychosomatik gehst Du ja auch kein Risiko ein, Du kannst ja jederzeit wieder gehen, wenn Dir das Therapiekonzept doch nicht zusagt, das geht wohl relativ problemlos (ich selber habe mich bislang noch nie vorzeitig entlassen, aber Freunde von mir, das war nie ein Problem). Wenn Du an einem Punkt bist, an dem Du wirklich und ehrlich etwas verändern möchtest, kann eine stationäre Therapie eine tolle Hilfestellung sein. Die meisten Mitpatienten, mit denen ich Kontakt hatte, haben sehr von der stationären Therapie profitiert, und die, bei denen es nicht gut funktioniert hat, haben zumeist aber auch selber zugegeben, dass sie gerade nicht offen für therapeutische Interventionen waren, in so einer Phase kann man ja immer mal stecken.
Ich hoffe, ich konnte Dir ein kleines bisschen weiterhelfen und wünsche Dir viel Erfolg für Deinen weiteren Weg!
LG Silver