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Die Eingangsfrage: Heilung allein durch Psychopharmaka?, kann ich von mir aus gesehen, nicht bestätigen, aber einen deutlichen Zugewinn an Lebensqualität, sozusagen eine wirksame Unterstützung.

Ängste, Zwänge, Depressionen, Phobien - Parallelen zur Sucht und die Erkenntnis daraus / Teil 1

Viele Menschen sind der Ansicht, dass ihre Ängste, Zwänge, Depressionen, Phobien etc. keine konkreten Auslöser haben. Sofern man damit z. B. traumatische Erlebnisse meint, mag das zutreffen (obgleich auch diese oft laviert, verdrängt, vergraben werden). Fraglich an dieser Behauptung ist jedoch,

- ob man ausreichend intensiv danach gesucht hat
- ob man sie (evtl. unterbewusst) gar nicht finden will
- ob es nicht eine Summe aus mehreren, kleineren problematischen Erfahrungen sein könnte.

Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang die Tatsache, dass oftmals mehrere der o. g. psychischen Erkrankungen gemeinsam vorliegen. Nicht selten liegt bei genauem Hinschauen zudem auch eine mehr oder minder ausgeprägte Suchtneigung vor.

Ich habe oben bzgl. eines ganzheitlichen Heilungsansatzes von einer Quellenorientierung gesprochen, die ich im folgenden stets abbilden möchte. Deshalb gehe ich von einer definitiv vorhandenen Ursachenprämisse aus!

Die Neurotransmitterfunktion möchte ich nur funktionell mit ins Spiel bringen, nicht auf anzustrebenden Normwerten herumreiten. Ich vermeide absichtlich die Namen dieser Botenstoffe sondern nenne lediglich deren Effekt. Konkret ist es m. E. sowieso wichtiger, nachprüfbares geistig-körperliches Erleben als Maßstab zu nehmen statt medizinische Titulierungen nebst Referenzwert der jeweiligen Stoffwechselfunktion.

Vereinfacht dargestellt erfüllen Furcht, Erschöpfung, Zwänge etc. immer eine Funktion. Alles, was eine Funktion darstellt hat eine oder mehrere unmittelbare oder chronische Ursachen. Man kann diese Ursachen auch Bedingungen nennen. Diese Bedingungen haben immer sowohl geistige als auch körperliche Komponenten. Hier ist festzuhalten, dass diese wiederum eine gegenseitige Beeinflussung ausüben. Der Körper gestaltet (= wirkt auf) den Geist und der Geist gestaltet (= wirkt auf) den Körper.

Da unser Geist-Körper-Gebilde ein Kontinuum darstellt, kann man unser Leben durchaus als eine unbewusste Getriebenheit bezeichnet werden. Getrieben von was? Von Anziehung und Abneigung. Wir wollen, was uns anzieht und wollen nicht, was uns abstößt.

Diese Daseinsregel führt dazu, dass wir stets eine gewisse Erfüllung im Leben bzw. im Augenblick suchen; und sei dies nur eine Verminderung eines subjektiv empfundenen leidhaften Zustandes. In der Summe kann man sagen, dass das menschliche Dasein insgesamt eher unerfreulich ist. Allein die Negierung dieses Faktes ist m. E. bereits eine chronische Reaktion - eine Funktion: Indem ich mir das Erleben schön rede/schön denke, schaffe ich ein Konstrukt, das ständig aufrecht erhalten werden muss. Dafür gibt es vielerlei Möglichkeiten.

Immer, wenn das Konstrukt wackelt, wenn das eher unliebsame Grundwesen unserer Existenz durch eine Ritze unseres Bemühungsanstriches schimmert, reagieren wir mit Aktivität, Ablenkung, Sinnesgenüssen etc. Im Laufe der Zeit jedoch häufen sich die Hinweise aus dem Unterbewusstsein: die vergrabenen Fakten haben nämlich Wurzeln geschlagen und drängen ans Licht. Das erzeugt Angst, Traurigkeit, Unsicherheit - alles Emotionen, die wir eigentlich nie richtig kennen- und schätzengelernt haben. Denn sie sind nicht Teil unseres Konstrukts.

Genau diesen Punkt behaupte ich, kennt um Grunde jeder Mensch. Jeder hat diesen Konflikt zwischen Anspruch und Realität mindestens einmal in voller Stärke erlebt. Und ebenfalls fast jeder Mensch hat sich für den Weg des Verdrängens entschieden. Das ist verständlich - denn das Leben war zu diesem Zeitpunkt bereits ziemlich weit fortgeschritten. Wir waren schon wer, hatten schon Ich und Welt eingerichtet und wollten das keinesfalls verlieren.

Und ebenfalls genau an diesem Punkt begannen wir, Missbrauch zu kultivieren. Damit ist die Funktion von Verhaltensweisen gemeint, die eine sofortige Erleichterung, eine (vermeintliche) Auflösung des Konflikts schafft. Dazu gehört z. B. der Konsum von Süßigkeiten, Alk., Fernsehen, Lesen, Telefonieren, Internet und und und. Bei genauem Hinsehen besteht unsere Freizeit nahezu ausschließlich aus Tätigkeiten, die (auch präventiv) jegliches Leid verhindern sollen. Wer dies für überzogen hält, soll sich mal eine Stunde lang weitestgehend bewegungslos auf einen Stuhl setzen und nichts tun. Bei den meisten von uns tut sich alleine schon bei dieser Vorstellung das Grauen auf...

Jede Emotion ist begleitet von diversen Stoffwechselvorgängen und stellt ihrerseits die Ursache für weitere Stoffwechselvorgänge dar. Unterschiedliche Tätigkeiten oder Nahrungsmittel können sowohl Emotionen auslösen als auch Emotionen begegnen (kompensieren), indem sie die Ausschüttung von Neurotransmittern provozieren.

Psychopharmaka sind für jeweils unterschiedliche Neurotransmitterfunktionen (NTF) gedacht - sie erfüllen die gewünschte Reaktion (= Funktion). Ebenso erfüllt z. B. Alk. nicht nur eine NTF, sondern viele! Nahezu alle relevanten NTF im Rahmen psychischer Probleme werden vom Alk. in der gewünschten Dosis geliefert. Auch Nikotin erzeugt bei vielen Menschen diesen Effekt. Nicht zuletzt übrigens auch Sex bzw. SB.

Je stärker der gewünschte Effekt, umso leichter gerät man in den Missbrauch - denn es funktioniert ja... Was folgt ist die Gewöhnung, die Not, höhere Dosen bzw. häufiger konsumieren zu müssen, die Sucht, die Abhängigkeit und letztlich die (nicht selten tödliche) Krankheit.

Rein funktionell unterscheiden sich Psychopharmaka lediglich darin, dass sie (zumindest geplanterweise) längerfristig (idR 24h) wirken. Sogar die Nebenwirkungen sind zumindest anfänglich mit dem Konsum von Alk. vergleichbar.

(Fortsetzung folgt).

A


Heilung allein durch Psychopharmaka?

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Ich wäre froh ,wenn jeder Mensch ,seine Heilung bekommt .

Mit oder ohne Medis , zu leiden ,das muss nicht sein .

Es geht hier ums überleben , zu funktionieren .

Wünsche euch allen , Freude am Leben , vom ganzen Herzen

Da bin ich bei dir, das kenne ich auch zur genüge.... Allerdings gibt es ja auch ganz junge Menschen mit Problemen.
Zitat von moo:
Rein funktionell unterscheiden sich Psychopharmaka lediglich darin, dass sie (zumindest geplanterweise) längerfristig (idR 24h) wirken. Sogar die Nebenwirkungen sind zumindest anfänglich mit dem Konsum von Alk. vergleichbar.

Naja eine Tablette oder ein paar Tropfen Psychopharmaka enthalten viel viel weniger Spaß als ein Maß B..... Auch andere Süchte sind viel effektiver soweit ich das beurteilen kann.

Aber ja, es ist ein Teufelskreis, denn weil es so gut hilft wollen wir immer mehr.

Zitat von Windy:
Ich gehe davon aus, daß es sich um einen Serotoninmangel handelt. Er äußert sich bei mir in Form einer chronischen Depression, mal mehr mal weniger in phasenweisen Schüben. Ob sie ursächlich dafür verantwortlich ist, kann ich nicht mit letztendlicher Gewissheit sagen.

Dazu ein interessanter link:
https://www.spektrum.de/news/depression...el/1798331

Für mich zählen Psychopharmaka zu den Krücken. Man wird schneller wieder gesellschaftsfähig und der Leidensdruck sinkt. Aber nur solange man die Pillen nimmt. Unter Heilung verstehe ich deutlich etwas anderes.

Zitat von silberauge:
Unter Heilung verstehe ich deutlich etwas anderes.

Ja du, aber wie soll denn die Pharmaindustrie ihre Milliardengewinne einfahren wenn du geheilt wirst? Eine Langzeitbehandlung ist ja wie die Lizenz zum Geld drucken

Zitat von silberauge:
Für mich zählen Psychopharmaka zu den Krücken. Man wird schneller wieder gesellschaftsfähig und der Leidensdruck sinkt. Aber nur solange man die Pillen nimmt.

Ja, ist es auch und solange es nichts anderes gibt, werde ich es auch nehmen und mit Sicherheit nicht mehr absetzen. Mein Arzt sagt dazu, daß manche Menschen, diese Unterstützung eben benötigen. Ich sehe inzwischen auch nichts schlechtes mehr darin, wenn man es gut verträgt und bin sehr froh, daß es das gibt.

(Fortsetzung zu den Beiträgen #1 und #42):

Ängste, Zwänge, Depressionen, Phobien - Parallelen zur Sucht und die Erkenntnis daraus / Teil 2

Die Unterschiede zwischen Psychopharmaka und Suchtmitteln wie Alk. liegen jedoch in:

- ihrer bewusst zielgerichteten Einnahme
- ihrer Verordnung seitens eines Arztes als sogenanntes Medikament
- ihrer ausschließlich rezeptpflichtigen Verfügbarkeit
- ihrem sozialgesellschaftlichen Status
- und v. a. ihrem subjektiv empfundenen Image: Medizin ist gut, Suchtmittel sind schlecht.

Letzteres korreliert u. a. mit unserem Selbstbild. Niemand hat z. B. ein schlechtes Gewissen, wenn er ein Antidepressiva nimmt. Man bindet das zwar nicht jedem auf die Nase, aber die Schwelle, darüber offen zu sprechen, ist im Vergleich zu (bewusstem) Alk. deutlich niedriger. Und das, obwohl der Effekt letztendlich nahezu derselbe ist! Man hat also kein Problem mit der Funktion der beiden Mittel sondern mit ihrer Wahl.

Im Zuge meiner Suchttherapie lernte ich (neben mir ) noch viele andere Menschen kennen, die zugaben, ohne Alk. oder anderen D rogen nur schwer leben zu können. Im Laufe der Therapie lernten wir u. a. deren umfangreiche Neurotransmitterfunktionen (NTF) kennen. Diese und das berüchtigte Suchtdreieck ließen so manchem von uns ganze Kronenleuchter aufgehen... Erstmals wurde verstanden, was am Suchtmittelkonsum krankhaft ist: nämlich der Missbrauch. Und genau dieses Verständnis ist der Wegweiser zur Quelle der Misere.

Um einem Problem, egal welcher Natur, angemessen zu begegnen, bedarf es einiger Fähigkeiten. Im Laufe unseres Lebens lernen wir normalerweise

- was überhaupt ein Problem ist,
- wie man damit umgeht und (idealerweise)
- wie man es künftig verhindern kann.

Im Bereich von simplen Alltagsangelegenheiten in Haushalt, Schule und Beruf ist das relativ einfach. Jedoch ist es schon bedeutend anspruchsvoller, mit geistigen und v. a. emotionalen Problemen umzugehen. Aus den unterschiedlichsten Gründen haben viele von uns nicht oder nur unzureichend gelernt

- was überhaupt geistige oder emotionale Probleme sind
- wie sie entstehen oder entstanden
- welche Rolle die (Um)Welt und welche Rolle wir dabei spielen und
- v. a. wie sie zu lösen sind
- und ob sie überhaupt zu lösen sein müssen.

Besonders in jungen Jahren aber natürlich auch später wäre der Königsweg zur Beantwortung dieser Fragen: Reden! Und zwar nicht unbedingt mit einem Psychologen sondern einfach mit einer vertrauten Bezugsperson. Naturbedingt ist das ein oder beide Elternteil(e). Was ab Geburt bereits via körperlichen Sinneskontakten vermittelt wird, müsste ab einem gewissen Alter via Sprache vervollständigt werden. Sprache bildet in hohem Maße das, was wir als unser Ich erleben und - ganz wichtig - wie dieses Ich die Welt erlebt.

Wenn man sich diesen Fakt vergegenwärtigt, wird ziemlich klar ersichtlich, dass hier aus den unterschiedlichsten Gründen, durchaus Defizite vorliegen können. Dies nicht nur wegen etwaiger Abwesenheit der Eltern sondern auch aufgrund derer Unfähigkeit, über derlei Probleme zu sprechen. Wer die Vita unserer Gesellschaft über die letzten paar Generationen überblickt, kann diesen Umstand durchaus nachvollziehen.

Ich möchte hier überhaupt niemanden verantwortlich machen, geschweige denn beschuldigen, sondern lediglich folgende Tatsache als hochwahrscheinliche Hauptquelle unserer im Erwachsenenalter fortgesetzten psychischen Probleme benennen: wir haben es nicht gelernt, wie psychische Probleme entstehen und wie man damit angemessen umgeht.

Dieser auf den ersten Blick banale Aspekt hatte jedoch weitreichende Folgen - nicht nur für den Einzelnen sondern auch für unsere Gesellschaft: zeitlebens fehlten uns wesentliche Lebenswerkzeuge. So sehr wir im materiellen Bereich umfangreiche Entwicklungen durchmachten, so sehr blieben wir mittellos, was unsere eigene Geistesschulung anbelangt.

Und sehr früh kamen (vermeintliche, oft auch gutgemeinte) Ersatzlösungen ins Spiel. Vom ersten Schnuller, über das Bonbon, Kinderspielzeug statt Trösten bis hin zu Lob und Tadel, Zeugnisse, Gehalt und Partnerin, eigenes Haus usw. Vieles von dem, was wir als das normale Leben bezeichnen, ist bei genauem Hinsehen auch in hohem Maße Kompensation für ungestellte und noch weniger beantwortete Lebensfragen.

Wie eingangs erwähnt, spielen auch Genuss- und Suchtmittel dabei eine wesentliche Rolle. Bereits früh übernimmt z. B. der Alk. oder das Nikotin weite Bereiche der (internen und externen!) Kommunikation. Wir lernen das Suchtmittel ein in unser Erleben, in unsere Welt - und vor allem in unser Ich. Sollte jemals sowas wie echte, quellenbezogene Kommunikation in unserem Leben überhaupt stattgefunden haben, übernehmen nun anderweitige Angewohnheiten diese Kompensation, weil diese Vorgehensweise offenbar einfacher und v. a. schneller greift. Es bleibt jedoch eine Scheinkompensation, denn Fragen und Antworten kann kein Konsum liefern. Der (fast immer unbewusste!) Missbrauch manifestiert sich allmählich und hinterlässt nur ab und an ein diffuses, schales Unbehagen, das jedoch nur schwer zuzuordnen ist. Lieber starten wir eine neue Runde des Konsums, welcher inzwischen den größten Anteil unseres gesamten Lebens ausmacht.

Wer nun irgendwann an den Punkt kommt an dem er das Suchtmittel oder anderweitige kompensierende Lebensweisen nicht mehr verträgt, sieht sich vor einem Riesenproblem: einerseits ahnt er, dass das wichtigste Lebenswerkzeug nicht nur eine Sackgasse war sondern dass (auf den ersten Blick) auch keine Umleitung zur Verfügung steht!

Nicht selten, sogar meistens beginnen hier echte psychische und psychosomatische Probleme aufzutreten: Ängste, Zwänge, Phobien, Depressionen, Erschöpfungsdepressionen, Selbstverletzungen, Panikattacken etc.

Sofern der Betroffene noch die Kraft hat, sich retten zu wollen, müsste hier nun der Einstieg in den Ausstieg in Angriff genommen werden. Falls eine anerkannte Sucht vorliegt, geschieht dies idR über eine Suchttherapie. Je nach Schweregrad erfolgt Entgiftung (körperlich), Entwöhnung (geistig) und dann Rückfallprävention (Lebensführung). Bemerkenswerterweise findet nahezu bei allen guten Suchttherapien eine nicht unerhebliche Bemühung in Richtung ursächlicher Heilung der psychsichen Ursachen statt. Sucht wird idealerweise lediglich als Symptom begriffen, auch wenn es diagnostisch seit einigen Jahrzehnten schulmedizinisch als Krankheit eingestuft wird.

Wenn keine Sucht vorliegt, wird der Betroffene irgendwann seinen Hausarzt oder einen Psychiater aufsuchen. Und genau hier entscheidet sich oft, wie dem psychischen Problem begegnet wird:

- rein medikamentös (= Symptombehandlung, ähnlich wie der Einsatz von Suchtmitteln)
- medikamentös mit Psychotherapie
- rein psychotherapeutisch.

(Fortsetzung folgt).

(Fortsetzung zu den Beiträgen #1, #42 und #49):

Ängste, Zwänge, Depressionen, Phobien - Parallelen zur Sucht und die Erkenntnis daraus / Teil 3

An diesem Punkt wird einem Spezialisten (oder einem, der als solcher gilt) das Heft in die Hand gegeben, indem ihm eine Diagnose überverantwortet wird. Der Auswahlkatalog ist inzwischen sehr umfangreich, ebenso wie die parallel zur Diagnosenvielfalt entwickelte Medikamentenpalette. Natürlich wurden bei deren Zusammensetzung allerlei biochemische Überlegungen hinsichtlich Alter, Hormonstatus, Wechselwirkungen mit anderen Krankheiten und deren Medikation etc. integriert. Was jedoch aus der Perspektive der Psychopharmaindustrie nie berücksichtigt werden kann, sind die Bedingungen, die Ursachen bei den jeweils Betroffenen, die zu deren chronischen Situationen geführt bzw. beigetragen haben.

Hier liegt m. E. der wesentliche Unterschied zwischen Psychotherapie und medikamentöser Behandlung. Wenn man nun eine medikamentös begleitete Psychotherapie mit der oben geschilderten Suchttherapie vergleicht, wäre das ungefähr so, wie wenn während einer Alk. parallel gezielt dosierte Mengen Alk. verabreicht würden! Kein erfahrener Suchttherapeut würde dies tun. Es ist hinreichend durch Studien belegt, dass eine Suchttherapie unter Alk. nahezu keinerlei Erfolgsaussicht hat (5% - und das auch nur in sehr milden Fällen). Natürlich sind den Suchttherapeuten die Neurotransmitterfunktionen des Alk. oder anderer D rogen bekannt und in der akuten Entzugsphase wird dem auch mittels ggfs. notwendiger Substitution Rechnung getragen um den Klienten vor schweren körperlichen Reaktionen zu schützen.

Für mich stellt sich die Frage, inwieweit unter Psychopharmakaeinfluss eine quellenorientierte Therapie wirklich funktioniert. Der Fakt, dass es beim Absetzen von z. B. Antidepressiva oder Benzos nicht nur zu Nebenwirkungen kommt, sondern oftmals auch längerfristig Rückfälle zu verzeichnen sind, erhärtet den Verdacht, dass sie eher die eigentliche Psychotherapie nicht fördert, wenn nicht sogar behindert.

Daraus wäre zu schließen, dass sich in vielen Fällen dann die Frage stellt, ob nicht eine Einnahme über einen langen bzw. lebenslangen Zeitraum hinweg die unausweichliche Notlösung darstellt. Das würde bedeuten, dass von einer sprichwörtlichen Heilung abgesehen und deren potenzielle Möglichkeit nicht mehr in Erwägung gezogen wird - die (vermeintliche!) Krankheit wird endgültig akzeptiert! Den etwaigen mittel- und langfristigen Nebenwirkungen bzw. Schädigungen durch die dauerhafte Medikation wird im weiteren Verlauf mit Wechseln zwischen verschiedenen Präparaten bzw. zusätzlichen Dauermedikamenten bzgl. der Nebenwirkungssymptomen begegnet.

Was sich hier wie ein übertriebenes Horrorszenario liest, ist in der Praxis leider weitverbreitete Realität. Am Rande meines Berufes bekomme ich solche Fälle regelmäßig mit. Diese Menschen sind auch fest überzeugt davon, dass keine Heilung mehr möglich ist, lediglich ein Hangeln von Zwischenlösung zu Zwischenlösung was die Symptome betrifft. Eine ursächliche Behandlung rückte in weite Ferne. Die körperlichen Auswirkungen sind dann meist die Objekte der diversen Facharztkonsultationen, die wiederum nur in den seltensten Fällen die Notwendigkeit der ständigen Psychopharmakaeinnahme auf den Prüfstand stellen.

In den nächsten Beiträgen möchte ich einerseits noch näher auf die ursächlichen Bedingungen sowie auf alternative Sichtweisen bzgl. der Neurotransmitterfunktion in Verbindung mit psychischen Problemen eingehen. Denn letztere ermöglichen m. E. in vielen Fällen durchaus eine heilsame Vorgehensweise.

(Fortsetzung folgt).

Zitat von moo:
(Fortsetzung zu den Beiträgen #1, #42 und #49): Ängste, Zwänge, Depressionen, Phobien - Parallelen zur Sucht und die Erkenntnis daraus / Teil 3 An diesem Punkt wird einem Spezialisten (oder einem, der als solcher gilt) das Heft in die Hand gegeben, indem ihm eine Diagnose überverantwortet wird. Der ...

DANKE für diesen Text. Das spiegelt genau meine Erfahrung und Meinung wieder. Ich hätte es aber nie so gut in Worte fassen können wie Du. Ich bin fest der Meinung, dass ADs nicht der Heilsbringer sind und das sie in vielen Fällen mehr Schaden als Nutzen bringen.

Das Beispiel mit dem Alk. haue ich auch jedem um die Ohren, der mir, wenn ich wieder unter Absetzsymptomen leide sagt, ich soll das AD doch einfach weiternehmen, vielleicht würde ich es brauchen: Würdest du einem Alk. auch empfehlen, weiterzutrinken, weil es ihm mit Alk. besser geht als ohne?

Mich würde auch gern mehr ein Bezug zwischen Sucht, Unwelt, Trauma und Psyche interessieren.

Man hat, soweit ich weiss, mal ein Experiment mit Heroinabhängigen Soldaten gemacht, die in einem Idealem Umfeld fast alle auf ihr Suchtmittel verzichten konnten.
Ich weiss nicht mehr den Namen des Experiments.

Und was hier auch viele bestreiten: Psychopharmaka und Legale/Illegale Suchtmittel sind alles Dxxgen,
Auch was aus der Natur kommt.

Nur die, die es verticken haben andere Kittel an und andere Absichten.
Beeinflussen tun alle das Gehirn.
Und nur der Zeitgeist bestimmt, welche OK sind. Nicht umsonst wird ja wieder mit längst in den Giftschränken der Politik verschwundenen Substanzen geforscht.

Und dein Beitrag ist bestimmt den Ärzten gut bekannt.
Sehr guter Beitrag.
Bitte als PDF!

Gruss R.

Na ja, ich finde dass jetzt etwas übertrieben dargestellt. Es gibt ja auch viele Menschen, die gar nicht heil werden wollen oder es einfach auch nicht können. Es gehört schließlich ein langer Atem und eine Menge Reflexionsarbeit dazu, wozu nicht jeder in der Lage ist. Und man kann sich auf diesem Weg auch verlieren statt sich selbst zu finden. Dazu kommen oft schwierige Lebensumstände, die nur sehr schwer oder auch gar nicht veränderbar sind.

Wir Menschen sind nun mal nicht vollkommen, wir sind oftmals verstrickt, verwirrt, voller Angst und Kummer. Das Gehirn ist ein kompliziertes Organ mit noch vielen Geheimnissen. Psychotherapie ist auch kein Allheilmittel, hat Nebenwirkungen und Grenzen. Vielen hilft Psychotherapie nicht oder verschlimmert gar die Situation. 0ft ist es ein Glücksfall einen passenden Therapeuten/in zu finden, wo Chemie und Therapieverfahren stimmen. Dazu kommt, dass man ewig warten muss bis man überhaupt einen Therapieplatz bekommt. Und das in einer oft akuten Situation, was eine Zumutung ist.

Von daher kann man es auch als Glücksfall sehen, dass wir in unserer ganzen Unvollkommenheit heute (auch) Psychopharmaka haben, die das persönliche Leid reduzieren können und ein halbwegs normales Leben ermöglichen. Menschen haben außerdem immer schon Substanzen genommen, die in irgendeiner Weise auf das Gehirn wirken. Sei es um in Trance zu geraten, sei es um Angst, schlechte Stimmung und Schmerzen zu vertreiben oder das Bewusstsein zu verändern/erweitern.
Vielleicht ist das Leben ganz nüchtern einfach nicht immer zu ertragen.

Ich denke dass Medikamente nicht so einfach vergeben werden sollten wie es zurzeit passiert in Kliniken und stationären Maßnahmen. Jeder der Medikamente nimmt und vergibt sollte darüber gut bescheid wissen, der Patient sollte selbst Vorstellungen haben was ihm hilft und was nicht, was er eig. für Probleme hat und welche er davon nicht lösen kann, genauso sollte der Arzt den Patient gut kennen, bevor er Medikamente vorallem in hoher Dosis verschreibt.
Ich denke zb. wenn du ein AD nimmst weil du Depressionen hast, die depressiven Phasen allerdings durch Angstzustände ausgelöst werden, bekämpft man das Problem ja nicht an der Wurzel wenn man dann zb. kein wirksames SSRI nimmt, die Patienten sollten auch wissen was das ist, sonst wird sich an den depressiven Symptomen trotzdem nichts ändern.
Aber ebenfalls denke ich auch dass Medikamente dafür sorgen können, dass du dich soweit besser fühlst, dass du vergisst oder gar nicht mehr an den Symptomen arbeitest, sie sind ja schließlich nicht mehr so stark, aber sie sind halt eig. nicht weg, das macht mitunter die Abhängigkeit aus. So blöd das auch klingt, aber Leid ist der größte Antrieb zur Veränderung.
Ich persönlich würde und nehme schon Medikamente, aber niemals würde ich ne hohe Dosis nehmen sonst kann es passieren wie oben beschrieben, und ich achte auch immer sehr auf die Nachteile und Nebenwirkungen, manchmal machen und lösen sie Probleme, das zu erkennen ist aber ebenfalls nicht immer leicht, es hilft die Dosierung regelmäßig zu verändern oder Phasen zu haben in denen man sie ganz absetzt und dann mal genau hinschaut wie ist es eig. ohne und wie war es mit?

Ich frage mich, wieviel Zeit mancher hat um Romane zu schreiben.

Psychopharmaka sind keine Dro., ich finde es schon fahrlässig so etwas zu sagen. Eine Depression verändert das Gehirn auch und nun? Sich jahrelang quälen? ‍️

Gleichfalls der Mensch sollte selbst entscheiden was er nimmt und wieviel davon. Heißt das im Umkehrschluss wer etwas nimmt und einen Facharzt vertraut ist selber Schuld oder wie?

Boah, mich macht das echt sauer und bin jetzt raus hier.

Ganz allgemein würde ich sagen, dass die Einnahme von Psychopharmarka von Fall zu Fall durchaus hilfreich sein kann, aber sie sind kein alleiniges Wunderheilmittel. Ich habe mich immer soweit es ging dagegen gesträubt. Nur in ganz besonders schwierigen Phasen, habe ich über begrenzte Zeiträume der Einnahme zugestimmt. Glücklicherweise bin ich im Augenblick nicht darauf angewiesen und hoffe, dass es auch so bleiben wird.

Leider verschreiben heutzutage zu viele Ärzte Psychopharmarka, ohne vorerst ausgiebig nach anderen Alternativen mit den Patienten zu suchen. In solchen Situtionen wäre ich vorsichtig und würde vorsichtshalber ein zweites oder drittes Gutachten einholen - falls möglich.

Zitat von Robinson:
Psychopharmaka und Legale/Illegale Suchtmittel sind alles Dxxgen,

Wissenschaftlich unsinnig. Eine Dr oge macht aus, dass ein Verlangen danach entsteht (Craving) und ohne die Sustanz kommt es zu massiven Entzugserscheinungen. Und zweitens macht es aus, dass man die Dosis immer weiter steigern muss, was bei Antidepressiva niemals der Fall ist. Anders ist es natürlich bei Psychopharmaka wie Benodiazepinen, die erwiesermaßen süchtig machen können.
Ich würde mir wünschen, dass die TN dieses Forums nicht durch solche Aussagen verunsichert sind und anfangen zu zögern mit der Einnahme eines wirksamen Medikaments.
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Zitat von Mylenix:
So blöd das auch klingt, aber Leid ist der größte Antrieb zur Veränderung.

Einerseits ja, andererseits kann das Leid Menschen auch zu Grunde richten, da sie einfach die Kraft zur Veränderung nicht haben.

Zitat von Sogno:

Leider verschreiben heutzutage zu viele Ärzte Psychopharmarka, ohne vorerst ausgiebig nach anderen Alternativen mit den Patienten zu suchen.

Woher willst du das wissen ? Welche Alternativen könnten das denn sein, außer Psychotherapie ?
Das ist, meine ich, lediglich eine häufige Behauptung.

Ich finde es ist schon eine Überlegung wert inwieweit die Mittelchen wirklich zur Heilung beitragen, wo sie notwendig sind und wo sie vielleicht sogar schädlich sind.
Mir geht es durchaus momentan mit besser als vorher, allerdings habe ich noch den Wunsch geheilt zu werden und auf diesem Wege auch die Mittel abzusetzen.
Mir stellt sich also dazu noch die Frage ob es überhaupt Heilung geben kann.
Wenn @moo recht hat müssten wir ja nur lernen mit unserer Psyche umzugehen. Es scheint aber ja sehr schwer zu sein
Zur Sucht stellt sich mir noch die Frage: Wo endet Genuß, wo beginnt Sucht? Oder gibt's da sogar noch Zwischenstufen?
Und wenn ich aus Suchtprävention auch auf den Genuß verzichten muss, wo bleibt dann die Lebensfreude?

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Prof. Dr. med. Thomas Hillemacher
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