Für mich waren die traumatherapeutischen Verfahren anstrengender bzw. kaum zu bewältigen, mit der Schematherapie hatte ich weniger Probleme. Ich empfand diese als weniger tiefgreifend.
Was die Begrifflichkeit angeht, sehe ich das wie @cube_melon, Traumatherapie ist ein sehr weit gefasster Begriff, der in vielen Therapieformen in der einen oder anderen Art Berücksichtigung findet.
Ich würde es eher vom aktuellen Therapieziel abhängig machen, das Du gerade erreichen möchtest.
Die Schematherapie hat starke verhaltenstherapeutische Elemente, es geht im Wesentlichen darum, problematische Verhaltensweisen im Hier und Jetzt zu verändern. Man erarbeitet zwar zuerst sein persönliches Modus-Modell (welche Anteile/Modi finden sich bei Dir in welcher Ausprägung), da geht es auch um biographische Aspekte (wie sind verschiedene Modi entstanden (verletztes Kind, strafender Elternteil etc...), dann geht der Fokus aber darauf, den 'gesunden Erwachsenen' zu stärken und die anderen Modi im Alltag zu erkennen, zu verstehen und zu begrenzen (Therapeuten stellen dann Fragen wie: Kann es sein, dass da Ihr distanzierter Beschützer aktiv war? Wie kann Ihr gesunder Erwachsener jetzt in dieser Situation Ihrem verletzten Kind beistehen? usw...). Das ist zu Beginn interessant, aber irgendwann hat man das Prinzip verstanden und verinnerlicht, ab dem Moment empfand ich es als nicht mehr notwendig, dieses in den Therapiestunden weiter zu thematisieren (nur mal zwischendurch, wenn es Probleme gab).
Die Therapieform wird (wie @cube_melon schon sagte) viel bei Persönlichkeitsstörungen eingesetzt, manchmal auch im Rahmen einer DBT-Therapie, findet sich aber auch in der Behandlung anderer, weniger tiefgreifenden Erkrankungen wieder, auch z.B. bei leichten Depressionen, ist also nicht unbedingt die tiefgreifendste Methode und eher auch anfängertauglich, würde ich sagen, und kann gut ambulant bewältigt werden. Natürlich kann man auch hier ein gutes Level an Tiefgang erreichen, muss dies aber nicht. Auch gibt es sehr viele Therapeuten, die damit arbeiten, inzwischen gibt es meiner Erfahrung nach nur noch wenige Therapeuten, die diese Therapieform nicht in ihrem Repertoire haben, das ist ein Vorteil, da es so sehr einfach ist, einen Therapeuten hierfür zu finden (Alle meine stationären Mitpatienten, die mit dieser Therapieform ambulant weiterarbeiten wollten, haben einen Therapeuten dafür gefunden. Das sieht bei spezifischen Traumatherapeuten schon anders aus, da suchen einige meiner stationären Mitpatienten bis heute erfolglos.)
Traumatherapeutische Verfahren waren für mich bislang eine ganz andere Hausnummer. Da geht es vielmehr darum, trauma-typische Symptome wie Intrusionen, Flashbacks, Hyperarousal... zu reduzieren, die ja dadurch entstehen, dass das Gehirn traumatische Erinnerungen anders abspeichert als normale Erinnerungen, wodurch diese nie wirklich abgelegt werden können, fragmentiert sind und dadurch Symptome hervorrufen. In der Traumatherapie geht es dann darum, sich intensiv den traumatischen Ereignissen zuzuwenden (auf verschiedenen Wegen, EMDR funktioniert z.B. ganz anders als IRRT), sich mit den Situationen auseinanderzusetzen, sie zu erzählen, sich mit ihnen zu konfrontieren, damit auf diesem Weg die traumatischen Erinnerungen zu normalen Erinnerungen umgebaut werden können und dann vom Gehirn richtig abgelegt werden können, wodurch sich dann die Symptome reduzieren.
Dafür muss man stabil sein, im Vorfeld muss der Patient lernen, sich selber beruhigen zu können, da die Konfrontation mit dem traumatischen Material sehr destabilisierend sein kann. Es ist eine Konfrontations-/Expositions-Therapie. Viele Patienten entscheiden sich daher dafür, die ganz harten traumatherapeutischen Phasen in einer Klinik zu machen, um in dieser schwierigen und anspruchsvollen Phase in einem gesicherten Umfeld zu sein.
Das Problem ist, dass die typischen Verfahren wie EMDR sehr viel besser bei Mono-Traumata einsetzbar sind als bei Komplex-Traumata. Es gibt zwar abgewandelte Verfahren, um diese auch bei Komplex-Traumata einsetzen zu können, aber es bleibt schwierig.
Ich konnte problemlos (auch in sehr frühen Therapie-Stadien) schematherapeutisch arbeiten, bei traumatherapeutischen Verfahren habe ich bislang immer abbrechen müssen, weil ich zu instabil und zu dissoziativ war. Auch nach Jahren der Therapie fällt es mir noch immer schwer, mich den Traumatisierungen anzunähern. Aber es bleibt mein Therapieziel, das irgendwann zu schaffen und diese Erinnerungsinhalte zu integrieren.
Meine Erfahrungen sind daher: Traumatherapie ist für mich persönlich heftiger als Schematherapie.
07.05.2021 03:10 •
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