Zitat von AndromedaGalaxy: Hat er auch Gefühle für mich, kann/will/darf es aber nicht sagen? Ich mein ich spüre schon, dass ich ihm sehr wichtig bin.
Das wird sehr wahrscheinlich alles ziemlich einseitig sein.
Und es ist sein Job, den Patienten das Gefühl zu geben, wichtig zu sein.
In den meisten Fällen erwidern Therapeuten die Gefühle der Patienten nicht, sie geben ihren Patienten aber manchmal das Gefühl (bewusst oder unbewusst) als wäre es anders. Diese Gefühle entstehen aber im Patienten.
Für den Patienten ist es ja auch eine sehr besondere Situation. Plötzlich ist da jemand, der einen versteht, der sich interessiert zeigt an dem, was man erzählt, man empfindet eine starke Nähe zu diesem Menschen, es fühlt sich alles so persönlich, so besonders an...und man spricht über sehr persönliche Dinge.
Für den Therapeuten ist das alles Alltag, er sieht im Jahr hunderte von Patienten, und er hat es gelernt, genau diese vertrauliche Atmosphäre herzustellen, er weiß genau, wie er Nähe suggerieren kann. Es ist sein Job, dem Patienten genau dieses Gefühl zu geben. Dass er wichtig ist, dass er sich ganz besonders für ihn interessiert, er möchte ja auch, dass der Patient sich ihm öffnet. Und es sind ja auch seine Kunden, und wenn er seinen Kunden das Gefühl geben würde, dass diese ihm egal wären, würden diese ja auch irgendwann einen anderen Therapeuten mit dieser Dienstleistung beauftragen und dann würde er kein Geld mehr verdienen.
Und wenn der Therapievertrag ausläuft, legt er die Akte beiseite und macht mit der nächsten Patientin weiter.
Für ihn ist das alles nichts besonderes, es ist das, womit er sein Geld verdient. Es ist sein Alltag.
Natürlich gibt es Patienten, die er vielleicht sympathischer findet als andere, das ist ja ganz normal, so wie ein Lehrer ja vermutlich auch nicht alle Schüler gleich mag, aber es ist für ihn immer ein Job.
Manchmal ist der Job angenehm, wenn da ein Patient ist, der neben der pünktlichen Bezahlung zusätzlich auch noch gut für sein Ego ist, und solche Stunden sind garantiert entspannter und angenehmer als die mit eher oppositionellen und schwierigeren Patienten, da ist das Geld dann etwas schwerer verdient.
Und ja, das ist die Realität. Es ist das, was es ist. Und das, was ich geschrieben habe, ist ein sinngemäßes Original-Zitat gleich mehrerer Therapeuten. Ich bin viel auf Stationen, auf denen Patienten sind, die mit der Abgrenzung große Probleme haben. Es wird da aber offen mit der Thematik umgegangen, und insofern habe ich schon mehrer Gruppentherapien erlebt, wo genau das besprochen wurde.
Und wenn es mal vorkommt, dass sich doch eine emotionale Verstrickung ergibt, dann muss der Patient halt abgegeben werden. Ist es ausgeschlossen, dass ein Therapeut Gefühle für seinen Patienten entwickelt? Natürlich nicht, wie gesagt, es sind alles Menschen. Aber das kommt sehr viel seltener vor, als viele Patienten sich das wünschen. In den meisten Fällen sind diese Liebes-Gefühle sehr einseitig auf der Seite der Patienten, die sich aber natürlich wünschen, diese würden erwidert werden.
Je früher man sich dieser Realität stellt, umso besser. Es ist wichtig, dass Therapeuten diese Grenzen klar kommunizieren. Und auch wenn die Liebes-Gefühle (oder ähnliche Gefühle) in 99% einseitig auf Seiten der Patienten sind, wäre es auch egal, wenn es anders wäre, da Therapeuten keine Beziehung mit ihren Patienten eingehen dürfen, auch nicht nach Beendigung der Therapie.
Das Ganze ist also von vornherein eine höchst sensible Situation. Menschen, die oftmals sehr verwundbar sind und sich einsam und unverstanden fühlen, treffen auf einen Menschen, der ihnen
scheinbar all diese Bedürfnisse erfüllen.
Darum sollten Therapeuten auch vollständig darauf verzichten, ihren Patienten zusätzlich zur emotionalen Zuwendung auch noch körperliche Zuwendung zu geben. Weil genau dann diese Abgrenzung nur schwieriger wird und nicht wenige Patienten dann an genau diesem Gefühl fast zerbrechen:
Zitat von AndromedaGalaxy: Aber irgendwie tut es langsam so weh. Er ist mir nahe und doch nicht.
Er ist es nicht. Auch wenn es sich anders anfühlt.
Aus dieser Sache kann nichts Gutes entstehen. Sehr wahrscheinlich erwidert er Deine Gefühle
nicht, und selbst falls doch, würde das erst recht kein gutes Ende nehmen können. Nicht, wenn der Therapeut keinen professionellen Umgang damit an den Tag legt.