Hallo @Perle,
vielen Dank für Deine Erfahrungen! Ich kann das, was Du erzählst, auch so bestätigen aus dem, was ich so erlebt und mitbekommen habe.
Nachdem, was andere Patienten so erzählt haben, war deren Aussage auch, dass es das im Krankenhaus zwar alles gab, nur halt nicht so intensiv und so häufig wie in der Psychosomatik (also z.B. pro Woche 200 min Kunsttherapie in der Psychosomatik vs 45 min im Krankenhaus, oder 6 verschiedene Arten von Gesprächs-Gruppentherapien von insgesamt 800 min pro Woche in der Psychosomatik vs. vielleicht 200-300 min pro Woche im Krankenhaus).
Und ein weiterer Punkt war die spezifische Thematik und Zusammensetzung der Gruppen in Bezug auf die Erkrankung.
Und die Anzahl an Einzeltherapien pro Woche.
Was ich so gehört habe, war, dass es im Krankenhaus vielleicht auch ein paar spezialisierte Stationen gibt (z.B. für Depressionen), dass aber im Großen und Ganzen die Krankheitsbilder eher durchmischt sind, wodurch die Themen in den Gruppen weniger spezifisch sind.
Am Beispiel der Psychosomatik: Da hat man dann Stationen, auf denen z.B. ausschließlich Trauma-Patienten sind, oder ausschließlich Patienten mit einer Ess-Störung, oder ausschließlich Patienten mit Persönlichkeitsstörungen, oder ausschließlich Patienten mit einer Schmerz-Störung. (Depressionen werden zumeist auf allen Stationen thematisch mitbehandelt, da diese komorbid bei den meisten Störungen mit im Paket sind.)
Da gibt es dann zwar auch allgemeinere Gruppentherapien, wo die Patienten persönliche Themen einbringen, und Gruppen zur Psychoedukation in Bezug auf Depressionen,
aber
zusätzlich noch weitere verschiedene Gruppen, die dann nur die Thematik der Station berücksichtigen, wie z.B. Ernährung bei den Ess-Patienten, Emotions-Regulation bei den Persönlichkeitsgestörten, Expositions-Gruppen bei den Zwangs- oder Angst-Patienten,
sodass man dann insgesamt pro Woche sehr viel mehr an Therapien auf dem Plan hat, die zusätzlich auch noch genauer auf das spezifische Krankheitsbild zugeschnitten sind, weil die Patienten nach Diagnosen unterteilt auf speziellen Stationen (für ihr Diagnose) untergebracht sind.
Für mich klangen die Krankenhaus-Gruppentherapien so ein bisschen wie die Gruppen, die ich in der Tagesklinik hatte, da waren die Patienten auch durchmischt vom Krankheitsbild her. Aber das kann natürlich auch an der speziellen Tagesklinik gelegen haben, in der ich war.
Zitat von Perle: Jedenfalls ist es schlimm, wenn ein Mensch im schlechtesten Fall bis zu 3 Jahre warten müsste, ehe er in einer Psychosomatischen Klinik aufgenommen werden kann. Wo ist da die Sinnhaftigkeit, wer schafft es, mit schwerwiegender Erkrankung, so lange durchzuhalten?
Die 3 Jahre waren bis jetzt auch das größte Extrem, das ich gehört habe, eine relativ kleine spezialisierte Klinik.
Aber tatsächlich habe ich schon oft Wartezeiten von nicht selten 1-1,5 Jahren erlebt, das ist wirklich hart. Die psychosomatischen Kliniken waren schon vor Corona überlastet, aber der Bedarf ist so massiv angestiegen, dadurch verlängern sich die Wartezeiten noch mehr. Zusätzlich wird es schwieriger, ambulante Therapien zu finden, wodurch noch mehr Patienten also sonst den Weg in die Klinik wählen, weil sie erstmal keine Alternative sehen.
Ich glaube, dass es für die lange Geduld vieler Patienten verschiedene Gründe geben kann:
- die Patienten wussten vorher nicht, dass es so lange dauern kann, und haben das erst im Anmeldeprozess erfahren
- sie sind verzweifelt und kennen keine Alternativen (manchmal gibt es die ja auch eher weniger)
- die Patienten hoffen auf ein spezialisierte Behandlung für ihr Erkrankungsbild (z.B. Trauma- oder Exposition-Therapie), sie haben ambulant Therapie und ggf. auch weitere unterstützenden Angebote und nutzen die stationäre Therapie als einen spezialisierten Baustein in ihrer Gesamt-Behandlung (bestimmte Therapie-Verfahren sind ambulant schwer möglich), entweder, wenn es ihnen richtig schlecht geht, oder wenn ein spezialisierter Behandlungs-Schritt ansteht
- den Patienten ist die Möglichkeit dieser Zwischenlösung zwischen Psychiatrie und psychosomatischer Klinik gar nicht so bewusst
- die Verfügbarkeit solcher Stationen ist begrenzt (die gibt es zumeist, meine ich, nur in sehr großen Krankenhäusern, oftmals nur in Großstädten), die meisten kleineren Krankenhäuser verfügen oftmals nur über psychiatrische Abteilungen
- die Ärzte empfehlen oftmals eher psychosomatische Kliniken als psychosomatische Stationen in Krankenhäusern, man muss da erstmal drauf kommen, dass es auch so geht
- das Umfeld/ die Gestaltung psychosomatischer Kliniken ist anders als die von Krankenhäusern, sie wirken eher wie Hotels, vermitteln dadurch eher eine Atmosphäre von Erholung und Genesung als von Krankenhaus
- ...
und bestimmt noch weitere Punkt, nur sind das die ersten Ideen, die mir so in den Sinn kommen.
Ich finde es wirklich immer wieder erschreckend, wenn ich in der Klinik auf Patienten treffe, die das zum ersten Mal erlebt haben und völlig fertig sind. Viele sagen Ja, aber da stand doch akut auf der Einweisung, ich hätte nie gedacht, dass das so lange dauern würde, viele sind einfach nur völlig überrumpelt von dem Zeitraum, viele wussten nicht, dass sie nach der Genehmigung der Kasse noch die Warteliste der Klinik haben, viele hatten viel Stress mit der Genehmigung ...
Da wird denen, die eh schon ganz am Boden liegen, wirklich teilweise sehr viel zugemutet.
Ich selber bin auch immer noch mal wieder überrascht, wie schwierig es werden kann, obwohl ich das Verfahren inzwischen kenne.
Wenn die ambulante Psychotherapie-Versorgung nicht so am Boden wäre, wenn nicht der Bedarf das Angebot so massiv übersteigen würde, gäbe es diese Probleme auch nicht in dieser krassen Form.
Aber noch ein paar positive Gedanken zum Schluss: Manchmal geht es ja auch ganz schnell und unkompliziert . Nicht alle Kliniken haben so lange Wartezeiten, und irgendwann geht auch die längste Wartezeit vorbei.
LG Silver