bin ziemlich frustriert momentan. Meine Freundin ist seit neustem von einer Methode ziemlich überzeugt, bei der man sich im Kern folgende 4 Fragen stellen soll:
1. Ist das wahr?
2. Kannst du mit absoluter Sicherheit wissen, dass das wahr ist?
3. Wie reagierst du (was passiert in dir), wenn du diesen Gedanken glaubst?
4. Wer wärst du ohne den Gedanken?
Etwa wenn man nachfolgende Behauptung aufstellt: Ich bin sauer auf meinen Chef, weil er mich schlecht behandelt. Dann könnte man sich natürlich fragen, ob das wirklich wahr ist, ob man nicht vielmehr sauer auf sich selbst ist, ob er einen wirklich schlecht behandelt oder ob es nicht auch Fälle gibt, in denen man gut behandelt wurde usw.
Bei der Frage wie man reagiert, wenn man an den Gedanken Ich bin sauer, weil... glaubt, antwortet man dann nach reiflicher Überlegung sowas wie ich bin angespannt, unsicher, bekomme Magenschmerzen, bin gereizt usw.
Wie wäre ich ohne den Gedanken ist dann idealerweise ruhig, besonnen, ausgeglichen, mit mir im Einklang o.ä.
Ich kann damit nicht allzu viel anfangen:
zu 1.) und 2.) Ein reflektierter Mensch weiß ja oft, dass solche Pauschalbehauptungen aus einer spontanen Emotion heraus nicht die absolute Wahrheit darstellen. Trotzdem ist vielfach zumindest ein wahrer Kern dran, weil einem solche Gedanken zumeist aufgrund irgendwelcher Auslöser in den Kopf kommen und zumindest für den Moment ist es für einen selbst dann eben die gefühlte Realität.
zu 3.) und 4.) Oft können solche Gedanken ja auch ein Motor sein um etwas zu verändern. Bsp.: Hätte ich nicht die Überzeugung gehabt, dass mein Chef mich schlecht behandelt, hätte ich nicht meinen Job gekündigt oder das klärende Gespräch gesucht oder ähnliches.
Ich habe Sorge, dass die Methode zu einer übertriebenen Diplomatie führt, bei der man ständig Nachsicht walten lässt und vieles relativiert. Zudem weiß ich nicht, ob man nicht auf Dauer vieles zerdenkt, wenn man Gedanken immer wieder kritisch hinterfragt und bis zur Unkenntlichkeit dreht und wendet.
Nicht zuletzt habe ich Sorge, dass sich diese Denkweise negativ auf die Beziehung auswirkt. Für mich ist ein Partner jemand, mit dem ich mich auch mal gemeinsam aufregen und ärgern darf. Wenn mich etwa jemand angreift, mir schadet, mich beleidigt etc. möchte ich, dass mein Partner mir zustimmt, dass sowas unmöglich ist, mitfühlt und mir irgendwie Trost spendet. Ich kann dann mit einer Rückfrage Ist das wirklich wahr etc. einfach nichts anfangen.
Gleichzeitig tut es mir leid, dass ich einen Punkt, den meine Freundin für sich als so bereichernd empfindet offenbar nicht nachvollziehen kann. Habe Bedenken, dass wir uns da nach und nach entfremden könnten.
Wer bis hierhin durchgehalten hat: Danke fürs Lesen des leider nicht gerade kurz geratenen Texts!:) Kam aus einer Spontanreaktion heraus, ich hoffe er ist halbwegs verständlich und fehlerfrei!
Ich freue mich über Meinungen, Anregungen, Tipps etc. und wünsche einen schönen Abend sowie einen guten Start ins Wochenende!
05.05.2017 17:00 • • 05.05.2017 #1