Das Problem von Therapie und deren Wirksamkeit ist, dass es für viele Patienten nur eine unzureichende Möglichkeit gibt nach einem Kontrollverlust über „handfeste” Bereiche des Lebens zu lernen wie man die Kontrolle Stück für Stück wiedererlangen kann. Die eigenen Angelegenheiten (Finanzen, Behörden, Gesundheit (Ärzte, Therapien, Vorsorgeuntersuchungen und benötigte Behandlungen etc.) und vieles mehr) haben sich bei fast allen Menschen mit psychischen Erkrankungen (die mir im Laufe meines Lebens begegnet sind) zu einem riesigen Berg aufgetürmt mit großen teilweise dringendem Handlungsbedarf. Es sind nicht nur Probleme im zwischenmenschlichen Bereich in Partnerschaft (sofern vorhanden), Familie, am Arbeitsplatz (falls vorhanden). Das bemerkenswerte ist, dass das Nutzen von Hilfangeboten oft schon eine Handlungsfähigkeit verlangt, die viele Menschen mit psychischen Krankheiten nicht haben. Die Menschen kommen in die Psychiatrie werden dort behandelt und kommen dann in ihr alltägliches Leben zurück, dass oftmals auch für gesunde Menschen schon eine Herausforderung ist. Ich versuche neben einem Vollzeitjob meine Angelegenheiten zu regeln und mache eine Psychotherapie. Ich erledige das ein oder andere trotz Erschöpfung und Tagesmüdigkeit, die z.T. je nach Tagesform ziemlich stark ist, meinen Krankheiten und meiner Behinderung. Es kommt aber immer etwas neues dazu und oft wird es finanziell sehr knapp. Ich habe vor einiger Zeit zugestimmt einem nahen Angehörigen (nicht meine Eltern) finanziell zu helfen. Es war so abgesprochen, dass ich nach und nach das Geld zurückbekomme. Das ist aber in den letzten Jahren und bis heute nie passiert und wenn dann bei mir unvorhergesehene größere Kosten (Auto, Zahnersatz usw.) auftauchen, habe ich ein Problem, dass das dann teilweise weitere Probleme nach sich zieht. Von daher empfinde ich es als Hohn wenn jemand über mich urteilt und mir unterstellt meine Motivation wäre nicht groß genug.
Bei den wenigen Menschen mit psychischen Erkrankungen, die einen familiären Rückhalt haben, der es ihnen ermöglicht in geregelten Angelegenheiten zu leben, die z.B. Angst vor Verarmung haben bei denen es aber keinen objektiven Grund für diese Befürchtung gibt, kann in einer Psychotherapie daran gearbeitet werden, dass zwischen Vorstellung und Realität ein großer Unterschied besteht. Der Patient muss mit Hilfe der Therapie sein Denken verändern.
Ein Patient mit realen finanziellen Problemen muss mit Hilfe der Therapie einen Weg finden aus der inneren Lähmung herauszukommen und so gut es geht Schritt für Schritt die Probleme zu lösen. Es wird immer wieder zu inneren Lähmungen kommen. Diese müssen immer wieder überwunden werden. Das ist sehr mühsam. Auch von denen, die ich finanziell unterstütze, hagelt es „gute” Ratschläge. Ich soll auf mich acht geben, für mich sorgen. Ich soll mich krank schreiben lassen usw. Wer nichts zur Lösung beträgt oder sogar zur Verschlimmerung beiträgt, sollte einfach mal den Mund halten und seine bzw. ihre Weisheiten für sich behalten.
10.08.2024 08:20 •
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