Hallo Lila12345,
ich hatte auch schon psychische/psychiatrische Ergotherapie, mir hat es auch soweit ganz gut gefallen.
Verschrieben hat sie mir der Psychiater.
Die Ergotherapeutin war nett und bemüht, aber man merkte auch, dass ihr die Erfahrung fehlte, mit wirklich schweren psychischen Krankheitsbildern umzugehen.
Wie @Sterneneule es schon schrieb: Ich würde vorher bei der in Frage kommenden Praxis genau nachfragen.
Denn bei mir war es genau so, wie @Sterneneule es beschrieben hat, es war eine normale Praxis für Ergotherapie, die viel mit Kindern und viel an eher neurologisch/körperlichen Problemen gearbeitet hat.
Ich empfand die Ergotherapie als schöne Ergänzung zur Psychotherapie, aber wirklich ernste Themen hätte ich mit ihr nicht besprechen können, Dekompensationen meinerseits hätte sie auch nicht auffangen können. Aber wie gesagt: Sie war trotzdem nett und bemüht.
Wir haben Entspannungsübungen gemacht, Imaginationsübungen, ein bisschen Kunsttherapie, auch körpertherapeutische Elemente waren mit dabei (aber da wurde es schon kritisch). Ich habe die Verordnung damals nicht verlängert, weil ich wirklich das Gefühl hatte, diese noch sehr junge Ergotherapeutin einfach zu überfordern. Ich hätte vermutlich wechseln sollen. Im Nachhinein hätte ich in der Praxis vorher genauer nachfragen sollen, aber es war zu einer Zeit, als ich therapeutisch noch nicht so erfahren war und noch nicht wirklich viel Ahnung hatte, was da genau auf mich zukommt.
Ich habe aber auch von Mitpatienten gehört, dass die durchaus sehr von ihrer Ergotherapie profitieren konnten.
Es ist so ein bisschen wie überall in der Welt der psychischen Behandlungen: Man kann Glück oder Pech mit dem zugewiesenen Behandler haben.
Und wenn man im Vorfeld genauer abklärt, was man benötigt, kann man seine Chancen auf eine/n passenden Therapeuten deutlich erhöhen. Das habe ich damals versäumt.
Aber von den praktischen Problemen abgesehen, war es grundsätzlich eine sinnvolle Maßnahme, die von der Kostenübernahme her auch relativ unproblematisch war. Also meiner Meinung nach als ergänzende Maßnahme ganz gut geeignet.
Zitat von Lila12345: Sind die Psychotherapeuten prinzipiell eher pro oder kontra Ergo-Therapieverordnungen?
Ich glaube nicht, dass man das verallgemeinern kann. Ich denke, dass Psychotherapeuten abschätzen können, ob es für ihre Patienten im konkreten Einzelfall eine hilfreiche Ergänzung sein kann oder nicht.
Man sollte gute Gründe haben, nach einer solchen Maßnahme zu fragen. Es darf halt keine zusätzliche (quasi parallele) Psychotherapie im engeren Sinne sein, es muss eine Ergänzung sein, in der anders gearbeitet wird als in der Psychotherapie. Und es darf nicht der Vermeidung von Selbsthilfe und Eigenregulierung dienen, denn
was Therapeuten meiner Erfahrung nach
nicht mögen:
- Wenn Patienten anfangen zu vermeiden, sich bei Problemen zwischen Therapiestunden auch mal selber zu helfen, das Prinzip Therapie ist Hilfe zur Selbsthilfe nicht akzeptieren wollen, Eigenverantwortung abgeben und Eigenregulierung vermeiden, indem sie die Regulierung ihrer Probleme immer mehr in andere Hände legen, sich nicht mehr selber helfen, sondern immer mehr nach Außenregulierung suchen (also die Hilfe anderer Menschen haben wollen), statt selber an sich zu arbeiten
- Wenn Patienten anfangen, neben der eigentlichen Psychotherapie noch eine Art zusätzlicher paralleler Psychotherapie bei einem anderen Therapeuten anfangen, weil sie einfach mehr über ihre Probleme reden wollen und ihnen die Zeit und die Aufmerksamkeit des eigentlichen Psychotherapeuten nicht ausreicht
Das wären meiner Erfahrung nach Gründe, aus denen sich Psychotherapeuten gegen eine ergänzende Ergotherapie (oder andere ergänzende Therapieformen wie z.B. Gruppentherapien) aussprechen. Zumindest sind das so die Argumente, die ich von Mitpatienten in Gruppentherapien gehört habe, wenn sie diese (oder ähnliche) Situation mit ihren Psychotherapeuten hatten. Sobald der Wunsch nach zusätzlichen Therapieangeboten vermuten lässt, dass der Patient die Eigenregulierung vermeidet und vermehrt nach Regulierung und Unterstützung von außen sucht, statt sich zwischen den Therapiestunden in schwierigen emotionalen Zuständen auch mal selber zu helfen, wird das oft kritisch gesehen.
Aber wenn der Psychotherapeut davon überzeugt ist, dass sein/e Patient/in gut an sich arbeitet, das Prinzip Therapie ist Hilfe zur Selbsthilfe gut verinnerlicht hat, bereit ist, bei Problemsituationen zwischen Therapiestunden auch Eigenregulierung zu trainieren und nicht immer nach Regulierung durch andere Menschen zu suchen
und
dieses ergänzende Therapieangebot nicht mit der eigentlichen Psychotherapie in Konflikt gerät (also
keine Paralleltherapie ist),
unterstützen die meisten Therapeuten meiner Erfahrung nach solche ergänzenden Therapien oftmals.
LG Silver