Liebe Nikieagle,
um erst einmal auf Deine Fragen vom Anfang einzugehen:
Ja, es ist völlig normal, dass sich durch die Therapie die Symptome verstärken und die Gesamtsituation sich erstmal verschlechtert. Darum unterschreibt man ja in so gut wie jedem Therapievertrag, dass man um die Risiken und Nebenwirkungen der Therapie weiß und das Risiko eingeht.
Und es ist ja auch nur folgerichtig, dass es einem erst einmal schlechter geht. Der ganze Mist, der die Psyche belastet, wird ja oft über Jahre und Jahrzehnte von uns unterdrückt und verdrängt, damit man im Alltag funktioniert. Nur entfaltet dieser Mist ja trotzdem seine toxische Wirkung und produziert Symptome. Oftmals kann man diese über lange Zeit kompensieren, aber irgendwann ist ein Punkt erreicht, an dem das nicht mehr funktioniert.
Ein Therapeut von mir verglich diesen Prozess mit Atommüll, den man im Vorgarten vergraben hat. Man meint, man sieht ihn nicht (aus den Augen, aus dem Sinn), er verstrahlt aber weiter alles, nur im Verborgenen, und wenn man dann anfängt, ihn auszugraben, dann strahlt er erstmal sehr viel stärker. Aber es ist keine wirklich gesunde Alternative, ihn im Vorgarten liegenzulassen.
Du machst das sehr gut und Du bist eine starke Frau, auch wenn sich das vielleicht gerade anders anfühlt.
Und wie j_1411 schon schrieb: Du kannst wirklich stolz auf Dich sein!
Du hast Dich auf den Weg zur Heilung gemacht, und das ist eine tolle Leistung, die viel Mut erfordert. Sich seinen Problemen und Dämonen zu stellen ist nicht einfach, aber leider der einzige Weg, sich aus deren Fängen zu befreien.
Du wirst mit der Zeit lernen, besser mit Deinen Attacken umgehen zu können. Diese werden Dich vermutlich noch eine ganze Zeit begleiten, aber sie werden irgendwann nicht mehr so viel Macht über Dich haben. Du wirst durch die Therapie lernen, diese besser zu akzeptieren (solange sie noch da sind) und auszuhalten, ihnen die Wucht zu nehmen, zu lernen, dass sie Dir nicht wirklich etwas anhaben können (auch wenn sie sich furchtbar anfühlen) und vor allem: das sie auch wieder vorbeigehen. Das macht die Tatsache, dass sie da sind, erstmal nicht schöner, aber Deine Reaktion darauf kann das emotionale Leid, dass Du empfindest, abmildern, indem Du den Schmerz nicht durch Widerstand dagegen noch verstärkst. Irgendwann wirst Du sagen können: Aha, ok, da ist meine Panik wieder, das kenne ich (oder besser gesagt: die kenne ich) gut, dann warte ich jetzt mal darauf, dass sie wieder geht oder so ähnlich. Dadurch schaffst Du es, dass sich die Symptome nicht immer weiter hochdrehen, sondern diese Attacken weniger angsteinflößend werden.
Du hast ganz viele tolle Ressourcen, auf die Du zurückgreifen kannst, und Du hast Dir eine sehr hohe Alltagsfunktionalität bewahrt, das sind alles gute Voraussetzungen dafür, dass Du den Weg auch mutig weitergehen können wirst.
Eine Schematherapie ist doch ein vielversprechender Anfang!
Du konntest nach kurzer Zeit das stationäre Setting wieder verlassen und schaffst es, Tagesklinik und Alltag hinzubekommen, das muss man erstmal schaffen! Viele Patienten erreichen diesen Punkt erst nach laaanger Zeit (manche auch nie). Du machst das super, und lass' Dich nicht davon verunsichern, dass es sich gerade alles so mies und furchtbar anfühlt, das gehört leider zum Prozess dazu. Und gib' der Sache Zeit! Therapie braucht Zeit, und leider kann es dauern, bis man sich nach der Verschlechterung wieder besser fühlt. Aber irgendwann wird es besser! Bis dahin heißt es: Geduld haben und lieb und nachsichtig mit sich selber umgehen!
Viel Kraft für Deinen weiteren Weg,
LG Silver