Welche Angsttherapie ist wie wirksam?
Göttinger Psychiater haben in einer sehr groß angelegten Metaanalyse die Wirksamkeit verschiedener Angsttherapien untersucht. Offenbar sind die medikamentösen Behandlungen den psychotherapeutischen Ansätzen überlegen. Wie sieht es im Einzelnen aus?
Es wurden 234 randomisierte kontrollierte Studien (RCT) mit insgesamt 37 333 Patienten ausgewertet, die unter einer Panikstörung mit oder ohne Agoraphobie, einer generalisierten Angststörung und/oder sozialen Phobie litten. Ausgewertet wurden Veränderungen auf etablierten Skalen wie der Hamilton Anxiety Scale (HAMA) bzw. der Liebowitz Social Anxiety Scale (LSAS).
Unter den medikamentösen Therapien ergab sich prä-post insgesamt eine höhere Effektstärke (ES; nach Cohen's d) als unter den Psychotherapien (2,02 vs. 1,22; p 0,0001). Im Einzelnen lagen diese bei 2,25 für SNRI, 2,15 für Benzodiazepine, 2,09 für SSRI und 1,83 für Trizyklika. Die effektivsten Substanzen waren Delorazepam (3,54), Quetiapin (3,39), Escitalopram (2,75) und Hydroxyzin (2,56), doch basierten diese ES teils auf sehr wenigen Studien.
Die Psychotherapien schnitten deutlich schlechter ab. Die ES betrug u. a. 1,56 für die „Mindfulness“-Therapien, 1,36 für Entspannungstherapien, 1,30 für die Einzel- und 1,22 für die Gruppen-CBT, 1,17 für die psychodynamische Therapie, 1,11 für nicht-Personen-bezogene (z. B. Internet-basierte) Therapien, 1,03 für das aus der PTBS-Therapie stammende Eye Movement Desensitization Reprocessing (EMDR) und 0,78 für die interpersonelle Psychotherapie. Bei einer Kombination von Medikamenten und CBT betrug die ES 2,12, bei körperlichen Übungen allein 1,23.
Es muss angemerkt werden, dass die Baseline- Werte von HAMA (22,1 vs. 24,2) und LSAS (73,2 vs. 84,0) in den Psychotherapie- Gruppen signifikant niedriger waren als in den Medikamenten- Gruppen, während sich die am Ende erreichten Scores zwischen den beiden Gruppen nicht signifikant unterschieden. Im Durchschnitt umfassten die Medikamenten-Studienarme mehr Patienten (109,7 vs. 29,7), und die Studien waren kürzer (9,2 vs. 12,4 Wochen).
Interessanterweise war auch die ES in den Kontrollgruppen mit Tabletten- Placebo hoch (ES: 1,29), nicht aber für „psychologisches“ Placebo (0,83) und für die Wartelisten-Kondition (0,20). Mithin war die Gruppen-CBT weniger wirksam war als die Gabe von Placebo-Tabletten. JL
Hinweis: Dieser Artikel ist Teil einer CME-Fortbildung.
Kommentar
Mit allen Einschränkungen einer gepoolten Datenauswertung zeigt diese Metaanalyse doch ein klares Ranking in der Wirksamkeit der Angsttherapien. Die Autoren betonen, dass die Therapieentscheidung im Einzelfall darüber hinaus die Berücksichtigung von Kontraindikationen, Nebenwirkungen, Interaktionen und die Patientenpräferenz sowie Wartezeiten und Kosten umfasst.
Quelle:
Bandelow B et al.: Efficacy of treatments for anxiety disorders: a meta-analysis. Int Clin Psychopharmacol 2015; 30(4): 183-92
Neurodepesche
Göttinger Psychiater haben in einer sehr groß angelegten Metaanalyse die Wirksamkeit verschiedener Angsttherapien untersucht. Offenbar sind die medikamentösen Behandlungen den psychotherapeutischen Ansätzen überlegen. Wie sieht es im Einzelnen aus?
Es wurden 234 randomisierte kontrollierte Studien (RCT) mit insgesamt 37 333 Patienten ausgewertet, die unter einer Panikstörung mit oder ohne Agoraphobie, einer generalisierten Angststörung und/oder sozialen Phobie litten. Ausgewertet wurden Veränderungen auf etablierten Skalen wie der Hamilton Anxiety Scale (HAMA) bzw. der Liebowitz Social Anxiety Scale (LSAS).
Unter den medikamentösen Therapien ergab sich prä-post insgesamt eine höhere Effektstärke (ES; nach Cohen's d) als unter den Psychotherapien (2,02 vs. 1,22; p 0,0001). Im Einzelnen lagen diese bei 2,25 für SNRI, 2,15 für Benzodiazepine, 2,09 für SSRI und 1,83 für Trizyklika. Die effektivsten Substanzen waren Delorazepam (3,54), Quetiapin (3,39), Escitalopram (2,75) und Hydroxyzin (2,56), doch basierten diese ES teils auf sehr wenigen Studien.
Die Psychotherapien schnitten deutlich schlechter ab. Die ES betrug u. a. 1,56 für die „Mindfulness“-Therapien, 1,36 für Entspannungstherapien, 1,30 für die Einzel- und 1,22 für die Gruppen-CBT, 1,17 für die psychodynamische Therapie, 1,11 für nicht-Personen-bezogene (z. B. Internet-basierte) Therapien, 1,03 für das aus der PTBS-Therapie stammende Eye Movement Desensitization Reprocessing (EMDR) und 0,78 für die interpersonelle Psychotherapie. Bei einer Kombination von Medikamenten und CBT betrug die ES 2,12, bei körperlichen Übungen allein 1,23.
Es muss angemerkt werden, dass die Baseline- Werte von HAMA (22,1 vs. 24,2) und LSAS (73,2 vs. 84,0) in den Psychotherapie- Gruppen signifikant niedriger waren als in den Medikamenten- Gruppen, während sich die am Ende erreichten Scores zwischen den beiden Gruppen nicht signifikant unterschieden. Im Durchschnitt umfassten die Medikamenten-Studienarme mehr Patienten (109,7 vs. 29,7), und die Studien waren kürzer (9,2 vs. 12,4 Wochen).
Interessanterweise war auch die ES in den Kontrollgruppen mit Tabletten- Placebo hoch (ES: 1,29), nicht aber für „psychologisches“ Placebo (0,83) und für die Wartelisten-Kondition (0,20). Mithin war die Gruppen-CBT weniger wirksam war als die Gabe von Placebo-Tabletten. JL
Hinweis: Dieser Artikel ist Teil einer CME-Fortbildung.
Kommentar
Mit allen Einschränkungen einer gepoolten Datenauswertung zeigt diese Metaanalyse doch ein klares Ranking in der Wirksamkeit der Angsttherapien. Die Autoren betonen, dass die Therapieentscheidung im Einzelfall darüber hinaus die Berücksichtigung von Kontraindikationen, Nebenwirkungen, Interaktionen und die Patientenpräferenz sowie Wartezeiten und Kosten umfasst.
Quelle:
Bandelow B et al.: Efficacy of treatments for anxiety disorders: a meta-analysis. Int Clin Psychopharmacol 2015; 30(4): 183-92
Neurodepesche
01.04.2016 12:32 • • 01.04.2016 x 3 #1
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