Ja, Finn, ich verstehe durchaus Dein Problem. Angst eben. Ich erzähle Dir jetzt mal, wie mein erster Einzug in eine psychosomatische Klinik war und da ging es mir noch nicht so schlecht wie heute. Also. Es gab ein Vorgespräch, so wusste ich schon mal, worauf ich mich einlasse und vor allem hatte ich schon mal die Zimmer gesehen, die Station, das war enorm wichtig für mich. Dann dort hin müssen. So 100 km weg die Klinik, Autofahrt Panik pur und dort wirklich vollkommen erschöpft ankommen. Gleich mit rein in die Gruppentherapie, nur am Heulen. War nur für mich anstrengend, für die anderen war das nicht so dramatisch. Nachmittags dann im Zimmer die Ankündigung, dass die anderen beiden schnarchen und ich voll in Panik. Wusste ich doch, dass ich auf jedes noch so kleine Geräusch reagiere. Das hat die anderen beiden dann so beeindruckt, dass sie loszogen, sich um eine Umbelegung kümmern. Ich war da schon so fertig, dass ich gar nichts mehr mitbekam. Das Ende vom Lied war, das Zweierzimmer musste ins Dreierzimmer und die haben natürlich mächtig gekotzt. Dabei hatte ich das gar nicht angeleiert, ich wäre dann halt im Sportraum schlafen gegangen, doch wie gesagt, ich bekam schon nichts mehr mit, mein Körper hatte abgeschalten. Dann die Nacht: Ich bekam ein Medi, was ich nicht kannte. Nahm es todesmutig, ich habe nämlich eine heftige Medikamentenphobie und die Wirkung ließ nicht lange auf sich warten. Das Problem war, es machte entsetzlich müde sozusagen äußerlich und innerlich aber tobte der Vulkan. Das löste so eine Panik aus, ich habe die ganze Nacht teilweise fast geschrien, die Nachtschwester war die ganze Nacht mit wach im Schwesternzimmer, ich wusste einfach nicht, wie umgehen mit dem Zustand. Ich dachte immer, ich drehe gleich völlig ab, hatte eine wahnsinnige Angst. Dumm war, die arme Schwester musste am nächsten Tag voll arbeiten. Naja, das hätte mir ja gesagt werden können. Ich konnte jedenfalls den nächsten Tag nicht in die Therapien, war einfach nur am Ende, doch schlafen ging auch nicht, es dauerte lange, bis sich mein Nervensystem etwas beruhigt hatte. Auch die eisige Stimmung im Zimmer blieb noch eine Weile, doch später wurde eine von den beiden eine Freundin von mir.
Was will ich Dir sagen? Alles halb so schlimm. Was andere von Dir denken, kann Dir egal sein, es geht um Dich und Du bist ja da, weil es eben bei Dir Probleme gibt, nicht um zu zeigen, dass Du ein toller Kerl bist. Das kriegen die dann ohnehin mit. Denn es wird eine Zeit kommen, wo es besser geht, Du Dich sicherer fühlst, Du weißt, was Du tun kannst, wenn es Dir nicht gut geht, es wird sich beruhigen.
Ja, ich hatte auch so das Gefühl, dass Du und Deine Mutter nicht ganz so gesund zusammen hängen. Ein Grund mehr, für eine Therapie mal raus aus der gewohnten Umgebung, die Dich ja offensichtlich hemmt, zu kommen.
Ich mag es, wie Du doch schon anfängst, sozusagen Vorbereitungen zu treffen, um den Absprung zu schaffen. Wenn ein I-Phone für Dich eine Hilfe sein kann, dann immer ran!
Das sind die richtigen Gedanken. Krankenwagen muss nicht sein. Doch wenn Du unabhängig da hin willst, gibt es auch die Möglichkeit, mit einem Taxi auf Krankenkassenkosten zu fahren. Muss ein Arzt begründen und die KK bestätigen.
Du wirst sehen, Du bist ansprechbar für die Aufnahme. Wenn nicht, sag, Du brauchst eine Pause und wenn gar nichts geht, dann sehen die das doch und Du bist ja am nächsten Tag auch noch da.
Warum es Dir so geht, wie es Dir geht, ist doch erst mal völlig unwichtig. Wichtig ist, dass Du weißt, es geht so nicht mehr und Du willst was ändern, was auch kommen mag. In einer richtigen Therapie kommst Du sowieso Dir näher und wirst lernen, warum das alles so ist wie es ist und wie Du es verändern kannst. Dafür gibt es keine Liste, die abgehakt wird, die Erkenntnisse kommen ganz allein aus Dir selbst. Wahrscheinlich aber nicht gleich in den drei Wochen der Entgiftung. Aber in einer späteren, längeren Therapie, die wichtig ist, um Dich zu stabilisieren, wenn Du die kleinen Suchthelfer nicht mehr hast.
Ich glaube nicht, dass Du tatsächlich und ganz echt immer kälter wirst. Dein System schaltet nur ab. Es kann nicht noch mehr verarbeiten. Wenn wieder mehr Platz ist, zum Beispiel, wenn die Angst nicht mehr so riesig ist, dass sie Dich völlig vereinnahmt, dann kommen die Gefühle zurück und wohl dann auch die Trauer darüber, dass Deine Freundin weggezogen ist oder sogar eine neue Angst deswegen. Der Weg ist meist nicht gerade kurz zu einem wieder besseren Leben.
Ja, die Klinik sieht nett aus, wie eine ganz normale Klinik halt.
Frag, ob Du ein Vorgespräch bekommen kannst. Die meisten Kliniken machen das ohnehin. Aber am Telefon ist auch okay. Mach mal.
Ja, der erste Tag könnte der schlimmste werden, weil da alles so neu ist. Und es gibt nichts Schlimmeres für Angstpatienten. Du schaffst das. Es ist nur ein Tag.
Du wirst nicht verrückt und ich rechne auch nicht mit Hallus bei Dir. Mal abgesehen davon übersteht man die auch. Vielleicht bist Du körperlich auch gar nicht so sehr abhängig. Das musst Du dann erst sehen.
Zitat:ich möchte nur mein Leben back schreibt mir was ihr davon haltet bitte
Ja, logisch. Aber einfach zurück, ich denke, das gibt es nicht. Man kann lange leben mit einer Angsterkrankung, ohne dass sie den Alltag beeinflusst. Aber wenn es erst mal da ist, dann ist es Arbeit, sein Leben wieder auf die Reihe zu bekommen und oft sind viele Veränderungen im Kopf, im Herzen, in der Umgebung nötig. Meist sagt man ja, so lange wie es gedauert hat, bis es entstanden ist, so dass man nicht mehr kann, so lange dauert es auch, bis man es be- und verarbeitet hat. Psyche lässt sich nicht einfach in einer Autowerkstatt reparieren.
Deinen Spaß wirst Du schon wieder finden. Doch Du wirst auch erkennen, dass Spaß nicht alles ist.
Promethazin macht nicht abhängig. Kannst Du mit oder ohne Wasser nehmen, kann aber sein, das Zeug geht auf den Magen. So viele Tropfen habe ich davon noch nie genommen, ich hatte schon bei weniger Magenprobleme, wenn ich es häufiger genommen habe und bin dann auf Tabletten umgestiegen.
Deine Abhängigkeit von der Mutter wirst Du aber bearbeiten müssen, auch wenns weh tut. Doch es wird Dir den Weg in DEIN Leben öffnen.
Lieben Gruß, kia