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Zitat von Ibreaktogether:
Unsere Gesellschaft ist so gestrickt, und das schon ziemlich lange. Ich wurde so erzogen, dass man eben nicht zu helfen hat, sondern sich jeder selber um seine Probleme kümmern soll. Als meine Exfrau unser Kind von der 2 km entfernten Bushaltestelle abgeholt hat, hätte sie auch die Kinder der Nachbarin mitnehmen können. Immerhin geht es hier um 100 m Höhenunterschied. Aber die durften nie bei ihr einsteigen, weil das aus der Sicht der Nachbarn Bedürftigkeit dargestellt hätte. Die hatten nämlich kein Auto, und wie hätten sie sich revanchieren sollen? Ein echtes Dilemma, wenn man falsch gepolt ist. Für meine Ex hätte es null extra Kosten verursacht, aber bei denen ein Schuldgefühl verursacht. Da sieht man mal, wie krank unser Gesellschaftssystem ist.


Ich bin auch so erzogen worden, dass man sich selber helfen bzw. für Hilfe bezahlen muss. D.h. ich bin nicht wirklich dazu erzogen worden, aber in unserer Familie wurde das so gehalten und ich habe es mir zu eigen gemacht. Ich hätte an der Stelle deiner Ex gar nicht angeboten, die Nachbarkinder mitzunehmen, schon allein wegen der Verantwortung, wenn etwas passiert. Um ganz ehrlich zu sein, hätte ich meine eigenen auch nicht abgeholt, es schadet niemandem 2km zu laufen, auch wenn es berghoch geht Meine Mutter genau andersherum argumentiert: die anderen haben kein Auto und die Kinder müssen zu Fuß hochlaufen, also kannst du das auch.

Zitat von Ibreaktogether:
Unsere Gesellschaft ist so gestrickt, und das schon ziemlich lange. Ich wurde so erzogen, dass man eben nicht zu helfen hat, sondern sich jeder selber um seine Probleme kümmern soll. Als meine Exfrau unser Kind von der 2 km entfernten Bushaltestelle abgeholt hat, hätte sie auch die Kinder der Nachbarin mitnehmen können. Immerhin geht es hier um 100 m Höhenunterschied. Aber die durften nie bei ihr einsteigen, weil das aus der Sicht der Nachbarn Bedürftigkeit dargestellt hätte. Die hatten nämlich kein Auto, und wie hätten sie sich revanchieren sollen? Ein echtes Dilemma, wenn man falsch gepolt ist. Für meine Ex hätte es null extra Kosten verursacht, aber bei denen ein Schuldgefühl verursacht. Da sieht man mal, wie krank unser Gesellschaftssystem ist.


Ich finde das Angebot toll.
Und revanchieren kann man sich auch mal durch einen Kuchen.
Meist ergibt sich ja auch später mal eine Situation wo man selbst helfen kann.

A


Gefühl, von Ärzten oft falsch eingeschätzt zu werden

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Zitat von Schlaflose:

Finde ich nicht. Denn es kommt ja meistens so, dass man irgendwann von jemandem um Hilfe gebeten wird, wenn man von demjenigen Hilfe in Anspruch genommen hat. Mir ist es lieber, für eine Leistung zu bezahlen, dann ist das abgegolten. Z.B. hatte ich vorletztes Jahr so ein Erlebnis. Ein Nachbar, der erfahren hat, dass ich mein Haus verkaufen will, hat mir einen Interessenten aus seinem Bekanntenkreis geschickt, was ich eigentlich nur aus Höflichkeit angenommen hatte, denn ich hatte schon einen Makler beauftragt. Kurze Zeit später traf ich den Nachbarn beim Einkaufen. Er fragte mich, ob ich mit dem Auto da wäre und als ich bejahte, haute er mich sofort an, für ihn einen 25kg Sack Kartoffeln nachhause zu fahren.

Um zum Thema zurückzukommen: ich habe Vertrauen zu Ärzten und Therapeuten, weil sie für ihren Beruf ausgebildet sind und für ihre Leistung bezahlt werden. Denen vertraue ich Dinge an, die ich jemandem, der nicht vom Fach ist, nie erzählen würde. Wenn ich merke, dass sie mich falsch oder nicht verstehen, sage ich das bzw. gehe das nächste Mal zu einem anderen. Aber ich empfinde es auch nicht wirklich wichtig, von einem Arzt verstanden zu werden. Ich will nur eine Behandlung für mein Anliegen und das wars.


Das ist bei mir anders. Deshalb schrieb ich ja von WEM man die Hilfe annimmt, oder WEM man sie anbietet. Ich denke, man bricht sich keinen ab, wenn man mal einer alten Lady über die Straße hilft oder wenn mir jemand mal etwas Heruntergefallenes aufhebt.

Das ist richtig, der Arzt will nur eine Behandlung für mein Anliegen haben, aber dazu brauche ich Vertrauen, ganz besonders bei Therapeuten, Psychiatern usw.

Zitat von Ibreaktogether:
Unsere Gesellschaft ist so gestrickt, und das schon ziemlich lange. Ich wurde so erzogen, dass man eben nicht zu helfen hat, sondern sich jeder selber um seine Probleme kümmern soll. Als meine Exfrau unser Kind von der 2 km entfernten Bushaltestelle abgeholt hat, hätte sie auch die Kinder der Nachbarin mitnehmen können. Immerhin geht es hier um 100 m Höhenunterschied. Aber die durften nie bei ihr einsteigen, weil das aus der Sicht der Nachbarn Bedürftigkeit dargestellt hätte. Die hatten nämlich kein Auto, und wie hätten sie sich revanchieren sollen? Ein echtes Dilemma, wenn man falsch gepolt ist. Für meine Ex hätte es null extra Kosten verursacht, aber bei denen ein Schuldgefühl verursacht. Da sieht man mal, wie krank unser Gesellschaftssystem ist.


Selbst helfen ist oberste Priorität. Wenn ich mal jemanden helfen kann, der behindert ist oder gebrechlich über die Straße will, ich das sehe, dass er/sie unsicher ist, sagt doch schon ein gesunder Menschenverstand, dass da Hilfe nötig ist ohne vorher anzukündigen: also hören Sie mal, wenn ich Sie jetzt über die Straße bringe, kostet das aber etwas...Anders ist es so, dass ich keine Schuldgefühle habe, wenn mir mal etwas herunter fällt, jemand für mich das Heruntergefallene aufhebt. Oder wenn jemand sieht, dass ich mit dem Fahrrad stürze, zur Hilfe kommt, weil ich es gerade selbst nicht schnell genug schaffe, aufzustehen, bin ich doch dankbar. Gott sei Dank gibt es noch Menschen, die das tun. Aber in der Vergangenheit habe ich leider schlechte Erfahrungen gemacht und das im sogenannten Freundeskreis.
Ich selbst bin nicht der Typ, der auf die Leute zugeht und sagt: hey, ich hab da mal ein Problem, kannst du mir mal helfen? Ich habe jedoch Hilfe im damaligen Freundeskreis angeboten, wenn ich danach gefragt wurde, natürlich auch nicht immer, aber am Ende leider den falschen Freunden. Kein Wunder, dass man dann einen anderen Weg einschlägt. Es gibt immer zwei Seiten, denke ich.

Das Thema mit der Falscheinschätzung der Ärzte gegenüber dem Patienten liegt auch manchmal daran, dass einfach nicht richtig hin gehört wird (ich habe das letztens erst wieder festgestellt, obwohl ich mehrmals in den Sitzungen darüber gesprochen hatte).

Zitat von Ana-303:
Ich denke, man bricht sich keinen ab, wenn man mal einer alten Lady über die Straße hilft oder wenn mir jemand mal etwas Heruntergefallenes aufhebt.


An solche Kleinigkeiten denke ich dabei nicht, das ist selbstverständlich.

Zitat von Ana-303:
aber dazu brauche ich Vertrauen, ganz besonders bei Therapeuten, Psychiatern usw.


Ich muss ganz ehrlich sagen, dass das Thema Vertrauen in meinem Leben nie eine große Rolle gespielt hat. Ich denke gar nicht bewusst darüber nach, ob ich zu jemanden Vertrauen habe oder nicht. Ich lasse die Dinge auf mich zukommen und wenn ich das Gefühl habe, das mir das nicht passt oder gefällt, was da abläuft, wehre ich mich oder breche ab. Und damit ist die Sache dann auch erledigt.

Zitat von Schlaflose:


Ich muss ganz ehrlich sagen, dass das Thema Vertrauen in meinem Leben nie eine große Rolle gespielt hat. Ich denke gar nicht bewusst darüber nach, ob ich zu jemanden Vertrauen habe oder nicht. Ich lasse die Dinge auf mich zukommen und wenn ich das Gefühl habe, das mir das nicht passt oder gefällt, was da abläuft, wehre ich mich oder breche ab. Und damit ist die Sache dann auch erledigt.


Da bist du mir voraus, ich kann es manchmal nicht richtig einschätzen, weil ich oft geglaubt habe, dass ich hier oder dort vertrauen kann, was dann eben falsch war leider. Aber deshalb arbeite ich daran (u. a. in der Therapie) und ich denke, dass man einfach mit Enttäuschungen im Leben klar kommen muss - gehört zum Leben dazu. Vielleicht darf man diese einfach nicht zu stark bewerten und vor allem sich selbst nicht in Frage stellen. Aber jeder Mensch ist nun mal anders. Durch die Erfahrung in der Vergangenheit verändert man sich auch, mich hat es insofern so verändert, dass ich nur noch meiner Familie und meinem besten Freund vertraue, alle anderen im Umfeld weniger.

Bei den Ärzten ist es halt besonders bei Therapeuten wichtig, sonst könnte man die Therapie sein lassen. Aber es ist tatsächlich so, dass mein Hausarzt denkt, es ginge mir gut, obwohl die Diagnosen bekannt sind und ich mich manchmal in die Praxis schleppe. Ich glaube, es gab auch schon mal ähnliches ein Thema, dass man manchen Leuten halt einfach nicht ansieht, dass sie krank sind. Da wird es schwer, nicht falsch von den Ärzten eingeschätzt zu werden. Es gibt glaube ich oft dieses Bild: wenn jemand psychische Störungen hat, ist er ungepflegt und läuft in verlatterten Klamotten herum. Selbst damals bei einem Gutachter wurde ich falsch eingeschätzt, nur weil ich mich trotzdem pflege und versuche, mich jeden Tag zu waschen/duschen haare etc. und das nach jahrelanger Vorgeschichte hat man das Gefühl, nicht ernst genommen zu werden.

Zitat von Ana-303:
Da bist du mir voraus, ich kann es manchmal nicht richtig einschätzen,


Nicht wirklich, denn einschätzen kann ich das auch nicht. Ich stelle mir nie die Frage, ob ich jemandem vertauen kann oder nicht, für mich ist es nicht relevant. Also jetzt in Bezug auf Dinge über mich zu erzählen. Ansonsten bin ich sehr misstrauisch und lasse mich nicht über den Tisch ziehen.

Zitat von Ana-303:
Aber es ist tatsächlich so, dass mein Hausarzt denkt, es ginge mir gut, obwohl die Diagnosen bekannt sind und ich mich manchmal in die Praxis schleppe.


Mir merkt man das gut an, nicht weil ich ungepflegt bin, sondern weil ich immer gleich losheule, wenn es mir psychisch wirklich schlecht und ich darüber reden muss.

Zitat von Schlaflose:

Nicht wirklich, denn einschätzen kann ich das auch nicht. Ich stelle mir nie die Frage, ob ich jemandem vertauen kann oder nicht, für mich ist es nicht relevant. Also jetzt in Bezug auf Dinge über mich zu erzählen. Ansonsten bin ich sehr misstrauisch und lasse mich nicht über den Tisch ziehen.


Dann ist es auch gut, wenn das für dich ein guter Weg ist, ich zögere oft und verschließe mich und sage auch niemals, wie es mir wirklich geht, falls ich mal gefragt werde auf der Straße von Nachbarn oder so, meine Antwort ist immer: alles Bestens..(ich will auch nicht, dass man mir ansieht, wie es mir geht - dazu hatte ich schon etwas geschrieben)


Zitat von Schlaflose:
Mir merkt man das gut an, nicht weil ich ungepflegt bin, sondern weil ich immer gleich losheule, wenn es mir psychisch wirklich schlecht und ich darüber reden muss.


Meine Psychiaterin meinte damals, ich sollte lernen, mit meinen Gefühlen umzugehen. Ich finde es immer noch sehr schwer. Ich unterdrücke meine Gefühle immer noch nach außen, in der Therapie kann ich sie teilweise rauslassen, auch heulen, aber auch nicht 100 %ig. Das fällt mir immer noch schwer.
Ich denke, dass manche Menschen (teilweise Ärzte, Behörden usw.) ein Bild vor Augen haben, dass man so und so aussehen muss, um sehen zu können, dass es einem schlecht geht bzw. dass man krank ist. Deshalb habe ich manchmal das Gefühl, man muss umso mehr beweisen, dass diese und jene Krankheit vorliegt, zumal sie auch noch diagnostiziert wurde, je nachdem, wo man sich vorstellt oder vorstellen muss. Mir wurde fast immer gesagt: ach ja echt? du siehst gar nicht so aus....das sieht man Ihnen aber gar nicht an...

Ich war schon immer sehr nah am Wasser gebaut. Wenn irgendetwas nicht so lief, wie ich es mir vorgestellt habe, sind mir schon die Tränen runtergelaufen.

Zitat von Schlaflose:

Ich bin auch so erzogen worden, dass man sich selber helfen bzw. für Hilfe bezahlen muss. D.h. ich bin nicht wirklich dazu erzogen worden, aber in unserer Familie wurde das so gehalten und ich habe es mir zu eigen gemacht. Ich hätte an der Stelle deiner Ex gar nicht angeboten, die Nachbarkinder mitzunehmen, schon allein wegen der Verantwortung, wenn etwas passiert. Um ganz ehrlich zu sein, hätte ich meine eigenen auch nicht abgeholt, es schadet niemandem 2km zu laufen, auch wenn es berghoch geht Meine Mutter genau andersherum argumentiert: die anderen haben kein Auto und die Kinder müssen zu Fuß hochlaufen, also kannst du das auch.

Du hast ja Recht, und ich sehe das genauso, aber eine Frau steht heute sofort unter Gruppenzwang, wenn sie trotz Auto die Kinder berghoch laufen lässt. Auch ein Grund, warum ich Gruppenzwang ablehne. Man fühlt sich ständig unter Druck gesetzt, sich so und nicht anders zu verhalten.

Zitat von Ibreaktogether:
Du hast ja Recht, und ich sehe das genauso, aber eine Frau steht heute sofort unter Gruppenzwang, wenn sie trotz Auto die Kinder berghoch laufen lässt. Auch ein Grund, warum ich Gruppenzwang ablehne. Man fühlt sich ständig unter Druck gesetzt, sich so und nicht anders zu verhalten.


Gruppenzwang? Von welcher Gruppe denn? Ich habe als Frau noch nie unter irgendeinem Gruppenzwang gestanden.

Ich finde es interessant dass hier bei dem Thema Hilfe annehmen bzw jemandem zu helfen die mögliche Schuld die dadurch entsteht teilweise negativ betrachtet wird. Ich glaube, dass dieses Schuldgefühl sehr wichtig ist, um eine funktionierende Gesellschaft zu schaffen. Ich muss da an das Buch Schulden von David Graeber denken. Wenn mir jemand hilft, bin ich demjenigen dankbar (d.h. ich werde an das denken, was für mich getan wurde) und habe das Gefühl in dessen Schuld zu stehen und werde wenn ich kann selber helfen oder Gefallen erwidern. Dieses Schuldverhältnis ist eigentlich sehr beziehungsstiftend und wichtig für das soziale Geflecht. Das heißt auch, dass es nicht Ziel von sozialen Interaktionen sein sollte, die Schuld genau zu quantifizieren und zu begleichen. Das genaue Begleichen von Schuld, kann eher negativ wahrgenommen werden, weil das eigentlich so viel heißt wie: mit dir will ich nichts zu tun haben. Das ist genau das, was in unserer Gesellschaft passiert, wenn für Hilfe bezahlt wird. Die Leistung wird genau quantifiziert und die Schuld mittels Geldes abgegolten und somit brauche ich nicht dankbar zu sein oder in jemandes Schuld zu stehen - kurz ich brauche mich nicht in ein soziales Geflecht mit dem Helfer zu begeben. Das finde ich eigentlich eher traurig.
Wie Miami schrieb - revanchieren kann man sich auch mit einem Kuchen. Es muss nicht Gleiches mit Gleichem vergolten werden und gerade aus dem gefühlten Ungleichgewicht entsteht eine gegenseitige Verbindung - so dass man sich immer wieder gegenseitig hilft, wovon letztendlich beide Seiten profitieren.

Und das Schöne ist, dass diese Verbindung nicht nur auf zwei Parteien begrenzt sein muss, sondern auf die Gesellschaft übertragen werden kann. Als ich einmal in einer schlechten Situation war, hatten mir zwei vollkommen Fremde Menschen geholfen in dem Wissen, dass ich ihnen ihre Hilfe nie vergelten könnte, ja dass ich sie wahrscheinlich nie mehr wieder sehen werde. Ihre Begründung war: Sie haben selber eine Tochter in meinem Alter und wenn sie in einer ähnlichen Situation wäre, würden Sie auch wollen dass ihr geholfen wird. Und für die Hilfe die sie mir zuteil werden lassen haben, bin ich ihnen sehr dankbar. Und wenn ich jemanden treffe der in einer ähnlichen Lage ist wie ich damals, würde ich auch ihm helfen wollen. Und so pflanzt sich eine gute Tat fort und führt zu einer besseren Gesellschaft.

Schöner Beitrag

Zitat von Schlaflose:

Gruppenzwang? Von welcher Gruppe denn? Ich habe als Frau noch nie unter irgendeinem Gruppenzwang gestanden.

Das ändert aber am Gruppenzwang nichts. Denn dazu gehören mindestens zwei. Wenn du ihn nicht spürst: Andere merken sehr wohl, wer sich nicht daran hält. Dann bleibt man eben draußen. Ich habe mal im März 2013 zwei Wochen lang keine Schuhe angezogen, bin überall barfuß rumgelaufen, um Selbstbewusstsein aufzubauen. Das hat echt gutgetan. Aber selbst wenn ich die angewiderten Blicke ignoriere: Ich weiß, dass sie existieren.

Zitat von Ibreaktogether:
Wenn du ihn nicht spürst: Andere merken sehr wohl, wer sich nicht daran hält. Dann bleibt man eben draußen.


Eingentlich bin ich nie außer vor gebelieben, wenn ich etwas nicht gemacht habe, was angesagt war. Z.B habe ich mich nie dazu verleiten lassen, zu rauchen oder Alk. zu trinken. Bin aber trotzdem akzeptiert worden. Abgesehen davon will ich gar nicht zu einer Gruppe gehören, die die Dinge macht, mit denen ich nicht einverstanden bin. Ich habe mir immer Leute gesucht, die so ticken wie ich.

Mit Schuhen draußen herumzulaufen hat weniger mit Gruppenzwang zu tun sondern mit Vernunft. Und natürlich wird jemand, der im März barfuß herumläuft angestarrt. Aber eher nicht deswegen, weil er sich nicht dem Gruppenzwang unterwirft sondern weil es kalt ist, weil man sich dreckig macht und weil man sich leicht verletzen kann.


Zitat von nib:
Dieses Schuldverhältnis ist eigentlich sehr beziehungsstiftend und wichtig für das soziale Geflecht.


Warum soll man denn zu Kreti und Pleti Beziehungen haben?

Danke @nib und die andere Kommentierer für die offenen Beiträge (auf das Ausgangsthema des Threads bezogen ), das ich wirklich wichtig finde!

Ich kann diesen Eindruck des nicht richtig Verstandenwerdens bzw. abweichender Einschätzungen gut nachvollziehen, habe ebenfalls damit zu kämpfen. Teilweise liegt es sicherlich an mir, teilweise am jeweiligen Gegenüber. Die Schnittstelle zwischen Behandler und Behandeltem ist entscheidend und wenn da eine große Diskrepanz vorliegt, kann der Rest schon völlig umsonst sein.

Anfangs hatte ich zwar sehr große Schwierigkeiten, mich zu öffnen und es gehört weiterhin zu meinem kritischen Bewusstsein, auch das, was im Behandlungszimmer passiert, nötigenfalls zu hinterfragen, trotzdem bin schon seit einigen Jahren extrem kooperativ gegenüber Behandlern. Ich rede mir den Mund teilweise echt fusselig, aber sehr mit Bedacht, weil ich hoffe, dass die Person umso besser helfen kann, je präziser ich die Problematik schildern kann. Ironischerweise gehört es gerade zu meinen Symptomen/zum Krankheitsbild, das ich starke Probleme mit dem Artikulieren habe, mir passende Ausdrücke oder wichtige Infos im richtigen Moment nicht einfallen! Deshalb bereite ich meine Therapiestunden und Arztbesuche oft gezwungenermaßen langwierig und so akribisch wie möglich vor, versuche alles wichtige vorher festzuhalten. Häufig ist die Mühe am Ende leider umsonst und es bleibt das Gefühl, dass die entscheidenden Punkte nicht angekommen sind.

Auf der einen Seite rührt es wohl echt daher, dass Psychotherapeuten Fachärzte, Sozialarbeiter auch nur begrenzte Kapazitäten in Sachen Aufnahmefähigkeit und Einfühlungsvermögen besitzen, wie alle anderen Menschen auch. Die teilweise strukturell bedingte Oberflächlichkeit, unter denen Menschen behandelt werden müssen, trägt ihren Teil bei.

Das Andere hat offenbar mit der Art und Weise zu tun, wie ich auftrete. Meine Lage wird wohl weniger kritisch eingeschätzt als sie ist, weil ich selten deutlich sichtbare emotionale Ausbrüche zeige, mich als Selbstunsicher-Vermeidender eben zurückhaltend, vorsichtig und devot verhalte, Informationen eher auf sachlicher Ebene rüberbringe als sie mit Vehemenz abzusondern. Da steckt tief in mir immer noch dieses Muster, es stets dem Anderen Recht machen zu wollen, sich keine Blöße zu geben und nicht zu viel vom Gegenüber einzufordern. Auch aus Scham relativiere ich manchmal sogar Positionen in dem Moment, in dem ich sie ausspreche. Oder ich will dem Therapeuten nicht auf den Schlips treten, obwohl ich mit den Tipps nichts anzufangen weiß.

Zitat von Schlaflose:
Gruppenzwang? Von welcher Gruppe denn? Ich habe als Frau noch nie unter irgendeinem Gruppenzwang gestanden.

Sorry, das halte ich für etwas blauäugig. Das Normative der Leistungsgesellschaft, die Konventionen und der Anpassungsdruck lauern doch allerortens. Wenn man das immer links liegen lassen könnte - super, aber ich bin überzeugt, man sich ihnen wohl kaum dauerhaft entziehen, außer man lebt allein fernab der Zivilisation. Gruppendynamiken sind sowieso ein Ding, das unter Menschen nicht aussterben wird, sobald mehr als zwei Individuen aufeinandertreffen, aber gerade in konservativen bzw. strukturell von sich in der Rente befindenden oder sich dieser bedenklich annähernden Menschen dominierten Gesellschaften wie Deutschland schlagen diese besonders zu Buche, was ein gewisses Repräsentationsproblem unserer Demokratie zurzeit aufzeigt (Naja gut, stärker ist dies vielleicht noch verbreitet in Überwachungsdiktaturen wie China oder dem speziellen Kapitalismus japanischer Prägung... aber das ist sowieso wiederum ein anderes Thema ).

Zitat:
Sorry, das halte ich für etwas blauäugig. Das Normative der Leistungsgesellschaft, die Konventionen und der Anpassungsdruck lauern doch allerortens. Wenn man das immer links liegen lassen könnte - super, aber ich bin überzeugt, man sich ihnen wohl kaum dauerhaft entziehen, außer man lebt allein fernab der Zivilisation.


Natürlich gibt es Konventionen etc. in der Gesellschaft, an die man sich anpassen sollte, um nicht zum Außenseiter zu werden. Aber man kann frei entscheiden, was man mitmachen möchte, wenn es einem gefällt und was man nicht mitmacht, wenn man es für falsch hält. Ich habe mich z.B. nie zum Rauchen oder zum Alk. verleiten lassen. Ich habe mich an Leute gehalten, die das auch nicht taten und damit war die Sache für mich erledigt.
Außerdem ging es bei dem Thema ja auch speziell darum, dass geschrieben wurde, dass man als FRAU bestimmten Gruppenzwängen unterworfen ist. Und das habe ich auch nie getan. Ich habe nicht geheiratet, habe keine Kinder, schminke mich nie, gehe nie zum Friseur, mache mir die Nägel nicht, ziehe immer flache bequeme Schuhe usw. Ich bin dadurch noch nie angeeckt.
Sponsor-Mitgliedschaft

Zitat von Schlaflose:

Natürlich gibt es Konventionen etc. in der Gesellschaft, an die man sich anpassen sollte, um nicht zum Außenseiter zu werden. Aber man kann frei entscheiden, was man mitmachen möchte, wenn es einem gefällt und was man nicht mitmacht, wenn man es für falsch hält. Ich habe mich z.B. nie zum Rauchen oder zum Alk. verleiten lassen. Ich habe mich an Leute gehalten, die das auch nicht taten und damit war die Sache für mich erledigt.
Außerdem ging es bei dem Thema ja auch speziell darum, dass geschrieben wurde, dass man als FRAU bestimmten Gruppenzwängen unterworfen ist. Und das habe ich auch nie getan. Ich habe nicht geheiratet, habe keine Kinder, schminke mich nie, gehe nie zum Friseur, mache mir die Nägel nicht, ziehe immer flache bequeme Schuhe usw. Ich bin dadurch noch nie angeeckt.

Ok, Frau/man muss nicht alles um jeden Preis mitmachen, da stimme ich dir zu. Es gibt noch gewisse Nischen, wo Spielraum bleibt, sein Leben ein bisschen anders zu führen, ohne gleich ausgeschlossen zu werden. Ich wollte aber nur auf die Gefahr hinweisen, sozialen Druck und die möglichen Folgen zu relativieren. So bewundernswert wie es ist, wenn Leute ihr eigenes Ding machen, hat aber doch aus unterschiedlichen Gründen bei weitem nicht jeder die Kraft oder notwendige Einsicht, um vom Diktat der Masse abzuweichen. Und wenn doch, geht es bestimmt nicht immer und überall reibungslos vonstatten. Kommt viel auf den jeweiligen Kontext, die Einflüsse, Generationszugehörigkeiten und Milieus an. Es kann das Leben verdammt schwer machen und viele Türen verschließen. Wenn man seine ähnlich tickenden Peers irgendwo gefunden hat, ist es natürlich alles leichter. Das ist aber ein Glücksfall, der in manchen Biografien nicht vorkommt.

Ich kann als Mann hier ja schlecht aus eigener Erfahrung über die Befindlichkeiten von Frauen sprechen. Meinen Eindrücken als Außenstehender folgend und dem, was man von vielen weiblichen Mitgliedern der Gesellschaft hört, scheinen für mich schon spezifische Anforderungen an Frauen eine erhebliche Rolle zu spielen. Ich meine, dass selbst in geschlechtertechnisch relativ liberalen Gesellschaften noch Überbleibsel des Patriarchats überdauert haben und da stelle ich mir zumindest vor, dass logischwerweise auch unter Frauen bestimmte Vorstellungen vorherrschen, wie man zu sein hat. Es würde mich sehr wundern, wenn es nicht so wäre.

Hm, irgendwie sind wir vom eigentlichen Thema abgekommen. Sorry.

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Prof. Dr. med. Thomas Hillemacher
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