Ganz zu Beginn der Zeit mit dramatischen Symptomen (Anfang des 3. Lebensjahrzehnts, also mit 21 oder 22) bekam ich durch einen Psychiater eine Psychoanalyse im Liegen verordnet, die ein noch in Ausbildung befindlicher Therapeut durchführte. Das gilt heute als Ursache der Chronifizierung - falsche Therapieform (VT wäre ideal gewesen), unerfahrener Therapeut - der meine Symptome regelrecht missachtete, um einen möglichst schlüssigen Therapieverlauf für seinen Ausbilder zu haben.
Da Teile der REHA auch nicht-medizinisch waren, bin ich seit 2012 zwar ambulant an einen niedergelassenen Psychiater angebunden, der jedoch wegen akuter Überarbeitung Termine nur noch bei Verschlimmerung machen würde, den ich also seit 18 Monaten nicht mehr gesehen habe. Und auch dann ist die Taktung ca. 10 Minuten - ein wirkliches Gespräch entwickelt sich da nicht.
Seit Anfang 2020 versuche ich also, einen Therapieplatz zu bekommen, um all die Entwicklungen, die sich seit Diagnosenstellung, Verrentung etc. ergeben haben, im Gespräch zu bearbeiten. Ich habe keine Erwartung, noch geheilt zu werden, aber ich habe Leidensdruck, Depressionen, Gesprächsbedarf - und obendrein auch neue Impacts im heutigen Leben. Es gäbe also Themen, die nicht nur Konversation wären, sondern die so bearbeitet werden könnten, dass eine gewisse Erleichterung eintritt.
Persönliche Nachfragen via Telefon und eMail führen entweder zu sofortigen Absagen (alles dicht) oder schlicht zu ausbleibender Antwort. Das habe ich mehr als 20 mal versucht. Insgesamt habe ich nun auch ca. 7-9 Vermittlungscodes und PTV11-Formulare gesammelt, mit denen ich über die Terminservicestelle 116 117 auch tatsächlich Termine bekam.
Das allerdings lief so ab: Man kommt nach oft 4-5 Wochen Wartezeit zu einer Therapeutin/einem Therapeuten, die einem teilweise schon zu Beginn der Sitzung sagen, sie hätten aber keinen Therapieplatz frei. Dann spricht man 50 Minuten, bekommt einen neuen Code, ruft wieder die TSS an. Nach einigen Terminen dieser Art habe ich eine Erweiterung des Formulars bekommen - ein Kreuzchen bei ambulante psychotherapeutische Akutbehandlung. Nach der Theorie der Terminservicestelle bekommt man damit 5-8 Akuttermine bei einem Therapeuten, der sich bei der TSS hat listen lassen, dass er so etwas anbietet. Die beiden Therapeut*Innen, die ich aber mit diesem Schein aufgesucht habe, waren im wahren Sinne traumatisierend. Es war direkt klar, dass sie einen auf jeden Fall nicht (!) behandeln wollen. Die Diagnosen, welche 2 habilitierte Professoren, Gutachter der Rentenversicherung, Gutachter der Schwerbehindertenstelle alle so bejaht und ernst genommen haben, wurden auf den Kopf gestellt. Nicht geglaubt. Eine der beiden Therapeut*Innen war alt (was kein Problem sein muss), aber auf eine 60er Jahre-artige Weise autoritär und herablassend - und diagnostizierte mich als pathologische Persönlichkeit. Also: selbst Schuld! Therapeut*In Nr. 2 hörte 15 Minuten -unablässig in den Computer hackend- ohne jede Rückfrage zu, stellte dann Diagnosen, Medikation und mich als Person in Frage, provozierte so sehr, dass ich die Sprechstunde verließ. Ein Vorwurf war: Sie sind so höflich, das bedeutet, Sie sind passiv aggressiv, und Sie machen mich unendlich wütend.
Summa summarum: einige der Therapeut*Innen über die TSS waren ok und zugewandt, aber wollten außer der einen Sprechstunde auf keinen Fall mehr machen, und diejenigen, die theoretisch mehr machen wollten - wollten mich auf keinen Fall als Patient. Es mag am Alter liegen, es mag daran liegen, dass ich keine leichten Erfolgserlebnisse mehr verspreche. Jedenfalls war ich 2x in einer unfassbar quälenden Situation. Und vorher habe ich im Monatsrhythmus Termine abgeklappert - ohne Sinn.
Letztlich muss ich akzeptieren, dass ich wohl niemand mehr finden werde. Wird mein Zustand noch schlimmer, bleibt mir an sich ja nur der Versuch, mich hospitalisieren zu lassen - wovor ich große Angst habe, denn erstens erwarte ich auch dort nach all den heutigen Erfahrungen eine schlechte Behandlung, und zweitens sind meine Ärzte, bei denen ich mich damals wohl gefühlt, ernst genommen und beschützt gefühlt habe, pensioniert.
Eigentlich habe ich gar keine sinnvolle Frage hier zu stellen, denn natürlich kann mir keiner einen Tipp geben, wo sich ein einfühlsamer Therapeut herzaubern lässt - vielleicht wollte ich mir den Frust von der Seele schreiben.
Ach so: die Krankenkasse hat bereits signalisiert, dass sie Privatkonsultation NICHT übernimmt, und meine Sozialrechtsanwältin hat mir gesagt, dass es sehr schwer würde, das juristisch zu erzwingen.
Danke für's Lesen!
15.05.2021 11:05 • • 31.07.2021 x 2 #1