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Zitat von Shelby:
Übergriff finde ich nicht, denn man macht es ja freiwillig.

Naja, weil man dann wirklich irgendwann keinen anderen Weg mehr sieht, oder?
Die Abneigung gegen Therapie ist noch immer groß.

Zitat von Cbrastreifen:
Wieso? Das ist doch schon ein sehr hoher Organisationsgrad.


An der Uni habe ich mit Erstaunen vernommen, dass die Verdrängung als die reifste Art gilt auf Dinge zu reagieren, die man nicht kontrollieren oder verarbeiten kann.

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Risiken und Nebenwirkungen von Psychotherapie - Diskussion

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Zitat von Shelby:
An der Uni habe ich mit Erstaunen vernommen, dass die Verdrängung als die reifste Art gilt auf Dinge zu reagieren, die man nicht kontrollieren oder verarbeiten kann.

Eben, das ist ein reifer Abwehrmechanismus.
Die fiese Schwester ist die Verleugnung.
Die Verdrängung ist reif, weil sie eine gewisse Ich-Stärke voraussetzt.

Zitat von Cbrastreifen:
Naja, weil man dann wirklich irgendwann keinen anderen Weg mehr sieht, oder? Die Abneigung gegen Therapie ist noch immer groß.


Naja, manche Menschen haben schon ein großes Bedürfnisse über ihre Befindlichkeiten zu sprechen, das kann zur Manie werden. Und manche Therapeuten hören halt im Halbschlaf zu, bis die Zeit endlich rum ist.

Zitat von Shelby:
Naja, manche Menschen haben schon ein großes Bedürfnisse über ihre Befindlichkeiten zu sprechen, das kann zur Manie werden. Und manche Therapeuten hören halt im Halbschlaf zu bis die Zeit endlich rum ist.

Das ist ein Hinweis auf Narzissmus. Da weiß man wenigstens, woran man ist.

Zitat von Cbrastreifen:
Das ist ein Hinweis auf Narzissmus. Da weiß man wenigstens, woran man ist.


Mir scheint du bist vom Fach.

Zitat von Shelby:
Mir scheint du bist vom Fach.

Wie man's nimmt. Ich hab viel gelesen.

Das Erreichen eines höheren Reifegrades ist - wie beim Kind - immer auch mit Trennung vom Bisherigen verbunden und je mehr Reife, umso mehr Eigen-Verantwortung. Daher kann es durchaus zur Vermeidung der Reifung kommen. Ja, sogar zu einem Beharren auf Unreife, bis hin zum Rückzug auf noch stärkere Unreife.

Zitat von Shelby:
Daher kann es durchaus zur Vermeidung der Reifung kommen. Ja, sogar zu einem Beharren auf Unreife.

Ja, klar. Man kann Angst haben vor dem Schritt in die neue Freiheit, die gleichzeitig eine neue Ebene der Komplexität ist, unbekannt ist und einen auch vor ganz neue Probleme stellt, die man vorher einfach nicht hatte oder nicht erkannt hat.
Andere, hattest Du ja erwähnt, profitieren von ihren Symptomen, das ist für die einen der primäre und sekundäre Krankheitsgewinn, die anderen nennen es Zielkonflikt.
Im Einzelfall kann das ein kompliziertes Gewurschtel sein, in das alles Mögliche hineinragt, etwa bei Anträgen auf Krankengeld, Sorgerecht, Rente und so weiter.

Ja, all das sind eben Hemmschuhe für eine erfolgreiche Therapie. Ich weiß es von mir selbst, wie es ganz am Anfang war, da musste man erstmal zu mir durchdringen und meine Abwehr war nicht von schlechten Eltern. Diese hielt aber nicht ewig an und es kam zu einer nachhaltigen Veränderung.

Zitat von Shelby:
Ja, all das sind eben Hemmschuhe für eine erfolgreiche Therapie. Ich weiß es von mir selbst, wie es ganz am Anfang war, da musste man erstmal zu mir durchdringen und meine Abwehr war nicht von schlechten Eltern. Diese hielt aber nicht ewig an und es kam zu einer nachhaltigen Veränderung.

Das ist normal, jeder tickt so.
Es gibt die Aussage eines guten Therapeuten, dass erfahrene Therapeuten mehr oder minder nach 5 Minuten wissen, wo das Problem eines Patienten ist, nur wenn man ihm das auf den Kopf zusagt, hat man a) Streit und b) den Patienten zum letzten Mal gesehen, weil er genau das - etwas analog zu Watzlawick - natürlich nie und nimmer als sein Problem ansehen würde (was er da seit 30 Jahren verdrängt und projiziert) und sich völlig fehleingeschätzt vorkommt.

Und ja, es gibt auch heimliche Bündnisse in denen unsichere Therapeuten und Patienten einen Deal eingehen, sich gegenseitig nichts zu tun. Man unterhält sich ein wenig über belanglose Probleme, die übt der Patient dann auch fleißig und die heißen Eisen bleiben unangetastet.

Ein guter Therapeut ist taktvoll, aber bohrt da, wo es weh tut.

Zitat von Cbrastreifen:
Und ja, es gibt auch heimliche Bündnisse in denen unsichere Therapeuten und Patienten einen Deal eingehen, sich gegenseitig nichts zu tun


Ja, wie wahr. Solche Deals gibt es oft und überall. Sehr gut geeignet um zu bewahren was ist, zugleich aber so zu tun als ob man daran arbeiten würde es zu ändern.

Zitat von Cbrastreifen:
Ein guter Therapeut ist taktvoll, aber bohrt da, wo es weh tut.


Wie ein Zahnarzt? Ne, Spaß...

Zitat von Shelby:
Wie ein Zahnarzt? Ne, Spaß...

Bohr ey. Du sollst doch nicht triggern.

Zitat von Cbrastreifen:
Bohr ey. Du sollst doch nicht triggern.


Oja, sorry.

Zum Thema fällt mir ein, dass man nicht unterschätzen darf, dass bei vielen psychischen Störungen nicht selten auch eine mehr oder weniger starke und verfestigte Selbstschädigung einhergeht. Auch Aspekte wie Selbst-Bestrafung können eine Rolle spielen. Da gehts um innere Konflikte, die ja seit Urzeiten ausgetragen werden und sich da von außen hineinzuwagen, dass erfordert einen enormen Selbstschutz.

Ich habe erlebt, wie auch bei erfahrenen Therapeuten diese Firewall versagen kann und dann ist der Therapeut selbst in Gefahr. Ist ja auch nur ein Mensch und keine unverwundbare Maschine.

Zitat von Shelby:
Ich habe erlebt, wie auch bei erfahrenen Therapeuten diese Firewall versagen kann und dann ist der Therapeut selbst in Gefahr. Ist ja auch nur ein Mensch und keine unverwundbare Maschine.

Man muss die richtige Mischung zwischen Nähe und Distanz finden. Ohne hinreichende Empathie geht es eher nicht, aber man muss die Dinge auch hinter sich lassen können.
Technische Neutralität oder ins Amt gehen.
Patienten versuchen immer wieder unbewusst Therapeuten aus diesem Gleichgewicht zu bringen, indem sie versuchen, ihn/sie dazu zu verführen, dass sie eine Koalition eingehen und zusammen mit dem Patienten gegen die böse Welt kämpfen, oder auf der anderen Seite dazu, dass er ein strafender Vater oder sie eine strafende Mutter wird, die das ungezogene Kind zurechtweist.
Die technische Neutralität aufrecht zu halten heißt, genau das anzusprechen oder zu hinterfragen, ob es dem Patienten nicht reicht, eine eigene Position zu entwickeln.

In dem Fall den ich miterlebt habe, hat offenbar eine Patientin im Therapeuten ihren Vater gesehen und so kam es zu einer Überragung, so nennt man das glaube ich. Sie beschuldigte den Therapeuten der Aggressivität, was ein Witz war, denn dieser Mann war dermaßen sanft und emphatisch, dass es mir unvergesslich bleiben wird.

Er selbst meinte später dann, er habe einen Moment zu spät auf die Überragung er Patientin reagiert und dieser Moment hat schon ausgereicht, um den Sturm nicht mehr aufhalten zu können. Zwar hat sich der Therapeut schnell gefangen und konnte die Situation wieder kontrollieren, auch hat sich die Patientin später bei ihm entschuldigt. Aber es war dich für eine kurze Zeit erschüttert und auch ein wenig hilflos den Angriffen der kranken Frau ausgeliefert. Da war schwer mit anzusehen, weil so falsch und ungerecht. Außerdem hat es mich daran erinnert wie mit mir oft umgegangen wurde.

Klar ist das sein Berufs Risiko und er muss einem nicht leid tun. Ich habe für mich gelernt, dass selbst ein Profi im Kontakt mit kranken Menschen in Gefahr kommen kann und daher ich an mich selbst nicht den Anspruch stellen sollte, dass ich da immer 100 % souverän sein müsste.

Aber es macht halt auch betroffen was gute Menschen die helfen wollen so manchmal als Antwort zurückbekommen und erdulden müssen.
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Als junge Frau war ich bei einer Psychotherapeutin in Behandlung, die auch Fachärztin für psychosomatische Medizin war.
Sie sagte mal * ich kann Ihnen nicht helfen, ich kann sie nur begleiten * Von wegen helfen muss ich mir selbst.
Da habe ich mir einen anderen Therapeuten gesucht, war dort 3x, hatte ihn aber für mich als ungeeignet empfunden und bin wieder zu ihr zurück. Habe ihr dann den Grund des Wechsel erklärt und sie war froh, dass ich so ehrlich war und ihr das gesagt habe. Haben das dann auch besprochen.
Ich habe ja stets um Medis gebettelt, aber davon hielt sie nichts.
Einmal lag eine Schachtel Trevilor / Venlafaxin (war damals grad neu)
auf ihrem Schreibtisch, kurz zuvor war ein Vertreter da, der die Packung da ließ.
Ich sagte * was ist denn damit? Kann ICH das haben ?* Ich wollte sie provozieren...aber sie ging tatsächlich darauf ein
und ich durfte das nehmen. 2 Wochen mit 75 mg halfen nicht, was ihr dann wohl Genugtuung verschaffte.
Ich sagte * eine halbe Kopfschmerztablette hilft mir auch nicht*.
Ich durfte dann auf 150 mg gehen und das war dann meine Rettung. Erstmal. Therapie habe ich aber weiter gemacht.
Sie ist mir immer ausgewichen, wenn ich nach meiner *Diagnose* gefragt habe....das sei nicht wichtig. Mir aber schon.
Damals hatte ich Angstzustände und Panikattacken.
Dass sie damals schon den Verdacht der bipolaren Störung nicht ausgesprochen hat, nehme ich ihr nachträglich übel.
Aber ich bin dankbar, dass ich sie an meiner Seite hatte.
Die Diagnose bekam ich erst 15 Jahre später in der Psychiatrie. Also 2011.

Ich denke ja, dass das System bestehend aus Patienten und Therapeuten immer in einer steten Wechselwirkung steht. Die Therapeuten erleben immer und immer wieder die selben Muster bei ihren Klienten und greifen auf ihre Erfahrungen zurück um dies zu beurteilen. Sie können ja nicht bei jedem neuen Patienten so tun als ob sie bei Null anfangen würden. Als ob dieser neue Patient der Patient 1 wäre, der erste seiner Art.

Und das prägt die Therapeuten und Ärzte. Sie lernen durch die Patienten wie Patienten sind, oder zumindest zumeist sind. Und darauf verlassen sie sich dann in der Regel. Sie differenzieren vielleicht nicht mehr ausreichend zwischen den einen und den anderen. Sie stumpfen vielleicht auch ab, mit der Zeit. Sind auch ein Stück weit frustriertet von Patienten die seit Jahren und Jahrzehnten in Behandlung sind und keine Erfolge zeigen. Oder von Patienten die sich nur für was Besonderes halten und keine Einsicht in ihre Krankheit haben.

Ich hatte oft das Gefühl, dass ich als Patient mit Vorurteilen zu kämpfen hatte, seitens der Behandler. So nach dem Motto sie sind ja doch auch nur so einer, der nicht an sich arbeiten will und alles besser weiß. Oder der die Schuld immer bei den andere sieht. Es dauert dann immer eine Zeit lang bis man aus diesem Bewertungs Schema raus ist, gegen das man sich wehren muss. Denn es gibt ja solche Patienten, aber eben nicht nur. Viele bemühen sich redlich, haben aber auch keinen nachhaltigen Erfolg. Die Behandler aber müssen ja die Schuld dafür immer beim Patienten suchen, naturgemäß.

Es wäre gut wenn Patienten einsehen würden, dass sie selbst einen Einfluss auf das Behandlungs System haben. Je mehr sie dieses System frustrieren, umso weniger effektiv wird es arbeiten. am Ende gibt jeder dem anderen die Schuld. Aber es braucht auch differenziert denkende und emphatische Behandler, die sich nicht auf allgemeine Vorteile gegenüber den Patienten zurückziehen.

Zitat von Shelby:
In dem Fall den ich miterlebt habe, hat offenbar eine Patientin im Therapeuten ihren Vater gesehen und so kam es zu einer Überragung, so nennt man das glaube ich.
...
Klar ist das sein Berufs Risiko und er muss einem nicht leid tun.

Naja, was heißt Berufsrisiko?

Bei aufdeckenden Therapieformen ist genau das der Rohstoff mit dem man arbeitet.
Übertragungen werden in einigen Therapieformen, z.B. durch Verträge und eine klare Struktur bewusst hervorgerufen. Den einen macht das gar nichts aus, aber andere gehen, mit dieser Struktur konfrontiert, sofort an die Decke und man ist mitten im Thema.

Übertragungen und Gegenübertragungen sind also nicht schlimm, kein zu vermeidender Ausrutscher, sondern das was auskommen soll, um es dann deuten, also bearbeiten und in einen anderen, größeren Kontext setzten zu können.

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Prof. Dr. med. Thomas Hillemacher
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