Gamma,
wie lief das ab? Wie war die Vorgeschichte, wie bist Du da gelandet? Gab es vielleicht vorbehandelnde Ärzte oder Therapeuten, irgendwen, der Dich als normalen Menschen kennengelernt hat oder irgendwelche Befundberichte?
Die besten Chancen, aus sowas rauszukommen, ist, wenn man Verstärkung hat. Alles, was untermauert, dass Du an sich ein klar denkender Mensch warst und bist, hilft, von dieser Diagnose wegzukommen.
Ich weiß auch nicht, wie das Verhältnis zu Deiner Mutter ist? Dass eine Mutter die Medikamenteneinahme überwacht, sagt noch gar nichts. Vielleicht macht sie nur Sorgen oder die Ärzte haben ihr das eingeschärft? Vielleicht kannst Du mit ihr reden und sie als erste Verbündete gewinnen? Wenn das nicht geht, dann musst du andere Menschen finden, die Deine These untermauern können.
Es ist sehr übel, aber so eine Diagnose kannst Du nur mit mühevoller Kleinarbeit und Zähigkeit aushebeln. Ich verstehe die Verzweiflung und die Wut und die ganzen Eindrücke, die Angst, die es hinterlassen hat.
Wenn Du keine Behandler von früher hast, die Dir helfen können oder wollten, dann bleibt nur der Weg übrig, neue Leute zu suchen. Und wenn Du in diese Kontakte gehst, dann geh' dort gepflegt hin, Haare geschnitten, Klamotten gestylt, aber nicht zu viel. Unterlagen schön geheftet in einer Mappe in einer ausreichend großen Tasche. Das ist so ein bisschen die Situation von einem Bewerbungsgespräch. Du musst einen anderen Eindruck machen als man es von einer Schizophrenie-Patientin erwarten würde. Vielleicht gibt es auch irgendwelche Zukunftspläne, was Du gerne erreichen würdest und Argumente dafür, dass eine andere Erkrankung zugrunde liegt, und die verwechselt wurde.
Es ist total egal, was Du als Argumentationsstrang einsetzt, Hauptsache, Du kommst da raus.
Sei nett, freundlich zu neuen Ärzten und Therapeuten, damit Du Dir nicht selbst die Tour versaust. Ich kann mir gut vorstellen, dass Du nur hören magst, wie dieser Alptraum möglichst schnell zu Ende geht. Aber das hier nicht das Programm, was gerade läuft. Sondern Du wirst es nur mit Coolness, mit kühlem Kopf, mit Taktik und Sinn für die Situation schaffen, Leute von Dir zu überzeugen. Und wenn Du das schaffst, dann wird es Psychiater und Therapeuten geben, die nochmal genauer hinschauen. Und dann wird man evtl. die Dosis runterfahren und sehen, was passiert oder schnell ganz ausschleichen.
Panik und Wut hilft Dir nicht weiter. Die darfst Du dort nur wenig zeigen.
Du musst jetzt schlauer sein als alle anderen. Die Ärzte gehen davon, dass sie Dich nicht für voll nehmen können. Sie erwarten nicht, dass Du vielleicht schlauer agieren könntest, als sie erwarten. Und das ist Deine Chance. Wenn es Dir gelingt, die geschickt zu manipulieren, dann kannst Du diese Schizophrenie-Diagnose vielleicht wenigstens jetzt abschütteln.
Du musst Dich mental auf das vorbereiten. Und dann die Schritte nach und nach gehen.
Es gibt auch gute Psychiater. Es wird aber keiner beim ersten Termin einfach diese Diagnose fallen lassen. Das werden die schon aus juristischen Gründen nicht tun. Die müssen sich auch erst mal versichern und Zeit nehmen, ehe sie dann neue Fakten schaffen.
Vielleicht klappt es auch mit der neuen Psychiaterin oder dem Hausarzt? Schau', wer sich für Dich stark machen könnte, wer glaubt Dir? Wer kann für sprechen, mitkommen, mit den Ärzten reden?
Das sind die Fragen, die Du beantworten kannst. Auf dem Weg kannst Du weiterkommen.
Dass in Psychiatrien solche Spielchen immer wieder laufen, ist nicht neu. Aber wenn Du das jemandem so erzählst, glaubt es keiner. Ich würde versuchen, das anders zu schildern wie z.B. Da ist leider in dieser ersten Klinik was total schief gelaufen. Ich denke, der Psychiater war unerfahren/im Stress, und hat die Lage falsch eingeschätzt, Oder: Da gab es ein Missverständis zwischen ihm und mir und es ließ sich nicht aufklären, der hatte sich vorschnell auf eine Diagnose eingeschossen. Wahrscheinlich hat der halt sehr oft eine Schizophrenie gesehen und hat gar nicht mehr lange geprüft, ob das stimmt, weil er sich so sicher war, dass er recht hat. Der hätte mehr nachfragen müssen, dann hätte er gemerkt, dass ich nicht schizophren bin.... So in der Art kann man das beschreiben.
Und dann kommt es natürlich drauf an, wie es läuft, wenn die Dosis reduziert wird.
Oft reicht es schon, wenn man eine andere Diagnose vorweisen kann und sagen: Es war keine Schizophrenie, es war .... Deshalb (!) habe ich mich so verhalten, war ich in der Klinik.
Dass die Dich verladen habe, glaube ich Dir. Ich hatte eine Freundin, die war in der Psychosomatik und war schwankend labil. Vor dem Wochenende haben dann drei Ärzte der Klinik in gegenseitiger Absprache die Zwangseinweisung unterschrieben und sie in die geschlossene Abteilung abgeschoben. Hintergrund: Dünne Personaldecke am Wochenende in der Psychosomatik und eine junge Psychologin, die es nicht auf die Kappe nehmen wollte, wenn die Patientin am Wochenende in der Psychosomatik bleibt. So schnell geht das. Und wir brauchen uns nicht drüber streiten, dass die Ärzte und Kliniken alle wissen, wie man es macht, dass es nicht auffliegt und ihnen juristisch kaum einer am Zeug flicken kann. Ohne Zeugen ist nichts zu machen und selbst die bringen nicht viel.
Langsam versuchen, da rauszufinden.
Das sind so die Tipps, die man geben kann. Und letzten Endes kann Dich keiner zwingen, diese Medikamente zu nehmen. Ruf' doch mal bei Euch beim Betreuungsverband an. Die gibt es in jedem Landkreis. Die können Dich beraten und Dir juristischen Rat geben, was Deine Rechte sind. Einfach die Pillen absetzen kann nach hinten losgehen. Man sollte keinen kalten Entzug machen. Ich bin in dem Rechtsgebiet nicht so fit, weil ich mit den Themen nie was zu tun haben wollte. Die machen einem einfach nur Angst. Da habe ich mich immer fern gehalten.
Hol' Dir Unterstützung von kompetenten Leuten!
13.01.2023 17:30 •
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