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Hi,

ich habe ja schon ein wenig hier geschrieben… kurz: 27 Jahre alt, seit gut 10 Jahren klassische Panikattacken mit Depersonalisierung. Später Agoraphobie, Somatisierungsstörung usw. – hab zu Anfang sehr gute Erfahrung mit Hypnose gemacht, die dann jedoch nach und nach wieder von der Angststörung verdrängt wurden. Gesprächstherapie, Insidon – hab alles hinter mir.

Status Quo: Die eigentliche Angststörung, die bei mir situationsbedingt aufgetreten ist (volle U-Bahn, Menschenmassen, Stress), hat sich mit der Zeit generalisiert. Panikattacken aus heiterem Himmel und ein konstant schlechtes Körpergefühl. Keine Leistungsfähigkeit, andauernd Magen/Darm/Lichtempfindlichkeit/Schlafprobleme und auch sonst phasenweise nur ein Häufchen Elend.
Wenn ich mich dann allerdings aufgerafft habe, ging alles gut. Sport half, den Ängsten stellen konnte ich mich auch - aber das hielt nur 3-4 Tage und dann überkam mich eine ungeheure Erschöpfung.

Da ich privat versichert bin, würde meine Krankenkasse eine Therapie in der Christoph Dornier Klinik zahlen. Im Rahmen der Vorbereitungsuntersuchungen dazu (EKG, Blutabnahme usw.) hat mein Hausarzt (den ich seit 20 Jahren kenne) gesagt, dass wir vorab mal Citalopram versuchen sollten. Er ist der Meinung, dass sämtliche Symptome auf Serotoninmangel passen. Denn was mich am meisten belastet, sind ja wirklich diese körperlichen Missempfindungen, die erst dann zur Angst führen. Isolierte Angst bei vorher gutem Körpergefühl hab ich nicht.

Nun liegt das Rezept vor mir. 1x 1/2 20mg, nach 10 Tagen dann 1x 1. Dass ich die Tabletten nehmen werde ohne die Packungsbeilage zu lesen, steht fest. Aber was ich nicht geschafft habe, war das Googlen zu lassen.
Serotoninsyndrom ist unwahrscheinlich, Absetzproblematik scheint durch Ausschleichen im Rahmen zu halten zu sein… aber was mir noch nicht ganz klar ist:

- Wie lange nehme ich die Medikamente ein? (Mein Arzt sagt: „Schauen wir mal“)

Sollten die wirklich dieses schlechte Körpergefühl verändern, dann könnte ich tatsächlich raus in Leben und die Erkenntnisse aus Gesprächs-/Verhaltenstherapie in die Tat umsetzen, ohne mich damit selbst in absolute Erschöpfung zu treiben.
Kann ich die irgendwann wieder absetzen, ohne zwangsläufig wieder in das gleiche Thema zu rutschen und wieder am Anfang zu sein?

- Einschleichen und Durchhalten

Auf was muß ich mich gefasst machen? Ich möchte nur, dass ich nicht (wie sonst) durchdrehe sondern dass ich mir sagen kann: „Das hier ist jetzt von der Angst wie immer und das andere ist eben von der Einschleichphase“. Das hilft mir durchzuhalten.

Danke

14.01.2010 12:09 • 26.01.2010 #1


10 Antworten ↓


Zitat von Fury80:
Er ist der Meinung, dass sämtliche Symptome auf Serotoninmangel passen.
Das halte ich so zwar für Quatsch (begründe ich bei Interesse...), aber einen Versuch ist die medikamentöse Behandlungsoption wert. Ganz besonders, weil das Konzept der CDK wohl primär darauf hinauslaufen würde, deine Erschöpfung zu ignorieren.

Zitat von Fury80:
Denn was mich am meisten belastet, sind ja wirklich diese körperlichen Missempfindungen, die erst dann zur Angst führen. Isolierte Angst bei vorher gutem Körpergefühl hab ich nicht.
Bei mir haben sich einige körperliche Begleiterscheinungen, die für mich allerdings unwesentlich waren, unter Citalopram erledigt.

Zitat von Fury80:
Wie lange nehme ich die Medikamente ein? (Mein Arzt sagt: „Schauen wir mal“)
Mindestens sechs Monate sind schon üblich.

Zitat von Fury80:
Kann ich die irgendwann wieder absetzen, ohne zwangsläufig wieder in das gleiche Thema zu rutschen und wieder am Anfang zu sein?
Ja, durchaus. Das Medikament soll etwas im Gehirn verändern und tut das wohl auch. Nach neuesten Erkenntnissen ist das Wesentliche nicht unbedingt nur die erhöhte Serotoninverfügbarkeit während der Einnahme, sondern auch eine erhöhte Empfindlichkeit der Nervenzellen und weitere Veränderungen (wie die genau aussehen, weiß ich nicht). Wenn es also wirkt, sollte es dauerhafte positive Veränderungen mit sich bringen, die weiterhin anhalten, wenn man es absetzt. Nur Garantien gibt's natürlich dafür keine.

Zitat von Fury80:
- Einschleichen und Durchhalten

Auf was muß ich mich gefasst machen? Ich möchte nur, dass ich nicht (wie sonst) durchdrehe sondern dass ich mir sagen kann: „Das hier ist jetzt von der Angst wie immer und das andere ist eben von der Einschleichphase“. Das hilft mir durchzuhalten.
Übelkeit, Unruhe, Nervosität, Angst, Durchfall - insgesamt ein bescheidenes Körpergefühl in den ersten wenigen Tagen. Das lässt sich aber recht einfach und unbedenklich mit Domperidon (bitte kein MCP - wegen der Wechselwirkungen!) für den Magen und z.B. Atosil gegen die Angst (oder auch ein Notfallbenzodiazepin, falls zur Hand) in den Griff bekommen. Bei mir war die Einschleichphase ausgesprochen harmlos (hatte den gleichen Einschleichplan wie du): Der Magen war ein bisschen empfindlich und nach der ersten Citalopram-Einnahme bekam ich Angst, die aber wohl hauptsächlich auf meine Erwartungsangst zurückzuführen war.

Liebe Grüße
Christina

A


Dann doch Citalopram statt Klinik

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Zitat von Christina:
Das halte ich so zwar für Quatsch (begründe ich bei Interesse...)


Ja, Interesse ist vorhanden. Ich schätze Deine Beiträge sehr.

Zitat von Christina:
Der Magen war ein bisschen empfindlich und nach der ersten Citalopram-Einnahme bekam ich Angst, die aber wohl hauptsächlich auf meine Erwartungsangst zurückzuführen war.


Hab die erste jetzt genommen vor ein paar Stunden uns es geht mir gut. Merke keine Nebenwirkungen.

Insgesamt finde ich, dass die meisten aufgezählten, üblichen Nebenwirkungen doch eigentlich nur das sind, was man ohnehin schon durch die Angststörung hat. OK, vielleicht ein wenig verstärkt – aber das ist ja ohnehin auch nur immer ein auf und ab.

Hallo Fury,

ich nehme jetzt auch seit November 09 wieder Citalopram. Die ersten Tage hatte ich mit einigen Nebenwirkungen zu kämpfen wie Übelkeit.
Mittlerweile geht es mir aber gut bzw. besser.
Und das ausschleichen ist auch kein Problem, ich hatte es 2007 abgesetzt und hatte keinerlei Probleme.

LG
Nico33

Begründung:

Die Idee vom Serotoninmangel als Depressions- oder Angstverursacher beruht auf einem Umkehrschluss. Man konnte beobachten, dass SSRI überzufällig häufig bei Depressionen und Ängsten helfen. Daraus schloss man (logisch falsch), dass Depressionen und Ängste durch das entstehen, was SSRI beheben sollen: eine zu kurzfristige Verfügbarkeit des Neurotransmitters Serotonin im synaptischen Spalt. Folgende Fakten sprechen gegen bzw. mindestens nicht für diese Hypothese:
    1. Am lebenden Menschen ist Serotonin im Gehirn nicht messbar, der Wirkmechanismus somit nicht beobachtbar. Die Wirkungen von SSRI können auf ganz anderen Effekten beruhen als (nur) der Wiederaufnahmehemmung des Serotonin.

    2. Mit einer Lumbalpunktion könnte man den Serotoninspiegel grob näherungsweise messen. Soweit das bisher zu Forschungszwecken gemacht wurde, zeigte sich zwar tendenziell ein niedrigerer Serotoninspiegel bei Depressiven, aber keineswegs immer. Vor allem gibt es Menschen, die zwar einen sehr niedrigen Serotoninspiegel haben, aber keine Depressionen oder sonstige psychische Erkrankungen. Also ist schon der Zusammenhang zwischen Serotonin und psychischen Erkrankungen alles andere als gesichert.

    3. SSRI hemmen die Wiederaufnahme des Serotonin sofort, mit der ersten Tablette. Das merkt man an den Nebenwirkungen. Trotzdem tritt die erwünschte Wirkung erst mit einer Verzögerung von mehreren Wochen ein.

    4. Längst nicht alle Depressiven oder Angstpatienten sprechen überhaupt auf SSRI an.

Nebenbei bemerkt ist der sog. Mangel natürlich kein Mangel, sondern allenfalls eine mangelnde Verfügbarkeit am Ort des Geschehens, den Synapsen im Gehirn. Und Blutuntersuchungen sagen rein gar nichts darüber aus, wieviel Serotonin im Gehirn hergestellt und wie es dort verwendet wird. Mit anderen Worten: Selbst ein tatsächlicher Mangel wäre nicht diagnostizierbar.

Liebe Grüße
Christina

Danke für Deine Begründung. Solange es am Ende wirkt und hilft, sollte die Einnahme gerechtfertigt sein. Das Warum ist mir aus med. Sicht fast schon egal, solange keine Gesundheitsrisiken bestehen. Und diese sind ja, sowie ich das mitbekommen hab, nicht vorhanden.

Zur Einnahme selbst - ich hab jetzt den 2. Tag hinter mir und vertrage es sehr gut. Ich merke nach der Einnahme ein Gefühl wie nach leichtem Sport, d.h. warme, trockene Hände. Ein bißchen zitterig teilweise auch, aber nicht weiter störend. War heute den Tag über unterwegs, ging alles prima. Was etwas heftiger ist, sind die irgendwie verstärkten Reaktionen auf Horrorgedanken, kann aber auch eingebildet sein.
Insgesamt also bis jetzt positiv. Hoffe das bleibt so und wird nicht heftiger.

Schlafstörungen hab ich vergessen

Ein Update:

Schlafen war nicht so prickelnd, nach 3 Std. wieder aufgewacht und gab höllische Oberkieferschmerzen. Meine Freundin sagt, ich hätte wild geträumt und mit den Zähnen geknirscht.

Nach der Tablette beim Frühstück und einem Kaffee wurde es wieder besser. Gegen Abend dann fiebriges Gefühl, Benommenheit und Übelkeit, sowie Brennen im Magen. Aber… trotzdem erträglich. Und in Bezug auf Sex… Fels in der Brandung quasi

Hallo Fury,

also, wenn ich die Möglichkeit hätte, eine Therapie in der Christoph Dornier Klinik zu machen, würde ich SOFORT zuschlagen.
Ich hatte mal ein Vorgespräch und ich kann nur sagen: Die sind klasse. Ich hatte schon viele Therapien. aber die dort haben alles gleich auf den Punkt gebracht.
Leider bin ich nicht privat versichert und die Kosten entsprachen die eines Kleinwagens.
Die haben dort bis zu 8 Stunden am Tag persönliche Betreuung. Begleiten dich zu irgendwelchen Unternehmungen usw.
Ich würde das wahrnehmen. Das ist die Chance. Du bist noch so jung, und wenn dir einer helfen kann, dann die.
Ich würde die Citalopram nicht nehmen. Ich würde erst mit der Therapie anfangen und dann schauen, welche Medis die dir dort geben werden.

MACH DAS !!

lg lotte

Naja, ich war beim Vorgespräch. Und dort ging es in erster Linie um Verträge und Geld. Richtig Zeit genommen hat sich da keiner.

Dennoch glaube ich wohl an den Erfolg des Therapiekonzeptes. Aber ich bin selbst der Meinung, dass bei mir das Körperliche vor der Angst steht. Früher war das einmal anders. Da wäre die Dornier-Klinik eventuell ideal gewesen, damit ich nicht in den Zustand komme wie jetzt.
Vom Kopf her ist halt alles soweit klar… d.h. ich hab keine Angst (mehr) vor Menschenmassen oder so. Ich geh in volle Messeausstellungen, fahre Motorrad (inkl. Autobahn)… nur an schlechten Tagen bin ich körperlich eben derart fertig und erschöpft, dass dann gar nichts mehr geht. Und die Erschöpfung fördert Horrorgedanken und die macht dann Angst.

Mal wieder ein Update.

Ich bin seit Montag aus der 10-tägigen Einschleichphase raus und nehme nun 20mg. Nach rund 6-7 Tagen haben die Nebenwirkungen (Schwitzen, Nervosität, Schlafprobleme) nachgelassen und sind jetzt ganz weg. Ein leicht antidepressiver Effekt ist schon zu verspüren. Positiv fällt auf, dass das körperliche Schwächegefühl schon jetzt massiv zurückgegangen ist, sodass ich angenehm ruhig und müde werde (statt erschöpft, klapprig und instabil). Seit den 20mg (jetzt Tag 2) hat das zugenommen. Es fühlt sich aber wie eine gesunde Müdigkeit an, also nicht quälend. Also keine Schwäche oder Kraftlosigkeit.

Ich bin nun zuversichtlich und werde das Medikament weiter nehmen und auf die antipanische/antiphobische Wirkung warten, um so den zweiten Schritt zu gehen: mich meinen eigentlichen Ängsten, die ich dadurch teilweise auch erst aufgebaut habe, begegnen.

A


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Prof. Dr. med. Thomas Hillemacher
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